Barfüßer Sondermüll? (Hobby? Barfuß! 2)

Michael aus Zofingen @, Stammposter, Monday, 06.12.2004, 09:49 (vor 7236 Tagen)

Samstag, 4. Dezember 2004. Nebel, Temperatur um +4°C, die Temperatur sollte maximal auf 6°C ansteigen. Also ein Wetter, bei dem man eigentlich am liebsten im Bett bleiben möchte oder es sich am warmen Ofen gemütlich machen will. Meine Wohnung besitzt "leider" keine Öfen, sondern nur eine einfache Zentralheizung. Und um den Radiatoren Wärme zu entlocken, ist auch noch "Schwerarbeit" nötig, nämlich das Ventil aufzudrehen. Dazu war ich aber zu faul. Da war es doch einfacher, die Wärme durch Bewegung zu erzeugen. Um nicht unter kalten Füßen leiden zu müssen, ließ ich die Schuhe gleich zu Hause (Warum soll das, was bei Lothar "Wunder" bewirkt hat, bei mir versagen?). Allerdings habe ich auch diesmal erfahren, was man benötigt: ein klein wenig Geduld!

Über etwa 400 Meter Asphalt erreichte ich das Riedtal, wo es einen matschigen Weg bergauf ging, das Laub war kalt und naß. Leider waren meine Füße noch nicht durchgewärmt, als ich eine üble Schotterpassage erreichte: Weißes Juragestein, ursprünglich eckig, etwa 3 cm im Durchmesser. Durch die Waldfahrzeuge wird dieser Schotter zwar weitgehend zermahlen, aber einzelne herausgerissene Steine sind unangenehm. Neben dem Weg lag zwar oft Laub, aber dieses Laub war mit besonders großen "Siechen" gespickt. Als ich die nächste Abzweigung erreichte, wich ich vom Vorhaben ab, da der Seitenweg im Gegensatz zum "richtigen" nicht geschottert war. Es handelte sich vielmehr um einen ehemaligen Weg, der vom Prinzip besser barfuß begehbar ist. Allerdings werden dort umgestürzte Bäume nicht aus dem Weg geräumt, ebenso sichern sich hier auch Him- und Brombeeren wieder ihre Existenzberechtigung, die ihnen der "böse Mensch" genommen hatte. Obwohl die Fußoberseite von den Ranken zerkratzt war, spürte ich keine Schmerzen, vermutlich lähmte das kalte Laub den Schmerz. So kam ich nur langsam voran, was das Aufwärmen der Füße verzögerte. Als das Dickicht vorbei war, wurde der Weg wieder steiniger, aber es war natürliches Gestein, kein Bruchschotter. War aber nicht angenehm, da es nun bergab ging.

In Hintermoos erreichte ich eine Verkehrsstraße, größtenteils mit einer Wiese daneben. Nun konnte ich an Geschwindigkeit zulegen, es war richtig angenehm. Ein Reiter, der auf dem Asphalt nur unwesentlich schneller war, grüßte freundlich und meinte, daß das, was ich tat sicher gesund sei. In Bottenwil einige ungläubige Blicke, danach verließ ich die Verkehrsstraße und benutzte den asphaltierten Veloweg parallel zur Uerke. Da ich Hunger hatte, überquerte ich den Bach, ging über eine Wiese und stieg dann einen Waldweg den Hange hoch. Dort fand ich einen Holzlagerplatz. das Holz selbst war trocken und ideal zum Sitzen, aber rund herum war der Boden matschig. Der Boden quoll nur so zwischen den Zehen durch, ich freute mich wie ein kleines Kind (Vielleicht ist das, was Aquajeans mit nicht "bereinigtes Verhältnis zur Mutter" oder so ähnlich bezeichnete. Wenn dem so ist, dann sollte ich eigentlich froh sein: Lieber kein geklärtes Verhältnis zum Elternhaus und den Spaß am Barfußlaufen kennen gelernt als ein gutes Verhältnis und dafür immer mit Schuhen unterwegs). Ich hoffe, daß es mir der Holzfritze nicht übernimmt, daß ich einen "seiner" Stämme als Sitzbank und einen anderen als "Fußschemel" mißbraucht habe und letzteren verschmutzt habe.

Weiter ging es in Serpentinen eine frisch asphaltierte Straße wieder hinunter zur Uerke. Ein Bauer war gerade dabei, vor seinem Hof die Straße mit dem Wasserschlauch zu säubern, vermutlich von dem Dreck, den er mit dem Trecker vom Feld auf die Straße verschleppt hat. Meine Füße spritzte er aber nicht ab. Ich folgte dem Lauf der Uerke über Uerkheim und Holziken nach Kölliken. Entweder Asphalt oder Gras. Etwas "weltfremd" wirkte das Gelände der dortigen Sondermülldeponie. Als Umweltschutz noch ein Fremdwort war, hat man dort Faß an Faß, alle gefüllt mit Chemieabfällen, unkontrolliert verscharrt. Nun muß das Gelände aufwendig saniert werden, mit Atemschutz und allem. Man hätte es viel billiger haben können: einfach die verantwortlichen Leute, die für den Umweltskandal verantwortlich sind, zum eigenhändigen Ausgraben zwingen. Aber nicht unter Atemschutz, sondern im gestreiften Sträflingsanzug, ohne Handschuhe, und selbstverständlich barfuß. Vielleicht hätte sich die Investition einer Zuschauertribüne gelohnt. Manch einer wäre sicher bereit dafür Eintritt zu bezahlen, wenn er beobachten darf, daß die Herren Direktoren, Verwaltungsräte usw. barfuß den Sondermüll ausgraben. Ist zweifellos interessanter als ein Fußballspiel (und nicht nur deswegen, weil Fußballer Schuhe tragen müssen). Zum Glück kam keiner vorbei. Wer weiß, ob Barfüßer nicht auch als "Sondermüll" gelten!

Nun wanderte ich westwärts und erreichte ein Waldstück. Anstatt aber den direkten Weg nach Zofingen zu gehen, betrat ich den Wald und erreichte eine Rodungsfläche. Leider wurde hier nicht nur Bäume gerodet, auch lagen hier reichlich Brombeerranken. Auch Disteln wuchsen hier reichlich. Aber ich kam zwar nur langsam, jedoch vergleichsweise unbeschadet voran. Ich erreichte den Wanderweg am Tanngraben und schritt über einen Feldweg nach Bad Lauterbach, um von dort Richtung Oftringen zu wandern. Mir begegnete ein älterer Herr, der es toll fand, daß ich bei den Temperaturen noch barfuß war. Als ich ihm erzählte, daß sich dadurch Kniebeschwerden beheben ließen, die man beim beschuhten Wandern bekommen kann, meine er, es gäbe auch relativ teure gefederte Wanderschuhe. Worauf ich meinte, daß barfuß noch gesünder sei, was er auch zugab.

Ein paar erstaunte Blicke erntete ich, als ich am Oftringer Schulhaus vorbeikam. Von hier aus nahm ich den direkten Weg nach Zofingen. Da es dunkelte, wurde meine Barfüßigkeit meist gar nicht mehr registriert, außer wenn ich gerade unter einer Straßenlampe durchschritt oder mich im Scheinwerferkegel eines Autos befand. Dafür wurden die Leute zahlreicher, die mir begegneten. Vor mir lag die Zofinger Altstadt. Und was ich dort erlebte, ist ein Kapitel für sich. Und wenn jemand schon vermutet, um was es sich handeln könnte, den muß ich enttäuschen: Es war nicht die Polizei!

Mit freundlichen Grüßen

Michael aus Zofingen


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