Interessantes für künftige Eltern (Hobby? Barfuß! 2)

Lothar, Stammposter, Sunday, 29.08.2004, 22:01 (vor 7335 Tagen)

Aus der Überlieferung wissen wir von Prozeduren mit Neugeborenen, die uns heute grausam anmuten: Das Neugeborene wurde in kaltem Wasser getauft, mit Schnee abgerieben, mit Salz bestreut, mit Fett eingerieben usw. Und das Neugeborene paßte sich diesen Bedingungen an. Der Organismus des Kindes verfügt über die verschiedensten Systeme, Anpassungs- und Schutzmechanismen. Wenn bei der Geburt z.B. die Temperaturen hoch sind, wird alles mobilisiert, was den Organismus vor Überhitzung bewahrt, sind sie zu niedrig, dann alles, was ihn vor Unterkühlung schützt; wenn es in natürlicher Umgebung geboren wird, schaltet sich das Immunsystem ein. Jedes Einschalten aber bedeutet Entwicklung, Vervollkommnung und Festigung.
Wer sein Kind bei einer Wassertemperatur von 37 °C badet, in sterile Windeln wickelt und ständig die Zimmertemperatur bei 33 bis 34 °C hält, beraubt es vieler Anpassungs- und Schutzmechanismen, die geschwächt werden oder sogar verkümmern. Anderthalb bis zwei Monate nach der Geburt sind dann für das Kind ein frischer Luftzug durchs Fenster, eine kalte Windel und unabgekochtes Wasser schon gefährlich.
Wir wußten das alles nicht, als wir unserem ersten Sohn gegen die Diathese helfen wollten. Wir versuchten es mit Salben, Umschlägen, Bestrahlung, Bluttransfusionen, Kräuterbädern. Nichts half. Aber wir bemerkten, daß es unserem Kleinen sofort besser ging, wenn es im Hause kalt war. Vor allem das Jucken hörte auf. Das Kind war lustig, bewegte sich gern und viel. Sobald wir es wärmer anzogen oder die Zimmertemperatur erhöhten, ging es ihm schlechter. Einmal im Winter trug die Mutter den Kleinen für einen Moment in den kalten Korridor hinaus. Sie selbst begann zu frösteln, der Sohn aber beruhigte sich schnell. Damit begann unsere unfreiwillige Abhärtung, unser Experiment.
Seine Geschwister mummten wir nicht mehr ein. Wir ließen sie schon am ersten Tag nach der Rückkehr meiner Frau aus dem Entbindungsheim, noch während der Stillperiode, drei bis vier Stunden am Tag statt der ärztlich empfohlenen 1-2 Minuten unbekleidet! Gewindelt wurden sie nur zum Schlafen, bei Frost trugen wir sie im Schlafsack ins Freie. Als die Kleinen zu krabbeln und zu laufen begannen, hatten sie im Sommer wie im Winter nur Schlüpfer an.

Wir erlaubten ihnen, barfuß zu gehen, zuerst zu Hause, dann auch draußen. Der älteste Sohn war gerade anderthalb Jahre alt, als er selbst barfuß im Schnee lief.
Sie werden fragen, ob wir keine Angst um die Kinder hatten? Wir hatten natürlich Angst. Wir waren aber auch intuitiv davon überzeugt, daß die Kälte, wenn sie den Kindern behagt, nicht gefährlich oder schädlich sein kann. Übrigens war diese wirksame Abhärtung vielen Völkern bekannt. An den Sohlen gibt es bedeutend mehr "Wärmepunkte" als an der übrigen Körperoberfläche, die augenblicklich auf Temperaturschwankungen reagieren und das Signal zum Einschalten aller wärmeregulierenden Systeme geben.
Die Kälte kann Arzt und Freund sein.

Als unsere Söhne älter wurden, wunderten wir uns, wie gern und wie lange sie sich ohne Mützen, Anoraks und Handschuhe im tauenden Märzschnee Kanäle gruben und Staudämme errichteten. Selbst die nassen Füße machten ihnen nichts aus.

Vollständiger Text unter http://chl-burkhardt.net/118/32.htm

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