"..heiße Maroni" (Hobby? Barfuß! 2)

Michael aus Zofingen @, Stammposter, Monday, 04.10.2004, 14:45 (vor 7299 Tagen)

Am vergangenen Wochenende (2.-10.-3.10. 2004) hatte ich mal wieder das Tessin unsicher gemacht und per Bahn Melide erreicht. Barfuß ging ich den Weg hinauf in das Bergdorf Carona. Da dieser Weg gestuft ist und überwiegend mit großen Steinen ausgelegt ist, ist dieser Weg angenehm begehbar. Auch im Dorf selbst sind die Gassen ein Paradies für Barfüßer, neue Pflastersteine zwischen alten Häusern. Obwohl ich der einzige ohne Schuhe war, störte sich keiner an meiner Barfüßigkeit. Nach dem ort änderte sich das Bild. Die Wege wurden unangenehmer, überall lagen Maronis herum. Wer kennt sie nicht, diese Eßkastanien, die demnächst wieder an Ständen in den Städten mit "Heiße Maroni" angeboten werden. Hier aber hat man es mit der stacheligen Außenschale zu tun. Ich war aber doch erstaunt, daß ich nur recht selten einen dieser stachligen Gesellen aus dem Fuß ziehen mußte. Natürlich war ich froh, wenn mal Wege frei von Maronis oder Steinen waren, teilweise lag recht feiner Sand, in dem ich die Füße manchmal vergrub, dadurch wurden sie recht staubig. Bei einer Kirche in einem verlassenen Weiler machte ich Rast, zwei alte Frauen und ein ebenso alter Mann kamen vorbei. "Hier barfuß? Das ist sicher ungesund," sagte eine Frau. "Nein," entgegnete der Mann. Die andere Frau sagte: "Das ist gut für die Füße." Als sie an mir vorbeikamen, fragte der Mann, ob ich keine Schuhe DABEI (andere hätten gefragt, ob ich keine Schuhe habe, dieser schien zu erkennen, daß ich nicht zu den Leuten gehöre, die sich keine Schuhe leisten können), was ich wahrheitsgemäß beantwortete. Er war erstaunt, daß ich den Weg ganz von Melide ohne Schuhe geschafft habe.

Aber es wurde schlimmer. Der Weg wurde steiniger, die Maronis zahlreicher. Wenn ich Schuhe dabei gehabt hätte, ich hätte sie angezogen. Aber so mußte ich barfuß weiter. Und weit und breit kein Schuhgeschäft in der Nähe! Andauernd wurde ich von anderen Wanderern überholt, auch Mountainbiker waren hier. Es war manchmal schwierig, letzteren auszuweichen. Durch die Mahltätigkeit der Reifen werden manchmal größere Steine aufgewirbelt, die nicht gerade zur Freude von Barfüßern sind. Es kam mir wie eine Ewigkeit vor, bis ich die nächste Asphaltstraße erwischte. Ein Stachel blieb im Fuß, ab und zu spürte ich ihn, aber bergen konnte ich ihn nicht. "..heiße Maroni", fluchte ich, mit 2 vorangestellten Buchstaben!

Ich hatte die Ausläufer des äußerst sehenswerten Fischerstädtchens Morcote http://www.morcote.ch/ erreicht. Direkt am Seeufer des Luganer Sees wimmelte es nur so von Touristen. Während diejenigen, die offensichtlich gewandert sind, sich an mir und meinen nackten, staubigen Füßen nicht störten, gab es einige verächtliche Blicke von Leuten, die offensichtlich mit dem Auto gekommen sind (und vielleicht nur mit Mühe einen Parkplatz gefunden haben). Der Fotograf, der eine italienische Hochzeitsgesellschaft fotografieren sollte/wollte, schien gar nicht begeistert zu sein. Er wollte über die schmale Straße fotografieren, aber andauernd waren ihm Autos oder Fußgänger im Weg. Da ich ein anständiger Mensch bin, blieb ich stehen, damit er wenigstens nicht wegen mir nicht zum "Schuß" kommen konnte. Zum Leidwesen der Hochzeitsgesellschaft; sie mußte dafür umso länger meinen Anblick ertragen. Mußte? Gewiß, die Männer trugen ohne Ausnahme Anzug und Krawatte oder Fliege, auch die Knaben waren ähnlich gekleidet. Die Mädchen in Kleidern und Wollstrumpfhosen hatten es etwas besser. Aber von den Frauen trugen die meisten nur leichte Sandalen und auch sonst Kleidung, die mehr frei ließ als bedeckte. Ausgerechnet diesen Damen schien meine Erscheinung nicht zu passen. Ich begreife das nicht. Was macht es für einen Unterschied, ob man leichte Sandalen trägt oder barfuß läuft? Fast keinen! Der größte Unterschied ist, daß ich ein Mann bin und keine Frau. (Andi, Du darfst wieder schimpfen, daß es für Frauen nicht nur eine viel größere Auswahl von Schuhen gibt und daß Frauen selbst in feiner Gesellschaft nur unwesentlich mehr als nichts tragen dürfen, während Männern das nicht mal während der Freizeit gegönnt wird). Ich schritt die Gassen und Steigen hinauf bis zur hoch über der Stadt gelegenen Kirche, von wo ich einen schönen Ausblick hatte. Dann ging ich weiter über einen nicht allzu angenehmen Kopfsteinweg in den Nachbarort Vico Morcote. Auch dieser Ort ist sehenswert und für Barfüßer gut begehbar. Da ich nicht von der Dunkelheit auf Wanderwegen überrascht werden wollte, entschied ich mich, über Verkehrstraßen zurück nach Melide zu wandern. Meckerer gab es nun auch keine mehr. Gegen 18.30 Uhr war ich dort. Ich hatte eine anstrengende Wanderung hinter mir. Ich setzte mir für einige zeit ans Seeufer und erholte mich von den Strapazen, während die Dunkelheit hereinbrach.

Mit freundlichen Grüßen

Michael aus Zofingen


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