Barfuß am Neujahrstag - bringen Scherben Glück? (Hobby? Barfuß! 2)

Michael aus Zofingen @, Stammposter, Monday, 03.01.2005, 12:29 (vor 7208 Tagen)

Wenn vor Jahren jemand gesagt hätte, er wäre zu Neujahr barfuß gewandert, dann hätte ich gedacht: "Der lügt!" Und wenn ich es selber gesehen hätte, hätte ich gedacht: "Der spinnt!" Und zu Neujahr 2005? Da gehörte ich selber zu den "Spinnern", die das taten (und nicht zu den "Lügnern", die vorgaben, so was zu tun oder zu den "Spießern", die einfach sagen: Barfuß zu Neujahr? So was tut MAN nicht!"). Nach nasser und somit nicht allzu kalter Nacht ging ich bei ca. +1°C gegen 8.30 Uhr los. Anfangs spürte ich die Kälte enorm, speziell, als ich an einem Container Altglas entsorgte (Dort durfte ich nicht zu schnell gehen, da einige böse Zeitgenossen das Glas teilweise neben dem Container entsorgt hatten. Dann quälte ich meine Füße noch mit einem Gang über den überreichlich gesplitteten Bahnsteig, wo gerade ein Zug einrollte und einige Leute meine Barfüßigkeit wohl für einen verspäteten Silvesterscherz hielten. ich der Bahnhofsunterführung ging ich ein paar Mal auf und ab. Da fiel mir an der Decke eine Überwachungskamera auf. Lieber hier nicht allzu lange auf und ab gehen, das Gebäude der Kantonspolizei befindet sich unmittelbar oberhalb der Passage.

Also verließ ich den Bahnhof. Das Kopfsteinpflaster der Altstadt fühlte sich angenehm unter den nackten Füßen an. Viele Fußgänger waren nicht in der Stadt, dafür erstaunlich viele Autos auf den wenigen Altstadtstraßen, wo man überhaupt fahren darf. Und immer der "obligatorische" Blick in meine Richtung, und zwar mehr nach unten als nach oben. Ich wanderte über Quartiersstraßen Richtung Oftringen. Etwa 50 Meter vor mir kam mir ein gelber Omnibus entgegen. Es handelt sich um dieselbe Buslinie (Altachen - Bf. Zofingen - Küngoldingen - Bf. Aarburg-Oftringen), auf der ein Bus am Tag zuvor wegen mir und meiner Barfüßigkeit den übrigen Autoverkehr aufhielt. Auch diesmal starrte der Fahrer (etwa derselbe wie am Tag zuvor?) immer in meine Richtung, Fahrgäste waren nicht drin.

Anstatt direkt nach Oftringen zu gehen, erreichte ich einen Feldweg, neben dem eine Wiese war. Schnee lag nicht mehr, das Gras was kurz, es war matschig, also eine ideale Barfußpiste. Was kümmert mich da die Meinung der "Spießer"! Auf dem Weg kam mir jedoch nur eine Frau mit Hund entgegen. Sie schien sich an meiner Aufmachung aber nicht zu stören. Ich erreichte den Weg durch am Tannbach hinauf Richtung Bad Lauterbach. Hier war der Weg sehr naß, teilweise auch gefroren, so daß meine Füße stark abkühlten. Das aber war ich wieder auf Asphaltwege, ich ging nach Oftringen. Derselbe Omnibus begegnete mir wieder, diesmal mit Fahrgästen.

Mein nächstes Ziel war die Festung Aarburg, wo ich mich auf die Bank in die Sonne setzte, ich hatte Hunger. Neben mir plätscherte ein Brunnen, auch kam hier kein Wind an. Allerdings war es immer noch so kalt, daß ich die Jacke anbehalten mußte. Hinterher ging ich zur doppeltürmigen Kirche. Von der Plattform vor dem Gotteshaus hatte ich einen Überblick auf die Aare. Ein Ehepaar kam mir entgegen und traute den Augen kaum. Dann bezog es sich und der Wind nahm zu. Ich verließ die Plattform und schritt durch die Aarburger Altstadt zur Baustelle des zukünftigen Festungsdurchstichs. Die Baustelle stand teilweise unter Wasser, auch gab es einige dünne Eisschollen darauf. Eine größere Gruppe von Leuten kam mir entgegen. Der Blick wechselte immer von meinen Füßen zur Eisfläche. Sprachlosigkeit! Endlich unterbrach ein Kind das Schweigen mit den Worten: "Der Mann läuft ja barfuß!" Eine Erwachsenenstimme antwortete: "Ja, der läuft barfuß!"

Als ich die "Alte Turnhalle" erreichte, spürte ich plötzlich etwas stechendes unter dem linken Fuß. Ich überquerte die Kantonsstraße, ging durch eine Gasse ans Aareufer und inspizierte den Fuß: Unter der linken Ferse war eine Schnittwunde, die etwas blutete. Aber einen Glasrest konnte ich nicht finden. Jetzt mußte ich mich aber in Acht nehmen. Ich durfte nicht mehr fest mit der Ferse auftreten. Ich mußte vermeiden, daß die Murphy'schen Gesetze in Kraft treten und allfällige Steine, Sandkörner, Pflanzenstiele usw. ausgerechnet in der Schnittstelle mit dem Fuß in Berührung kommen. Auch mußte ich vermeiden, daß die Haut mehr einriß. Mit anderen Worten: Ich mußte es vermeiden, mit der Ferse aufzutreten. Ein Pflaster hatte ich nicht dabei und hätte sicher auch nichts genützt. Läuft man eigentlich noch richtig barfuß, wenn man ein Pflaster unter dem Fuß hat? Wenn nein, dann wäre doch jeder, der Pflaster mitnimmt, ein "unechter" Barfüßer!

Derartige Gedanken kümmerten mich weniger. Vielmehr genoß ich es, über Wiesen am Aareufer zu gehen. Ich hatte Zeit und wollte nicht einen auf Kilometer machen. Am "Paradiesli" überholte mich ein vollbesetzter Kleinbus. Aus diesem stiegen 2 Jugendliche aus. Sie rannten hinter mir her und fragten, ob es nicht zu kalt wäre. sie konnten es einfach nicht begreifen. Dann folgte ein matschiger Weg, hier konnte ich "trainieren", ohne mit der Ferse aufzutreten zu wandern. Der Matsch quoll nur so zwischen den Zehen durch. Ein Helikopterpilot hätte sich sicher gewundert, warum ich immer im Zickzack lief anstatt den kürzesten Weg zu benutzen. Kurz vor der Autobahn begegnete mir noch der Sohn meines früheren Vermieters, er führte seinen Hund spazieren und grüßte freundlich.

Leider war auch dieses schöne Stück bald zu Ende. Nun mußte ich über Asphalt in Richtung Zofinger Altstadt. Auf die Dauer ist ein derartiger Gang doch stärker kräftezehrend als ein "normaler". Daher setzt ich mich noch auf eine Bank neben der Stadtkirche, auch hier plätscherte ein Brunnen. Hier kamen nicht viele Leute vorbei. Plötzlich fuhr ein Polizeifahrzeug vorbei, dort, wo eigentlich keine Autos fahren dürfen. Suchte man etwa mich? oder war es Zufall? Jedenfalls hielt der Wagen nicht an, jedoch wäre ich von dort auch nicht gut sichtbar gewesen (Büsche, "falscher" Winkel). Vielleicht fiel meine Barfüßigkeit jetzt auch nicht mehr so auf, weil meine Füße noch mit Schlamm bedeckt waren, der mittlerweile zur "Merki-Kruste" erstarrt war. Mag sein, aber das "Darüber" war sicher nicht minder "kriminell". Als der Wagen außer Sicht war, erhob ich mich und verließ die Altstadt über Gassen, die nicht breit genug für ein Auto waren. Dann unterquerte ich den Bahnhof in Richtung Verkehrskreisel, wo ich links abbog. Dasselbe Polizeifahrzeug holte mich ein und bog nach rechts ab. War wohl doch Zufall! Gegen 17.30 Uhr war ich wieder zu Hause. Eine Nachbarin im Rentenalter fragte mich, ob ich mich verletzt hätte, was ich mit "Nicht weiter schlimm" beantwortete. Diese Frau hat sich wohl damit abgefunden, daß ich nicht zu den Leuten gehöre, die zu jeder Zeit an jedem Ort Schuhe tragen.

Schöne Grüße

Michael aus Zofingen

Barfuß am Neujahrstag - bringen Scherben Glück?

Ulrich (Berlin) @, Stammposter, Tuesday, 04.01.2005, 00:18 (vor 7207 Tagen) @ Michael aus Zofingen

Hallo Michael

Als ich die "Alte Turnhalle" erreichte, spürte ich plötzlich etwas stechendes unter dem linken Fuß. ... Unter der linken Ferse war eine Schnittwunde, die etwas blutete. Aber einen Glasrest konnte ich nicht finden. Jetzt mußte ich mich aber in Acht nehmen. Ich durfte nicht mehr fest mit der Ferse auftreten. Ich mußte vermeiden, daß ... allfällige Steine, Sandkörner, Pflanzenstiele usw. ausgerechnet in der Schnittstelle mit dem Fuß in Berührung kommen. ... Ich mußte es vermeiden, mit der Ferse aufzutreten. Ein Pflaster hatte ich nicht dabei und hätte sicher auch nichts genützt.

Ich glaube ein Pflaster für den Notfall sollte man vielleicht doch dabei haben, auch wenn ich selbst oft keins habe. Bei Verletzungen am Fuß ist es aber doch sehr wichtig, das kein Schmutz in die Wunde hinein kommt. Ich pflege dann zunächst die Wunde zu säubern und dann bei einer viertelstündigen Pause darauf zu warten, dass das Blut gerinnt und sich ein Schorf bildet. Dann ist die Wunde auf natürlichste Art geschlossen, und es kann weitergehen.

Läuft man eigentlich noch richtig barfuß, wenn man ein Pflaster unter dem Fuß hat? Wenn nein, dann wäre doch jeder, der Pflaster mitnimmt, ein "unechter" Barfüßer!

Zumindest läuft man mit dem anderen Fuß noch richtig barfuß, und ein "unechter" Barfüßer müsste ja für beide Füße etwas dabei haben. Wenn du also nur ein Pflaster mitnimmst bist du immernoch ein echter Barfüßer. :-)

Schöne Grüße zurück

Ulrich

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