Kein Aufsehen (Hobby? Barfuß! 2)

Gerhard Zirkel, Tuesday, 28.12.2004, 08:35 (vor 7214 Tagen)

Hallo und Guten Morgen,

nun möchte ich hier auch einmal einen Text verfassen, der im Gegensatz zu manch anderer Schilderung deutlich macht, wie wenig man als Barfüßer auffällt. Zumindest wie wenig ich als Barfüßer in München auffalle.

Gestern hatte ich einen Tag Urlaub und wollte den dazu nutzen mal wieder einige Möbelhäuser zu durchbummeln. Zuerst war der Möbel Mahler in Wolfratshausen dran. Ich war ca. 3 Stunden in dem recht vollen Möbelhaus unterwegs und konnte während dieser Zeit nicht eine einzige Reaktion auf meine Barfüssigkeit sehen. Weder im Laden, noch auf dem Parkplatz.

Das nächste Geschäft war der Segmüller in Parsdorf. Auch hier wieder keinerlei Reaktion auf dem Parkplatz und in den drei Stunden, die ich drin war genau eine einzige Bemerkung einer Frau zu ihrem Mann, dass ich barfuss sei. Mehr nicht!

Irgendwie verstehe ich die ganzen Artikel nicht, in denen Leute davon erzählen, wie sie angepöbelt oder dumm angequatscht wurden. Ich selber wurde noch nie negativ angemacht und die Reaktionen halten sich in engen Grenzen. Vielleicht ist der Münchner Raum doch sehr tolerant (oder gleichgültig?).

Gerhard

Aufsehen oder kein Aufsehen

Georg @, Stammposter, Tuesday, 28.12.2004, 09:25 (vor 7214 Tagen) @ Gerhard Zirkel

Hallo und Guten Morgen,
nun möchte ich hier auch einmal einen Text verfassen, der im Gegensatz zu manch anderer Schilderung deutlich macht, wie wenig man als Barfüßer auffällt. Zumindest wie wenig ich als Barfüßer in München auffalle.

Hallo Gerhard,
mir geht es ähnlich wie dir (allerdings beschränken sich barfüßige Auftritte bei mir zur Zeit auch auf Naturflächen, was in der warmen Jahreshälfte aber anders ist).
Ich denke, dass folgende Komponenten eine Rolle spielen:
- einmal der Landstrich - es gibt halt Gegenden, in denen Barfußlaufen üblicher ist (oder zumindest war) als andere;
- damit verbunden: die Mentalität der Menschen (was ich nicht überbewerten will, aber es gibt sicher mehrheitlich tolerantere unsd mehrheitlich prinzipieller orientierte Bevölkerungsteile);
- das Umfeld, in das man sich barfuß gibt (um zwei Extreme zu wählen: einerseits Wanderung im Moor - andererseits Besuch eines Weinfestes);
- das eigene Auftreten (einschließlich des Willens, "etwas" zur Kenntnis zu nehmen oder es auch zu lassen) und
- die restliche Kleidung - je mehr von den unteren Extremitäten zu sehen ist, desto stärker fallen nackte Füße auf - und umgekehrt.
Und was die Berichte im Forum anbelangt: da hat auch jeder sein Muster, was er (oder sie) für erzählenswert hält. Die Menschen sind eben verschieden!
Serfuß aus der Millionenstadt im Westen in die im Süden
Georg

Täuschung

Jörg (2) ⌂, Stammposter, Tuesday, 28.12.2004, 13:26 (vor 7214 Tagen) @ Gerhard Zirkel

[image] [image]

Hallo,

ich denke, wo individuelles Verhalten anstandslos akzeptiert ist, gibt es auch keinen Bedarf an Problebewältigung. Anders gesagt: wenn ich beim Arzt im Wartezimmer sitze, habe ich viel mehr kranke Leute um mich als daheim. Es wäre aber falsch, deswegen daraus zu schließen, dass beim Arzt nur Spinner hocken.

Der Gesprächsbedarf ist eben in "unbewältigten" Fällen größer, und das schlägt sich hier im Forum eben auch nieder. Es ist aber nicht repräsentativ.

Im Übrigen hat Georg schon auf regionale und mentale Verschiedenheiten hingewiesen. In manchen ländlichen Regionen ist schon "schwul", wer bei 30 Grad mit Badehose im Garten sitzt. In einem Ort unserer Region wurde ein Sportleiter gefeuert, weil die Kinder im Sportverein barfuss turnten. Begründung: das wäre unzüchtig.

lg

Jörg (2)

[image] Göttenbach-Gymnasium RLP

Täuschung

Andi35 @, Stammposter, Wednesday, 29.12.2004, 09:00 (vor 7213 Tagen) @ Jörg (2)

Hallo,

Hallo Jörg!

Jörg:

Im Übrigen hat Georg schon auf regionale und mentale Verschiedenheiten hingewiesen.

Andi:
Ja, damit hat er auch in der Tat Recht, im Saarland sind die Leute was das angeht sehr, ich möchte mal sagen konservativ und steif, man wird gleich als Schwuler oder Spinner hin getsellt, wenn man barfuß geht, ähnlich, wie Du es hier auch schilderst!

Jörg:
In manchen ländlichen Regionen ist schon "schwul", wer bei 30 Grad mit Badehose im Garten sitzt.

Andi:
Das weiß ich nicht, aber kann es mir gut vorstellen, so heißt es oft bei uns, wenn man barfuß gesehen wird, das gilt vor allem für Jugendliche oder auch junge Männer, die dann so denken! Ein sehr trauriges Resultat! :-(

Jörg:
In einem Ort unserer Region wurde ein Sportleiter gefeuert, weil die Kinder im Sportverein barfuss turnten. Begründung: das wäre unzüchtig.

Andi:
Wirklich sehr sehr traurig! An solchen Menschen beißt man sich die Zähne aus! Das sind wohl die Art von Menschen, die es Leuten wie u.A. Lorenz nicht gerade leicht machen diese Lebensfreude durchzusetzen! Wenn wir nur Mitmenschen hätten, die so denken, dann sähe ich echt schwer schwer schwarz!
Ünzüchtig!!!! Die haben doch wohl nicht mehr alle Tassen im Schrank! Der Lehrer sollte sich einen Anwalt nehmen und dagegen vor gehen!
Unverschämtheit!!!! >:-()

lg
Jörg (2)

Liebe Grüße von Andi!

Kein Aufsehen

Andreas, Wednesday, 29.12.2004, 11:46 (vor 7213 Tagen) @ Gerhard Zirkel

Irgendwie verstehe ich die ganzen Artikel nicht, in denen Leute davon erzählen, wie sie angepöbelt oder dumm angequatscht wurden. Ich selber wurde noch nie negativ angemacht und die Reaktionen halten sich in engen Grenzen. Vielleicht ist der Münchner Raum doch sehr tolerant (oder gleichgültig?).

Die Lösung ist ganz einfach: ziemlich viele von den Berichten hier sind eben frei erfunden oder zumindest reich ausgeschmückt. Das ist doch offensichtlich.

Kein Aufsehen

Gerhard Zirkel, Wednesday, 29.12.2004, 15:12 (vor 7213 Tagen) @ Andreas

Vielleicht ist MEIN Bericht erfunden?

Gerhard

PS: nicht so mißtrauisch!

Kein Aufsehen

Andreas, Wednesday, 29.12.2004, 16:44 (vor 7213 Tagen) @ Gerhard Zirkel

Vielleicht ist MEIN Bericht erfunden?
Gerhard
PS: nicht so mißtrauisch!

Vielleicht erfunden, aber nicht unrealistisch. Jedenfalls deckt er sich mit meinen Erfahrungen. Im Winter wundern sich die Leute wohl, manchmal bekommt man auch ein "Guck mal, der läuft barfuss" zu hören, aber das war's dann auch schon. Die Leute haben eben anderes zu tun als sich darum zu kümmern, wer Schuhe trägt und wer nicht. Und im Sommer fällt man überhaupt nicht auf.

Im Vergleich dazu folgende Story die ich vor einiger Zeit hier gelesen habe: Jemand bringt barfuss seinen Abfall zur Mülltonne. Ok, glaub ich noch, habe ich auch schon gemacht. Zufällig kommt dann die Nachbarin heraus, die auch barfuss ist. Soll wohl heissen "Meine Nachbarin gefällt mir und ich wünschte, sie liefe auch barfuss", will man aber nicht schreiben, würde ja wohl auch gelöscht. Glaube ich also schon weniger. Und dann die Pointe: die beiden drehen sich um, und siehe da, da steht der Briefträger, natürlich auch barfuss. So ein Unfug. Man braucht nicht gerade misstrauisch zu sein, um so etwas einfach nicht zu glauben.

Sachen gibt's....

Lorenz, Stammposter, Wednesday, 29.12.2004, 16:59 (vor 7213 Tagen) @ Andreas

Hallo Andreas,

Im Vergleich dazu folgende Story die ich vor einiger Zeit hier gelesen habe: Jemand bringt barfuss seinen Abfall zur Mülltonne. Ok, glaub ich noch, habe ich auch schon gemacht. Zufällig kommt dann die Nachbarin heraus, die auch barfuss ist. Soll wohl heissen "Meine Nachbarin gefällt mir und ich wünschte, sie liefe auch barfuss", will man aber nicht schreiben, würde ja wohl auch gelöscht. Glaube ich also schon weniger. Und dann die Pointe: die beiden drehen sich um, und siehe da, da steht der Briefträger, natürlich auch barfuss. So ein Unfug. Man braucht nicht gerade misstrauisch zu sein, um so etwas einfach nicht zu glauben.

Der Bericht stammt nicht von mir, aber bei uns in Oberbayern kommt so etwas andauernd vor. Z.B. gehen zwei unserer Nachbarinnen, ebenso wie auch meine Frau (und die Kinder sowieso), im Sommer meistens barfuß vor das Haus. Und es gibt auch einen Briefträger, der die Post barfuß bringt. Das alles ist möglich in einer Stadt, deren Bürgermeister seine Kindheit lang barfuß in die Schule gegangen ist.

Barfüßige Grüße, Lorenz

Kein Aufsehen

Lothar, Stammposter, Wednesday, 29.12.2004, 20:15 (vor 7213 Tagen) @ Gerhard Zirkel

Nach meinen Erfahrungen gibt es große Unterschiede wo und wie man sich bewegt.
In Möbelhäusern oder auch Kaufhäusern wird man relativ selten angesprochen; die meisten Menschen gehen davon aus, das das Auto eben gleich vor der Haustüre steht (ich wurde barfuss verdächtigt, dass mein Auto direkt vor der Apotheke steht und dort eine Ausfahrt blockiert). Als ich mich anfangs im November relativ ängstlich und unsicher bewegte und auch damit rechnete, dass irgendjemand die Polizei ruft und dementsprechend auch die Leute ansah wurde ich wesentlich häufiger angesprochen bzw. die Leute ließen irgendwelche Bemerkungen fallen. Wenn ich jetzt durch die Stadt laufe, höre ich relativ selten irgendwelche Bemerkungen und wenn werde ich meist direkt angesprochen. Ein einziges Mal hat mir im Januar jemand gedroht die Polizei zu rufen und mich in Sicherheitsverwahrung nehmen zu lassen, worauf ich die Flucht ergriff um dem zu entgehen.
Wenn sich allerdings eine Gruppe von Barfüssern durch Innenstädte bewegt, kommen wesentlich häufiger irgendwelche Reaktionen, die eine ganz breite Palette umfassen können und es macht auch einen Unterschied ob man um 10,00 h morgens oder um 10,00 h abends durch eine innerstädtische Fußgängerzone läuft weil da auch völlig unterschiedliche Menschen unterwegs sind. Insbesondere angetrunkene junge Menschen können dabei durchaus auch aggressiv werden.
Aber das kann auch beschuht passieren. Ein beschuhter Bekannter wurde auf dem Weg zum letzten Nachtbus vor einer Disco in der Fußgängerzone völlig grundlos von drei Jugendlichen krankenhausreif geschlagen. Er wurde dabei seltsamerweise nicht mal beraubt.

Lothar

Kein Aufsehen

Michael aus Zofingen @, Stammposter, Thursday, 30.12.2004, 07:55 (vor 7212 Tagen) @ Lothar

Hallo Lothar!

"Nach meinen Erfahrungen gibt es große Unterschiede wo und wie man sich bewegt. In Möbelhäusern oder auch Kaufhäusern wird man relativ selten angesprochen; die meisten Menschen gehen davon aus, das das Auto eben gleich vor der Haustüre steht (ich wurde barfuss verdächtigt, dass mein Auto direkt vor der Apotheke steht und dort eine Ausfahrt blockiert)."

Das stimmt. Wer Möbel kaufen will, will Möbel kaufen. In welcher Kleidung die anderen erscheinen, interessiert kaum. Ich selber war noch nie barfuß in einem Möbelhaus, aber nur deswegen, weil ich seit Jahren keine Möbel mehr benötigte. In Kaufhäusern bin ich auch eher selten. Dafür habe ich festgestellt, daß ich in Zügen seltener angesprochen oder auch nur angestarrt werde als auf den Bahnhöfen, speziell Großstadtbahnhöfen. In S-Bahnen, U-Bahnen und Straßenbahnen wurde ich auch öfters angestarrt als etwa im Intercity oder ICE. Mögliche Erklärung: Unter den "Barfußfeinden" befinden sich nicht selten "verkrachte Existenzen", die gerne saufen, drögeln und auf großen Bahnhöfen rumlungern. Wenn es hoch kommt, können sie sich eine Fahrt mit der S-Bahn noch erlauben (oder sie fahren schwarz, da man dort eher selten kontrolliert wird). Für längere Bahnfahrten reicht das Geld nicht.

"Ein einziges Mal hat mir im Januar jemand gedroht die Polizei zu rufen und mich in Sicherheitsverwahrung nehmen zu lassen, worauf ich die Flucht ergriff um dem zu entgehen."

Leute, die solche Drohungen aussprechen, haben meistens selber Dreck am Stecken und daher nicht den Mut, die Polizei zu verständigen, höchstens anonym. Ich gehe einmal davon aus, daß es sich um einen Menschen handelt, der Dich auf der Straße angesprochen hat. Etwas anders sieht es aus, wenn Du Dich bereits auf einem privaten Areal befindest, das von irgendeinem Menschen beaufsichtigt wird. Es kann sich dabei um einen Museumswärter, die Kassiererin im Supermarkt, den Türsteher in der Disco, den Wirt/Kellner im Gasthaus usw. handeln. Diese können vom "Hausrecht" Gebrauch machen. Diese "selbsternannten Hilfssheriffs" verstoßen nicht gegen Gesetze, wenn sie Dich nicht reinlassen, weil Du barfuß bist. Man kann sie auch nicht dafür belangen, wenn sie die Polizei verständigen. Da ich kein Jurist bin, weiß ich nicht, ob eine Kassiererin (oder der Filialleiter) im Supermarkt berechtigt ist, einen Barfüßer solange festzuhalten, bis die Polizei eintrifft (bei Ladendieben ist das ja zulässig). Man könnte ja argumentieren: Wer im Januar barfuß läuft, ist arm. Und wer arm ist, der "muß" klauen, damit er über die Runden kommt. Angenommen, man wurde festgehalten und die Polizei hat herausgefunden, daß der Barfüßer nur barfuß war und nicht geklaut hat, darf man dann die Kassiererin oder/und den Filialleiter wegen "Freiheitsberaubung" anzeigen?

"Wenn sich allerdings eine Gruppe von Barfüssern durch Innenstädte bewegt, kommen wesentlich häufiger irgendwelche Reaktionen, die eine ganz breite Palette umfassen können und es macht auch einen Unterschied ob man um 10,00 h morgens oder um 10,00 h abends durch eine innerstädtische Fußgängerzone läuft weil da auch völlig unterschiedliche Menschen unterwegs sind. Insbesondere angetrunkene junge Menschen können dabei durchaus auch aggressiv werden."

Das mit der Uhrzeit stimmt sicher, der Alkohol trägt sein übriges dazu bei. Ob es mehr Reaktionen gibt, wenn man in der Gruppe ist, kann ich nicht sagen. Um das genau sagen zu können, müßte man einen Quervergleich anstellen, und zwar zur gleichen Zeit am gleichen Ort. Das hängt natürlich auch von der Größe der Gruppe ab und natürlich auch, ob man seine Barfüßigkeit eher "tarnt" oder "gegen oben verlängert", wobei für mich zweifellos letzteres zutrifft. Sicher ist aber, daß man als einzelner Barfüßer häufiger von der Polizei kontrolliert wird als wenn mehrere Barfüßer gleichzeitig unterwegs sind. Aber auch Barfüßer, die zusammen mit beschuhten Leuten unterwegs sind, haben weniger Ärger mit der Polizei.

"Aber das kann auch beschuht passieren. Ein beschuhter Bekannter wurde auf dem Weg zum letzten Nachtbus vor einer Disco in der Fußgängerzone völlig grundlos von drei Jugendlichen krankenhausreif geschlagen. Er wurde dabei seltsamerweise nicht mal beraubt."

Das ist ein ganz anderes Problem. Es handelt sich "nur" um Mutproben. Wer sich zufällig dann an dem Ort befindet und "die Luft rein ist", wird man zusammengedroschen. Ob man barfuß ist, spielt nur eine untergeordnete Rolle. Höchstens wenn mehrere Leute den letzten Bus verlassen und die Jugendlichen beraten, wer erst verfolgt und dann zusammengeschlagen werden soll, dann sucht man sich vielleicht den einzigen Barfüßer als Opfer aus, weil er halt ANDERS ist. Es kann aber auch der einzige mit Hut sein oder der einzige "Neger".

Schöne Grüße

Michael aus Zofingen

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