Barfuß im Altweibersommer (Hobby? Barfuß! 2)

Michael aus Zofingen @, Stammposter, Monday, 30.08.2004, 12:03 (vor 7335 Tagen)

Eigentlich ist es nicht das richtige Forum, um über Orte zu schreiben, an denen man barfuß laufen "darf". Aber sicher wäre es zu viel verlangt, daß Leute, die überall gerne barfuß laufen, an solchen Orten Schuhe anzuziehen, nur um dort aufzufallen. Und sicher ist es auch nicht unter der Würde eines Barfüßers, solche Orte überhaupt aufzusuchen. Sollte jemand anderer Meinung sein (und damit Recht bekommen, immerhin wimmelt es in diesem Forum nur so von Rechtsgelehrten), dann werde ich ab sofort mich nicht mehr als Barfüßer bezeichnen, aber trotzdem weiterhin barfuß laufen.

Soweit zur Philosophie, nun zur Tat. Letzten Samstag (28.8.2004) war es tatsächlich am Morgen auf 10°C abgekühlt. Der Wetterbericht hatte aber Tagestemperaturen von 26°C versprochen (und damit nicht einmal gelogen, wie sich noch herausstellen sollte). Also radelte ich los Richtung Hallwiler See. Barfuß natürlich, wie es fast vernünftige Radfahrer bei solchen Angelegenheiten tut, solange das Fahrrad den nötigen Barfußkomfort bietet. Als ich in Zofingen eine Unterführung unter der Eisenbahn benutzte, kam mir eine ca. 30-jährige Frau mit dunkler Haut entgegen. Da die Bahn ebenerdig verläuft und wenig Platz ist, mußte die Unterführung in Form einer Treppe mit paralleler schiefen Ebene für Kinderwagen und Fahrräder angelegt werden. So kommt es, daß derjenige, der sich gerade in der Unterführung befindet, vom "Gegenverkehr", der gerade die Treppe runtergeht, als erstes die Füße mitbekommt. Die Frau schien doch überrascht zu sein, daß sie als erstes keine Schuhe und ein Vorderrad zu Gesicht bekam während ich mein Velo die Treppe runterschob. "Wow", sagte sie. Dabei war sie selber gar nicht allzu bedeckt, sie trug Flipflops, aufgekrempelte Jeans und einen langärmeligen Wollpullover, der jedoch nicht unbedingt empfehlenswert für Leute ist, die sich leicht an den Nieren erkälten. Während ich fast das andere Ende des Tunnels erreicht hatte, hörte ich die "Mohrin" noch laut zu sich selbst (oder ins Handy?) sprechen: "Barefoot on a bicyle!"

Kaum hatte ich das "Männerbad" in Boniswil erreicht, da mußte ich feststellen, daß die Liegewiese vom Tau ganz naß war. Es war sehr angenehm, dort barfuß zu laufen, nicht aber, um sich dort in die Sonne zu legen, dazu mußte ich noch etwas warten. Der Tau glänzte prächtig in der Sonne, dort, wo ich gegangen war oder mein Velo längsgeschoben habe, hatte ich Spuren hinterlassen. Auch die Maulwurfshügel hatte ich plattgestampft, und das sicher nicht mit irgendeinen Werkzeug. Schön waren auch die mit Tröpfchen überzogenen Spinnweben, Altweibersommer! Kaum hatte ich diesen Gedanken, da näherte sich eine ca. 30köpfige Frauengruppe, fett bewanderstiefelt. Vermutlich ein Frauenturnverein auf einer Wandertour, lautstark redend, aber nicht über mich. Altweibersommer, wie passend! Doch halt, zwar nicht alle, aber bestimmt einige der Frauen waren jünger als ich. Also kann ich ruhig 3 Buchstaben streichen!

Dann kamen zwei Familien, 4 Erwachsene, 4 Kinder. Die Erwachsenen trugen Sandalen, von den Kindern dagegen nur ein Mädchen, während zwei Jungen und ein Mädchen den Weg vom Parkplatz barfuß zurückgelegt hatten. Waren deren Schuhe im Auto geblieben, oder gleich ganz zu Hause? So neugierig bin ich auch nicht, um zu fragen! Ausgerechnet das Mädchen, daß nur im Bikini angereist kam, trug Sandalen, während die barfüßigen Kinder mit langen Hosen und langärmeligen Pullis nicht unbedingt der Jahreszeit nach gekleidet waren. Ausgleichende Gerechtigkeit?

Ich unternahm, so wie ich war, noch eine Runde zum Elektrizitätswerk, zum Schloß, wo gerade eine Hochzeitsgesellschaft war, und dann zum Badeplatz zurück. Derart aufgeheizt, mußte ich erst einmal schwimmen, vom Anleger Seengen durch den Aabach. Ich war ziemlich durchgefroren, als ich wieder aus dem Wasser war. Es kamen noch einige Jugendliche, die sich jedoch ordentlich benahmen (so etwas gibt es auch). Von diesen Leuten zog jedoch nur eine Frau sofort nach dem Erreichen Schuhe und Socken aus, die anderen behielten sie an. Es schien ihr gar nichts auszumachen. Sie ging sogar barfuß ins Gebüsch, um Holz fürs Feuer zu holen. Auch machte sie keinen Bogen um alte Feuerstellen, sondern ging glatt durch die (kalte) Asche durch, wobei ich nicht den Eindruck hatte, als ob sie es absichtlich tat, sondern nur, weil sie gerade "im Weg" waren. Ich wundere mich, warum sie überhaupt mit Schuhen angereist ist. Vielleicht wohnt sie ja noch bei den Eltern, und Eltern können bezüglich barfuß manchmal sehr konservativ zu sein.

Gegen 18.00 Uhr verließ ich den Platz. Mein Weg führte mich auch durch die Zofinger Altstadt. Dort lief ein kleiner Junge barfuß auf dem Kopfsteinpflaster. Es war nicht etwa einer, der dort wohnte und nur mal eben rausgegangen war, sondern einer, der mit den Eltern unterwegs war. Der Vater trug Anzug und Krawatte, die Mutter einen Hosenanzug, lange Stiefel und einen leichten Mantel. Auch der Junge war ansonsten elegant mit langer Hose und Jacke gekleidet. Und das auffälligste: Lediglich die Mutter hatte eine kleine Handtasche dabei, in die höchstens ein Schuh Platz hat. War der Junge etwa ohne Schuhe gekommen? Er fiel unter den vielen Besuchern der Altstadt jedoch weniger auch als ich auf dem Fahrrad. Weil ich erwachsen bin und im Gegensatz zu Kindern nicht mehr barfuß sein "darf"? Oder weil ich ansonsten auch nicht "übermäßig winterlich" gekleidet war?

Schöne Grüße

Michael aus Zofingen


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