Urlaubserinnerung: Barfuß in Bordeaux (Hobby? Barfuß! 2)

Lorenz ⌂, Stammposter, Saturday, 09.10.2004, 18:04 (vor 7294 Tagen)

Barfuß durch Stadt, Wald und Wiese zu laufen - das habe ich mir auch heute bei 10 Grad und Nieselregen gegönnt. Demgegenüber hatten wir bei unserem Besuch in Bordeaux von etwa zwei Monaten ein zwar ähnlich feuchtes, aber viel wärmeres Wetter erlebt.

An einem Tag unseres Atlantikurlaubs, an dem die Wetterprognose keine Hoffnungen auf Strandleben machte, fuhren wir etwa 100 km nach Bordeaux, um uns dort umzuschauen. Wichtigste Utensilien waren die Regenschirme, auf Schuhe verzichtete ich von vorneherein - Frau und Töchter gingen mit Flipflops. Diese waren auch sonst im Straßenbild das ganz überwiegende Schuhwerk zumindest der Frauen und Mädchen. Komplett barfüßige Menschen bekam ich dagegen nicht zu Gesicht.

Als wir gegen Mittag da waren und aus der Tiefgarage kamen, regnete es gerade nicht. Der Boden war angenehm warm (bei Sonnenwetter hätte es wahrscheinlich Brandblasen gegeben). Wir gingen in die Fußgängerzone, wo die Hauptstraße mit schönen Steinplatten belegt war. Später, als es stärker regnete, waren diese unheimlich glatt und ich sah ein Mädchen, das mit Flipflops aus einem Laden kam, ausrutschte und lang hinschlug. Barfußgehen hat natürlich den Vorteil, dass man genau spürt, wie glatt der Boden ist und entsprechend vorsichtig läuft.

Wir kamen dann zur sehenswerten Kathedrale, deren Steinboden auch fühlenswert ist (außer mir weiß das natürlich niemand). Interessant für die Füße sind vor allem die kunstvollen Einlegearbeiten im Boden. Weil die verschiedenfarbigen Steinarten auch unterschiedlich hart sind, hat sich im Laufe der Jahrhunderte aus den Mustern im Boden ein fühlbares Relief herausgebildet.

Beim weiteren Stadtbummel stellte sich heraus, dass die Nebenstraßen mit holperigen, aber gut abgerundeten Pflastersteinen versehen sind, wie die Glasscherben in den Ritzen in einigermaßen sicherer Tiefe liegen. Und Hundedreck gibt es in Bordeaux auch nicht gerade wenig. Schön anzuschauen sind die imposanten Stadttore und noch mehr die imposante Basilika Saint-Michel, die mich noch mehr beeindruckt hat als die Kathedrale.

Während meine Damen dann Shoppen gingen, spazierte ich an verschiedenen Sehenswürdigkeiten vorbei zum Jardin Public. Inzwischen gab es den einen oder anderen Platzregen, manchmal waren die Straßen nahezu unter Wasser, was barfuß riesig Spaß machte. Im Jardin Public ist eine große gepflegte Rasenfläche, die nicht mit Hunden betreten werden darf. An anderer Stelle sah ich auch einen Wegweiser zum "Chemin des Chiens" (Hundeweg). Bordeaux hat also in seinem Stadtpark eine saubere Zone geschaffen, die ideal zum barfüßigen Laufen und Spielen ist - und auf der anderen Seite auch an die Hunde gedacht. Auch sonst ist der Jardin Public schön zum Barfußlaufen, Wege sind mit feinen runden Kieseln oder erdig im botanischen Garten. Um den Seerosenteich herum war im nächsten Platzregen der Weg wieder teilweise unter Wasser und aufgeweicht und bot sich zu einer außerplanmäßigen Kneippkur an.

Nicht ganz geheuer waren mir die Straßenbahnschienen, denn der Stromabnehmer ist am Boden zwischen den Schienen. Wie das funktioniert, kann ich mir nicht erklären. Jedenfalls habe ich vermieden, barfuß daraufzutreten. Obwohl es eigentlich nicht sein kann, dass die Mittelschiene dauernd unter Strom steht.

Bordeaux ist eine schöne Stadt, in der man gut einen sommerlichen Regentag verbringen kann!

Macht's gut und unbeschuht, Lorenz

[image] Natur und Fortschritt

Urlaubserinnerung: Barfuß in Bordeaux

Ulrich (Berlin), Stammposter, Saturday, 09.10.2004, 19:32 (vor 7294 Tagen) @ Lorenz

Hallo Lorenz!

Vielen Dank für diesen wunderbaren Bericht.

Wir kamen dann zur sehenswerten Kathedrale, deren Steinboden auch fühlenswert ist (außer mir weiß das natürlich niemand

Mich würde mal interessieren, wie die anderen Leute in Bordeaux Deine Barfüßigkeit in der Kirche aufgenommen haben. Ich bin ja wohl deshalb im Bamberger Dom sehr feindselig angesehen worden, wie mir Lothar, mit dem ich dort war, hinterher sagte. In diesem Zusammenhang scheint es aber auch von Bedeutung zu sein, ob Du lange oder kurze Hosen anhattest.

Nicht ganz geheuer waren mir die Straßenbahnschienen, denn der Stromabnehmer ist am Boden zwischen den Schienen. Wie das funktioniert, kann ich mir nicht erklären. Jedenfalls habe ich vermieden, barfuß daraufzutreten. Obwohl es eigentlich nicht sein kann, dass die Mittelschiene dauernd unter Strom steht.

Das hättest du ruhig tun können, denn die Stromschienen stehen nur dann unter Strom, wenn sich ein Zug über ihnen befindet. Die fahrende Bahn löst Kontakte im Gleis aus, die auf kurzen Abschnitten den Strom unter ihr ein- und wieder ausschalten. Sollte das einmal nicht funktionieren, wird der Betrieb automatisch eingestellt, was zumindest in der Anfangsphase, die Straßenbahn ging ja erst kürzlich in Betrieb, öfters geschah und den Verkehr recht unzuverlässig werden ließ. Ich würde es allerdings vermeiden die Stromschienen direkt vor oder hinter einem Zug zu berühren, weil ich nicht weiß wie lang diese Stromschienenabschnitte sind. Ich glaube aber auch das müßte ungefährlich sein, weil eben wirklich nur unter den Zügen Strom sein soll und weil man es sich bestimmt nicht leisten kann Klagen über soundsoviel verletzte oder getöte Hunde zu bekommen, die ja sicher auch völlig bedenkenlos diese Stromschienen betreten.

Viele Grüße und muntere Füße

Ulrich

Barfuß in Kirchen

Lorenz, Stammposter, Saturday, 09.10.2004, 20:10 (vor 7294 Tagen) @ Ulrich (Berlin)

Hallo Ulrich,

Mich würde mal interessieren, wie die anderen Leute in Bordeaux Deine Barfüßigkeit in der Kirche aufgenommen haben. Ich bin ja wohl deshalb im Bamberger Dom sehr feindselig angesehen worden, wie mir Lothar, mit dem ich dort war, hinterher sagte. In diesem Zusammenhang scheint es aber auch von Bedeutung zu sein, ob Du lange oder kurze Hosen anhattest.

Ich glaube, dass die kurzen Hosen der entscheidende Faktor sind. Dadurch fallen die nackten Füße viel mehr auf, mit langen Hosen werden sie oft gar nicht wahrgenommen. Auch finden viele Leute kurze Hosen in Kirchen und auch in manchen anderen Situationen unangebracht.

In Bordeaux hatte ich eine lange Hose an. Ich achte lange nicht mehr so auf Reaktionen der Leute wie in meiner Anfangszeit des öffentlichen Barfußgehens. Also fallen mir nur sehr deutliche Reaktionen auf. Diese gab es in den Kirchen von Bordeaux nicht. Sehr deutlich wurde ich nur einmal von einem Radfahrer angegafft, als ich im Regen auf der Brücke über der Garonne ging.

Nachdem Jesus und die Engel auf den Altarbildern fast immer barfuß dargestellt werden, kann es ja nicht ganz falsch sein, barfuß in die Kirche zu gehen. Ich werde bei uns zu Hause auch ohne Weiteres als barfüßiger Gottesdienstbesucher akzeptiert.

Mach's gut und unbeschuht, Lorenz

Barfuß in Kirchen

Ulrich (Berlin), Stammposter, Sunday, 10.10.2004, 00:43 (vor 7294 Tagen) @ Lorenz

Hallo Lorenz,

Vielen Dank für Deine schnelle Antwort.

Mich würde mal interessieren, wie die anderen Leute in Bordeaux Deine Barfüßigkeit in der Kirche aufgenommen haben. Ich bin ja wohl deshalb im Bamberger Dom sehr feindselig angesehen worden, wie mir Lothar, mit dem ich dort war, hinterher sagte. In diesem Zusammenhang scheint es aber auch von Bedeutung zu sein, ob Du lange oder kurze Hosen anhattest.

Ich glaube, dass die kurzen Hosen der entscheidende Faktor sind. Dadurch fallen die nackten Füße viel mehr auf, mit langen Hosen werden sie oft gar nicht wahrgenommen. Auch finden viele Leute kurze Hosen in Kirchen und auch in manchen anderen Situationen unangebracht.

Ich kann mir allerdings wirklich kaum vorstellen, dass Leute, die kurze Hosen für unangebracht halten, nackte Füße OK finden. Kurze Hosen sieht man doch viel öfter, als bloße Füße, wodurch sich die große Mehrheit daran doch viel eher gewöhnt haben müsste, als an barfüßige Menschen, und meist steigt doch die Akzeptanz mit der Gewöhnung.

In Bordeaux hatte ich eine lange Hose an. Ich achte lange nicht mehr so auf Reaktionen der Leute wie in meiner Anfangszeit des öffentlichen Barfußgehens. Also fallen mir nur sehr deutliche Reaktionen auf. Diese gab es in den Kirchen von Bordeaux nicht.

Es stellt sich nun die Frage, ob den Leuten nun in der Regel Deine Füße gar nicht aufgefallen sind, ob sie das Barfußgehen Dank langer Hosen tatsächlich tolerieren oder ob Dir nur die Reaktionen nicht aufgefallen sind. Mir sind die Reaktionen ja auch nicht aufgefallen.

Nachdem Jesus und die Engel auf den Altarbildern fast immer barfuß dargestellt werden, kann es ja nicht ganz falsch sein, barfuß in die Kirche zu gehen. Ich werde bei uns zu Hause auch ohne Weiteres als barfüßiger Gottesdienstbesucher akzeptiert.

Ob das wohl auch dort akzeptiert wird, wo man Dich nicht kennt?

Viele Grüße

Ulrich

Barfuß in Kirchen

Lothar, Stammposter, Monday, 11.10.2004, 15:28 (vor 7292 Tagen) @ Ulrich (Berlin)

Es läßt bestimmt darüber streiten, was dieses Schild am Eingang der Kirchen bedeutet, diese nur in angemessener Kleidung zu betreten.
Und die Leute haben da sicherlich unterschiedliche Auffassungen.
Als ich Kind war, gab es das eigentlich nicht, dass es jemand gewagt hätte zu einem Gottesdienst in Jeans zu erscheinen. Zum Kirchengang war da immer Sonntagskleidung angesagt, sogar für die Kinder.
Das hat sich inzwischen gründlich geändert.

Ich kann mir gut vorstellen, dass das Schild mit durchgestrichenen nackten Füßen neben dem Schild mit dem durchgestrichenen Hut angebracht werden würde, wenn die Zahl der barfüssigen Kirchenbetreter erheblich ansteigen würde; genauso wie da jetzt
ein Schild mit durchgestrichenem Handy oder mit durchgestrichenen
Rollerblades steht.

Als ich mit Rüdiger in Regensburg im Dom war, fragte ich ja sogar den Aufseher nach dem Ausgang. Ich weiß nicht, ob er unsere baren Füße (lange Hosen) nicht bemerkt hat oder ob er sie bemerkt hat und toleriert hat oder ob er sie eigentlich nicht tolerieren wollte, es ihm aber egal war, da wir ohnehin auf dem Weg zum Ausgang waren.
Aus den Domen im Inland bin ich bei Besichtigungen bisher wegen barfuss noch nicht verwiesen worden; einen Gottesdienst habe ich allerdings barfuss noch nicht besucht.
Ich weiß allerdings, dass die Kleiderordnung in südlicheren Gefilden sehr viel ernster genommen wird als bei uns; Spanien, Italien, Zypern etc.

Lothar

Lothar

Barfuß in Kirchen

RainerL @, Stammposter, Monday, 11.10.2004, 16:01 (vor 7292 Tagen) @ Lothar

Hallo Lothar,

Ich kann mir gut vorstellen, dass das Schild mit durchgestrichenen nackten Füßen neben dem Schild mit dem durchgestrichenen Hut angebracht werden würde, wenn die Zahl der barfüssigen Kirchenbetreter erheblich ansteigen würde; genauso wie da jetzt
ein Schild mit durchgestrichenem Handy oder mit durchgestrichenen
Rollerblades steht.

Habe solche Schilder an den Kirchen die ich betreten habe noch nicht gesehen, neue Mode? Im übrigen kann man sich dann ja Rollerblades über die Schulter hängen und wenn sich jemand beschwert auf das Schild mit den durchgestrichenen Rollerblades verweisen. Interessant wäre auch wie das mit Kirchen im NSNSNS-Land ist. Gibt es solche Schilder an Kirchen in den USA? Wer hat da Erfahrung?

Barfüßige Grüße
Rainer L.

Barfuß in Kirchen

Michael aus Zofingen @, Stammposter, Monday, 11.10.2004, 16:52 (vor 7292 Tagen) @ RainerL

"Habe solche Schilder an den Kirchen die ich betreten habe noch nicht gesehen, neue Mode? Im übrigen kann man sich dann ja Rollerblades über die Schulter hängen und wenn sich jemand beschwert auf das Schild mit den durchgestrichenen Rollerblades verweisen. Interessant wäre auch wie das mit Kirchen im NSNSNS-Land ist. Gibt es solche Schilder an Kirchen in den USA? Wer hat da Erfahrung?"

Hallo Rainer,
als ich in den USA war, habe ich keine solchen Schilder in Kirchen gesehen. Ich war aber nur in wenigen Kirchen und habe, ehrlcih gesagt, nicht auf sowas geachtet (barfuß war für mich 1991 noch ein Fremdwort). Aber bereits 1990 fielen mir im Straßburger Münster Schilder mit durchgestrichenen Symbolen auf: Hut, Hund, Kamera, Eistüte, Radio. Handys und Rollerblades waren damals noch nicht üblich, deswegen fehlten sie wohl. Damals wunderte ich mich lediglich, daß dort kein durchgestrichenes Fahrrad war. Einen durchgestrichenen Fuß habe ich dort nicht gesehen. Auch wundert mich, daß keine durchgestrichene Katze abgebildet war. Letztere könnte doch eine Gefahr für die armen Kirchenmäuse sein. Da auch Kirchenmäuse ihre Existenzberechigung haben, werde ich wohl, falls ich wirklich das Verlangen habe sollte, barfuß durch das Straßburger Münster zu radeln (groß genug ist es ja), dann würde ich keine Katze, Schlange, Eule usw. mitnehmen.

Barfuß in Kirchen

RainerL @, Stammposter, Monday, 11.10.2004, 17:52 (vor 7292 Tagen) @ Michael aus Zofingen

Hallo Michael,

"Habe solche Schilder an den Kirchen die ich betreten habe noch nicht gesehen, neue Mode? Im übrigen kann man sich dann ja Rollerblades über die Schulter hängen und wenn sich jemand beschwert auf das Schild mit den durchgestrichenen Rollerblades verweisen. Interessant wäre auch wie das mit Kirchen im NSNSNS-Land ist. Gibt es solche Schilder an Kirchen in den USA? Wer hat da Erfahrung?"
Hallo Rainer,
als ich in den USA war, habe ich keine solchen Schilder in Kirchen gesehen. Ich war aber nur in wenigen Kirchen und habe, ehrlcih gesagt, nicht auf sowas geachtet (barfuß war für mich 1991 noch ein Fremdwort). Aber bereits 1990 fielen mir im Straßburger Münster Schilder mit durchgestrichenen Symbolen auf: Hut, Hund, Kamera, Eistüte, Radio. Handys und Rollerblades waren damals noch nicht üblich, deswegen fehlten sie wohl. Damals wunderte ich mich lediglich, daß dort kein durchgestrichenes Fahrrad war. Einen durchgestrichenen Fuß habe ich dort nicht gesehen. Auch wundert mich, daß keine durchgestrichene Katze abgebildet war. Letztere könnte doch eine Gefahr für die armen Kirchenmäuse sein. Da auch Kirchenmäuse ihre Existenzberechigung haben, werde ich wohl, falls ich wirklich das Verlangen habe sollte, barfuß durch das Straßburger Münster zu radeln (groß genug ist es ja), dann würde ich keine Katze, Schlange, Eule usw. mitnehmen.

Tolle Vorstellung barfuß durch das Straßburger Münster zu radeln, verboten ist es ja (noch) nicht :-)

Barfüßige herbstliche Grüße
Rainer L.

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