Kein Aufsehen (Hobby? Barfuß! 2)

Michael aus Zofingen @, Stammposter, Thursday, 30.12.2004, 07:55 (vor 7212 Tagen) @ Lothar

Hallo Lothar!

"Nach meinen Erfahrungen gibt es große Unterschiede wo und wie man sich bewegt. In Möbelhäusern oder auch Kaufhäusern wird man relativ selten angesprochen; die meisten Menschen gehen davon aus, das das Auto eben gleich vor der Haustüre steht (ich wurde barfuss verdächtigt, dass mein Auto direkt vor der Apotheke steht und dort eine Ausfahrt blockiert)."

Das stimmt. Wer Möbel kaufen will, will Möbel kaufen. In welcher Kleidung die anderen erscheinen, interessiert kaum. Ich selber war noch nie barfuß in einem Möbelhaus, aber nur deswegen, weil ich seit Jahren keine Möbel mehr benötigte. In Kaufhäusern bin ich auch eher selten. Dafür habe ich festgestellt, daß ich in Zügen seltener angesprochen oder auch nur angestarrt werde als auf den Bahnhöfen, speziell Großstadtbahnhöfen. In S-Bahnen, U-Bahnen und Straßenbahnen wurde ich auch öfters angestarrt als etwa im Intercity oder ICE. Mögliche Erklärung: Unter den "Barfußfeinden" befinden sich nicht selten "verkrachte Existenzen", die gerne saufen, drögeln und auf großen Bahnhöfen rumlungern. Wenn es hoch kommt, können sie sich eine Fahrt mit der S-Bahn noch erlauben (oder sie fahren schwarz, da man dort eher selten kontrolliert wird). Für längere Bahnfahrten reicht das Geld nicht.

"Ein einziges Mal hat mir im Januar jemand gedroht die Polizei zu rufen und mich in Sicherheitsverwahrung nehmen zu lassen, worauf ich die Flucht ergriff um dem zu entgehen."

Leute, die solche Drohungen aussprechen, haben meistens selber Dreck am Stecken und daher nicht den Mut, die Polizei zu verständigen, höchstens anonym. Ich gehe einmal davon aus, daß es sich um einen Menschen handelt, der Dich auf der Straße angesprochen hat. Etwas anders sieht es aus, wenn Du Dich bereits auf einem privaten Areal befindest, das von irgendeinem Menschen beaufsichtigt wird. Es kann sich dabei um einen Museumswärter, die Kassiererin im Supermarkt, den Türsteher in der Disco, den Wirt/Kellner im Gasthaus usw. handeln. Diese können vom "Hausrecht" Gebrauch machen. Diese "selbsternannten Hilfssheriffs" verstoßen nicht gegen Gesetze, wenn sie Dich nicht reinlassen, weil Du barfuß bist. Man kann sie auch nicht dafür belangen, wenn sie die Polizei verständigen. Da ich kein Jurist bin, weiß ich nicht, ob eine Kassiererin (oder der Filialleiter) im Supermarkt berechtigt ist, einen Barfüßer solange festzuhalten, bis die Polizei eintrifft (bei Ladendieben ist das ja zulässig). Man könnte ja argumentieren: Wer im Januar barfuß läuft, ist arm. Und wer arm ist, der "muß" klauen, damit er über die Runden kommt. Angenommen, man wurde festgehalten und die Polizei hat herausgefunden, daß der Barfüßer nur barfuß war und nicht geklaut hat, darf man dann die Kassiererin oder/und den Filialleiter wegen "Freiheitsberaubung" anzeigen?

"Wenn sich allerdings eine Gruppe von Barfüssern durch Innenstädte bewegt, kommen wesentlich häufiger irgendwelche Reaktionen, die eine ganz breite Palette umfassen können und es macht auch einen Unterschied ob man um 10,00 h morgens oder um 10,00 h abends durch eine innerstädtische Fußgängerzone läuft weil da auch völlig unterschiedliche Menschen unterwegs sind. Insbesondere angetrunkene junge Menschen können dabei durchaus auch aggressiv werden."

Das mit der Uhrzeit stimmt sicher, der Alkohol trägt sein übriges dazu bei. Ob es mehr Reaktionen gibt, wenn man in der Gruppe ist, kann ich nicht sagen. Um das genau sagen zu können, müßte man einen Quervergleich anstellen, und zwar zur gleichen Zeit am gleichen Ort. Das hängt natürlich auch von der Größe der Gruppe ab und natürlich auch, ob man seine Barfüßigkeit eher "tarnt" oder "gegen oben verlängert", wobei für mich zweifellos letzteres zutrifft. Sicher ist aber, daß man als einzelner Barfüßer häufiger von der Polizei kontrolliert wird als wenn mehrere Barfüßer gleichzeitig unterwegs sind. Aber auch Barfüßer, die zusammen mit beschuhten Leuten unterwegs sind, haben weniger Ärger mit der Polizei.

"Aber das kann auch beschuht passieren. Ein beschuhter Bekannter wurde auf dem Weg zum letzten Nachtbus vor einer Disco in der Fußgängerzone völlig grundlos von drei Jugendlichen krankenhausreif geschlagen. Er wurde dabei seltsamerweise nicht mal beraubt."

Das ist ein ganz anderes Problem. Es handelt sich "nur" um Mutproben. Wer sich zufällig dann an dem Ort befindet und "die Luft rein ist", wird man zusammengedroschen. Ob man barfuß ist, spielt nur eine untergeordnete Rolle. Höchstens wenn mehrere Leute den letzten Bus verlassen und die Jugendlichen beraten, wer erst verfolgt und dann zusammengeschlagen werden soll, dann sucht man sich vielleicht den einzigen Barfüßer als Opfer aus, weil er halt ANDERS ist. Es kann aber auch der einzige mit Hut sein oder der einzige "Neger".

Schöne Grüße

Michael aus Zofingen


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