Barfuß bei kaltem Wind durch und warmes Laub (Hobby? Barfuß! 2)

Michael aus Zofingen @, Stammposter, Monday, 15.11.2004, 12:11 (vor 7257 Tagen)

Der Wetterbericht verkündete am Vormittag einzelne Schneeschauer, danach Hochnebel, der dank starker Bise aufreißen könnte. Die Höchsttemperatur sollte 3°C betragen, die sich aber kälter (ca. -4°C) anfühlen würde. Letzten Samstag (14.11.2004) blickte ich aus dem Fenster: Graupelschauer, 2°C, die Bäume in den Gärten bewegten sich nur so im Wind! Aber dann riß die Wolkendecke auf, ein tiefblauer Himmel im orten ward sichtbar. Schnell näherte sich die blaue Fläche, so daß ich gegen 11.30 Uhr meine Wohnung verlassen konnte. Es war jetzt 3°C warm, so daß ich mich entschloß die Schuhe gar zu erst mitzunehmen. Aber wie ich in diesem Forum gelernt habe, sollte man sich "oben" dick verpacken, damit man nicht zu schnell auskühlt. Allzu wörtlich habe ich das "oben" nicht genommen, auf einen Hut oder eine Mütze kann ich gut und gerne verzichten. Aber eine Jacke war wirklich vonnöten.

Also zottelte ich los, zunächst über Quartiersstraßen, dann durch die Zofinger Altstadt, wie üblich ein paar erstaunte Blicke. Schließlich erreichte ich den Stadtsaal, wo ich ein Ehepaar mit 2 Kindern einholte. Den Mann kannte ich, es war ein Arbeitskollege, wegen seiner Körpergröße von ca. 2 m hatte er der Spitznamen "Riesensiech". Er schien gar nicht begeistert von meiner Barfüßigkeit zu sein. Als ich ihm sagte, daß Barfußlaufen gesund sei, meinte er. "Ich glaube nicht, daß es bei diesem Wetter noch gesund ist." Auch seine Frau schien skeptisch zu sein. Die Kinder, die erst dann mich betrachteten, als das Wort "barfuß" fiel, fingen lauthals an zu lachen. Darauf sagte ich, daß ich schon ohne Schuhe nach Aarau und über Olten zurückgewandert sei. Er schüttelte nur mit dem Kopf. Als ich hinter der nächsten Ecke verschwunden war, hörte ich noch das lautstarke Geglotter der Kinder vom Riesensiech.

Ich erreichte einen Wald, der angenehm barfuß begehbar war. Der wind hatte einen Vorteil. Er sorgte dafür, daß Laub durch die Gegend geweht wird, was sich dann im trocknen Zustand in den Waldwegen, von der Wind nicht hinkommt, niederlegt. Dieses entschärfte auch den Schotter, so daß ich gut voran kam. Rasch waren meine Füße warm. Konnte ich auch gebrauchen, denn bald mußte ich eine Brücke über die Autobahn überqueren. Hier merkte ich, wie stark der Wind wehte, aber die Wärmekapazität der Füße reichte aus, um den Windangriff zu überstehen. Danach wurde ich mit einem Laubweg entlang des Lauterbaches und danach einer Treckerspur hinauf zu einem Bauernhof im hellen Sonnenlicht und windgeschützt belohnt.

Es folgte ein Waldweg, der etwas weniger angenehm war. Ein fett beschuhtes und mit Stöcken ausgerüstetes Ehepaar überholte mich, worauf der Mann sagte: "Schade, ich habe meinen Fotoapparat nicht dabei. Sonst gäbe es wieder ein Foto im Zofinger Tagblatt. Hat man dir das Velo geklaut?" Es war tatsächlich derselbe Mann, der mich bei der letzten Fasnacht barfuß in Aarau "erwischt" und fotografiert hat. Ein Stück weiter kreuzte mein Weg den eines Ehepaares mit Kind. Und schon wieder einmal eine Frage des Kindes an die Eltern als falsche Ansprechpartner: "Wieso läuft der Mann barfuß?" Ich erreichte die Ruine Wartburg, wo ich mich allerdings nicht lange aufhielt, weil es stark windete. Es folgte der brennnesselbestandene Weg unterhalb des Sälischlößli. Ausgerechnet hier, wo es unübersichtlich war, kamen mir Mountainbiker in den Weg. Ich konnte gerade noch auf einen Betondeckel springen, während die Radler vorbeikamen. "Auch noch barfuß", sagte einer (der einzige Mensch, der mir an diesem Wochenende begegnete und kurze Hosen trug). Am Eingang des Sälischlößli kamen mir gut gekleidete Menschen entgegen. Nun ging ich die Asphaltstraße hinunter, wo mir gelegentlich ein Auto entgegen kam. Hier sah ich auch wieder die Gruppe von Mountainbikern, der in kurzen Hosen unterhielt sich gerade mit dem Fotografen, etwa über mich?

Der Weg vom Säli hinunter besteht teilweise aus neuem Asphalt, so daß ich immer mehr in den Laufschritt verfiel. Dann ging es nicht mehr, hier lag noch uralter Asphalt. Aber am Rande des Weges hatte sich jede Menge warmes trockenes Laub angesammelt. Es brachte Spaß, dort durchzustreifen, ohne die Füße richtig anzuheben. Stattdessen schiebt man nur das Laub vor sich her. Ein Ehepaar mit Sohn kam mir entgegen. Der Sohn, der etwa 40 Meter vor den Eltern den Weg hinaufging, schien unabhängig von mir ebenfalls Spaß daran zu haben, das Laub vor sich herzuschieben. Einziger Unterschied: Er trug Schuhe. Als wir uns begegneten, sah er, daß ich barfuß war. Es funkelte in seinen Augen, aber nicht etwa im Sinne der "großen Glotzaugen, sondern so, als ob er eine gute Idee hatte. Und die hatte er tatsächlich, indem er fragte: "Mami, dar ich hier barfuß laufen?" "Spinnst du?" war die Antwort. Der Tonfall war aber nicht böse, sondern freundlich. "Aber der Mann läuft auch barfuß!" Erst jetzt registrierten die Eltern meine Barfüßigkeit. Da konnten auch nur die Eltern freundlich lächeln. Ich vermute einmal, daß der Junge im sommers in Haus und Garten ohne Einschränkung barfuß laufen darf und auch die Eltern nicht ständig Schuhe tragen.

Immer noch ging es bergab, aber nun folgten die Ausläufer der Stadt Olten. Mir kam ein Paar entgegen. In dem Mann glaubte ich einen Arbeitskollegen zu erkennen, der in dieser Stadt wohnt. Meinen Gruß erwiderte er nicht. Entweder hatte ich es mit einem Doppelgänger getroffen oder aber es war ihm peinlich, in Gegenwart seiner Lebensgefährtin einem barfüßigen Arbeitskollegen zu begegnen. Dann genoß ich es, den Bahnhof zu unterqueren. Erstaunte Gesichter, als ich die Treppe runterging und plötzlich in der Unterführung stand. Erstaunte Gesichter, als ich durch die Unterführung schlenderte, während gerade eine Schnellzugladung Fahrgäste, die Treppe vom Bahnsteig herunterkam. Erstaunte Gesichter am sonnenbeschienenen Weg an der Aare. und um die Anzahl der erstaunten Gesichter noch zu vermehren, ging ich nicht direkt zu Gäubrücke, sondern überquerte zunächst die gedeckte Holzbrücke, schlenderte durch die Altstadt und wieder zurück. "Der Frühling ist da", sagte jemand. Kinder unterbrachen ihr Ballspiel in einer Altstadtgasse, als sie mich sahen.

Am linken Aareufer wanderte ich Richtung Aarburg. Ein Velofahrer hielt an, während ich barfuß über eine Wiese neben dem Weg ging. "Das ist gesund. Aber ist es nicht ein bißchen kalt?" Er war erstaunt, als ich sagte, daß ich noch nach Zofingen müsse und bereits in Olten gewesen war. "Und alles barfuß? Das ist eine Leistung!" In Aarburg selbst stand ein Mann an der Tür und rief: "Gaats no?" Ohne größer Mühe gelangte ich nach Zofingen. Etliche erstaunte Blicke, speziell dann, als ich die Stadtkirche umrundete. Als ich den Ausgang der Altstadt erreichte, bog auch ein Polizeifahrzeug in sie Straße ein. Vermutlich war es Zufall, vielleicht haben sie im Dunkeln meine Barfüßigkeit nicht einmal bemerkt. Als ich den Bahnhof unterquerte, zeigte das Thermometer auf dem Dach der Firma, wo ich arbeite, gerade +1°C an. Dabei waren meine Füße kein bißchen kalt. Ich fror lediglich ein bißchen an den Armen. Der Wind zog doch recht stark, die Hände konnte ich in der Tasche vergraben. Jetzt hatte ich nur noch etwa einen Kilometer vor mir, also kein Problem. Dabei überholte ich ein dick vermummtes Ehepaar sowie deren Kind. Überhaupt keine erstaunten Blicke. Erst als ich die Haustür aufschließen wollte, bemerkte ich, daß die Familie auf den Wohnblock gegenüber zusteuerte. Ich kenne die Leute nicht näher. Und vermutlich wissen sie auch nicht viel über mich, höchstens, daß ich gerne barfuß laufe.

Schöne Grüße

Michael aus Zofingen

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