Barfuß ins Biotop (Hobby? Barfuß! 2)

Michael aus Zofingen @, Stammposter, Monday, 10.01.2005, 14:08 (vor 7201 Tagen)

Sonntag, 9.1.2005. Die Bewölkung in der Nacht hatte verhindert, daß es abkühlte, regen gab es hier aber nicht, anders als in Basel. Bei 6°C verließ ich gegen 7.15 Uhr meine Wohnung in nicht übermäßig winterlicher Kleidung (dunkelblaue Sommerjacke, kurze Hose und "selbstverständlich" barfuß) , ich folgte immer der Wigger Richtung Süden. Erst Asphalt, dann Wiesen und Treckerspuren neben einem Schotterweg. Teilweise war es richtig matschig, herrlich! Anfangs begegnete ich kaum Leuten, auch keine bösen Bemerkungen. Die Sonne machte sich breit, in Höhe Schötz "mußte" ich meine Jacke im Rucksack verstecken. Dann verließ ich das Wiggerufer, um dem Bach Roth zu folgen. Ein Vater mit seinen Knaben überholte mich, jeder auf seinem Fahrrad. Sie wurden durch mich derart abgelenkt, daß sich ihre Räder berührten. Es gab zwar keinen Sturz, jedoch holten sie sich nasse Schuhe beim absteigen auf dem matschigen Weg. "Aufpassen!" rief der Vater. Als er die verschmutzten Schuhe seiner Söhne sah, meinte er: "Dem Mann passiert so etwas nicht!"

Die Spaziergänger wurden immer mehr, überwiegend ältere Leute. Ich erreichte das Biotop in Ettiswil, wo man einen neuen Teich angelegt hat. Das Wasser war noch gefroren und ich ging (nicht völlig unbeabsichtigt) durch den Matsch, der hier wegen des Steingehaltes nicht so angenehm war. In einem anderen Teil des Biotops waren Bäume gefällt worden und die Maschinen hatten auch hier Schlamm zurückgelassen. Auch hier "mußte" ich partout durch. Und schon war ich aus dem Biotop wieder draußen. Es folgte ein Weg über eine Wiese, wo ich diesmal nicht auf Bienen achten mußte. Ein kurzes Stück war der Weg schottrig, ausgerechnet hier wurde ich von einem Köter, dem ich nicht über den Weg traute, angekläfft. Wendepunkt der Wanderung war eine windgeschützte Bank, wo ich eine gute halbe Stunde im warmen Sonnenschein Pause machte, während der Schlamm an meinen Füßen langsam zur "Merki-Kruste" erstarrte. Leute, die vorbeikamen, glaubten wohl, ich hätte mich lediglich hier von der Winterkleidung getrennt, um die Sonne zu genießen.

Mein Weg führte durch das Dorf Großwangen, wo ich schon häufig barfüßige Kinder beobachtet hatte. An diesem Tag waren aber aller Kinder (und Erwachsene außer mir) fett beschuht, also dem Kalender und nicht der Witterung angepaßt. Die Trottoirs im Dorf waren leider mit Splitt übersättigt. Es war zwar nicht übermäßig viel Verkehr, aber genug, um nicht ungestört auf der Dorfstraße zu gehen. Dann ging der Weg wieder Richtung Biotop, das ich diesmal "oben" durchquerte. Eine Mutter kam mir zu Fuß entgegen, ihre kleine Tochter fuhr auf einem Kindervelo mit Stützrädern. Sie starrte mich an und sagte: "Barfuß! Ich will auch barfuß!" Eine Familie (Eltern, ein Sohn, eine Tochter) kamen mir mit Fahrrädern entgegen. Obwohl sie deutlich winterlicher angezogen waren als ich, schien der voranfahrende Vater an meiner Aufmachung nichts außergewöhnliches zu finden, auch der Sohn nicht. Die jüngere Tochter, die noch nicht sicher Fahrrad fuhr, starte mich an und bremste, worauf die am Ende fahrende Mutter rief: "Nicht bremsen, immer weiterfahren." Erst dann sah sie mich und lächelte freundlich.

Dann kam aber doch das Unvermeidbare, besser: die Unvermeidbare. Polizei, was denn sonst! Das Polizeiauto benutzte einen Weg, der für "normale" Autos gesperrt ist. Ich mußte den Ausweis zeigen, worauf der Beamte sagte: "Ich wußte gleich, daß Sie derselbe sind, der schon gestern aufgefallen ist." Damit war der Spuk vorbei. Es wurde dunkel, als ich die Ausläufer von Dagmersellen erreichte, wobei es abkühlte und ich eine Jacke überziehen mußte. Über Industriestraßen, die erstaunlich gut barfuß begehbar waren, erreichte ich den Bahnhof. Eine Großfamilie kam mir entgegen und fing plötzlich in einer Sprache zu reden, die ich nicht verstand. Der Grund dafür war wohl meine "angepaßte" Kleidung. Dann aber mußte ich parallel zu einem Schotterweg über Felder gehen, wo ich nicht allzu schnell voran kam, da ich Ranken, Brennnessel usw. nicht allzu gut im Dunkeln erkennen konnte. Dann aber folgte Asphalt, auf dem ich blieb (im Hellen hätte ich die Wiese bevorzugt).

In Brittnau spielten noch Kinder im Garten "Versteck im Dunkeln". Plötzlich rief einer: "Ich glaube, der läuft barfuß!" "Wohl kaum!" rief jemand anders. Dann kamen mir noch zwei Leute entgegen, die ab und zu ihre lichtstarken Taschenlampen anschalteten. Plötzlich hörte ich das Gekläff zweier kleiner Hunde. Sie liefen auf mich zu und beschnüffelten meine Beine. Die Leute richteten ihre Lampen auf die Hunde, dann auf meine Füße. Einer rief: "Die machen nichts, das sind liebe!" Die Hündchen wollten nicht mehr von mir weg. Als ich weiterging, bemerkte ich noch häufiger, wie der Scheinwerferstrahl auf mein Unterteil gerichtet war. Gegen 19.30 Uhr erreichte ich meine Wohnung, an der gerade ein Omnibus (der letzte) vorbeifuhr und der Fahrer erstaunt zur Seite blickte. Mangels Fahrgästen war er der einzige im Bus, der diese "typische" Bewegung machte. Es war noch 4°C. Eine gut zwölfstündige Wanderung war zu Ende. Es war zwar nicht meine längste barfüßige Wanderung, aber 10 Kilometer im Dunkeln über unbeleuchtete Wege habe ich noch nie gemacht.

Schöne Grüße

Michael aus Zofingen

Barfuß ins Biotop

hans, Stammposter, Monday, 10.01.2005, 22:34 (vor 7200 Tagen) @ Michael aus Zofingen

Hallo Michael,
was mich erstaunt, ist, daß es iin Deiner Gegend noch Polizisten gibt, die Dich nicht kennen ;-)

Auch wenn ich im Prinzip noch zu meinem neulichen "Toleranz vs. Gleichgültigkeit" Beitrag stehe, die dauernden Kontrollen sind bestimmt nervig.
Es füßt Dich
hans

Barfuß ins Biotop

Ulrich (Berlin) @, Stammposter, Tuesday, 11.01.2005, 22:12 (vor 7199 Tagen) @ Michael aus Zofingen

Hallo Michael

... ich folgte immer der Wigger Richtung Süden. ...
Mein Weg führte durch das Dorf Großwangen ...
Es war zwar nicht meine längste barfüßige Wanderung, aber 10 Kilometer im Dunkeln über unbeleuchtete Wege habe ich noch nie gemacht.

Gratulation zu 10 Kilometern im Dunkeln, aber sag mal, laut meiner Karte sind es von Zofingen bis Grosswangen auf der Straße 20 km, hin und zurück also 40! Das finde ich schon wirklich beachtlich. Darf ich mal fragen wie weit denn deine weiteste Barfußwanderung war?

Viele Grüße

Ulrich

Entfernungen

Michael aus Zofingen @, Stammposter, Friday, 14.01.2005, 17:45 (vor 7197 Tagen) @ Ulrich (Berlin)

"Gratulation zu 10 Kilometern im Dunkeln, aber sag mal, laut meiner Karte sind es von Zofingen bis Grosswangen auf der Straße 20 km, hin und zurück also 40! Das finde ich schon wirklich beachtlich. Darf ich mal fragen wie weit denn deine weiteste Barfußwanderung war?"

Hallo Ulrich,

die Entfernung von 40 km stimmt ungefähr. Die gleiche Strecke bin ich schon mal barfuß gewandert, und zwar noch weiter bis Buttisholz, macht hin und zurück ca. 50 km. Da es aber Mitte März war und entsprechend später dunkel wird, mußte ich nicht soweit im Dunkeln wandern.

Vielleicht nicht weiter, dafür aber länger auf den Beinen war ich, als ich im Oktober von Zofingen über Safenwil nach Aarau wanderte und dann über Olten zurück. Wegen der anderen Wegbeschaffenheit (manchmal steinige Wege teilweise über kleine Berge) kam ich da nicht so schnell voran als letztes Wochenende, wo Wiesen und Asphalt überwogen.

Mit freundlichen Grüßen

Michael aus Zofingen

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