Barfüßiger Urlaub in Tirol (Hobby? Barfuß! 2)

Markus U., Stammposter, Sunday, 29.08.2004, 17:56 (vor 7335 Tagen)

Hi zusammen,

Ich habe eine herrliche komplett barfüßige Woche Urlaub in Tirol verbracht. Zwar hatte ich "zur Sicherheit" auch Sandalen mitgenommen, aber diese haben - man schleppt ja oft unnötiges Zeugs mit sich rum - das Quartier in Kelchsau (südlich von Wörgl, Gemeinde Hopfgarten) nicht ein einziges Mal verlassen und wurden auch für Ausflüge nicht mitgenommen. Meine Partnerin Ute, mit der ich den Urlaub zusammen verbracht habe, war freilich die meiste Zeit beschuht (sie ist halt eine reine "Genuß- Barfüßerin", die nie ohne Schuhe ausgeht und diese nur kurzzeitig unterwegs auszieht; sie trägt sie dann in der Hand).
Am Montag kamen wir abends in Kelchsau an - wir waren erst kurz nach 10.00 Uhr vormittags aufgebrochen und machten unterwegs mehrere Pausen, darunter auch eine etwas längere in dem schönen fränkischen Städtchen Mainbernheim in der Nähe von Kitzingen, wo wir an der alten Stadtmauer mit ihren pittoresken Türmen und hineingebauten Fachwerkhäusern entlanggingen und die evangelische Kirche besichtigten.
Am Dienstag gingen wir nach dem Frühstück ein wenig durch den Ort, den Ute von früher kennt - sie war dort schon des öfteren in Urlaub gewesen und daher auch mit den Wirtsleuten gut bekannt - und gingen nach Besichtigung der barokken Dorfkirche oberhalb des Ortes einen leichten Weg durch Wald und Wiesen mit ein paar schönen natürlichen Aussichtspunkten. Der Boden war allermeist weicher Waldboden; auf den Wiesen gab es auch kurze Abschnitte mit grobem Schotter, denen ich nicht auswich - etwas Grobschotter eignet sich immer fürs Training! Mittags aßen wir in einem Landgasthof in Hopfgarten, obwohl Ute zunächst wegen meiner nicht vorhandenen Schuhe - ich hatte sie wie üblich gar nicht erst mitgenommebn, sondern im Quartier gelassen - Bedenken hatte. Tatsächlich hatten wir aber in keinem der von uns besuchten ländlichen Lokale deswegen Probleme - in Tirol leben, wie Franz (S) zu sagen pflegt, eben noch "richtige Menschen"! Nachmittags bummelten wir schließlich durch Wörgl, was aber nicht sehr genüßlich war, da es wie aus Eimern schüttete - barfuß zu gehen war da sehr praktisch, während diejenigen, die auf besockten Sandalenfüßen unterwegs waren, sämtlich nasse Sokken hatten.
Am Mittwoch machten wir bei herrlichem Sonnenschein einen Ausflug zu den Krimmler Wassrerfällen, wo ich 1989 schon einmal gewesen war, damals allerdings beschuht nur bis zu dem Hause oberhalb des mittleren Wasserfalles gelangt war. Diesmal bewältigte ich jedoch den ganzen Weg, der größtenteils aus feinem und mittelgrobem Schotter bestand, barfuß. An den Wasserfällen kamen uns sehr viele Menschen entgegen, die meisten freilich in fetten klobigen Schuhen, einige wenige auch sokkenlos in Sandalen; ein einziges junges Mädchen trug Flipflops und ein älterer Herr war wie ich barfuß unterwegs, hatte allerdings Sandalen an den Rucksack gebunden. Ich begegnete sehr vielen erstaunten Blikken, hörte aber nur eine einzige dumme bemerkung, als jemand sowas wie "Schuhe verloren" johlte. Diesmal übernahm es Ute, zu antworten: "Es gibt eben Leute, die überall barfuß laufen. So eine Kondition haben Sie nicht." Oberhalb der Krimmler Wasserfälle gingen wir dann weiter durch das Hochtal. Hier begegneten wir nur wenigen Menschen, wandelten dafür aber durch eine wahre Bilderbuch- Almlandschaft, wo der Weg teilweise aus weichem Boden und teilweise aus Grobschotter bestand. An einem kleinen, von einem Gebirgsquell durchflossenen Tümpel nahmen wir ein erfrischendes Fußbad in eiskaltem Wasser. Wir gingen bis zur Almhütte, kehrten aber nicht ein, weil wir noch vor Einbruch der Dunkelheit zurück sein wollten und Ute für den Rückweg etwa drei Stunden berechnete. Tatsächlich schafften wir den Rückweg aber in anderthalb Stunden, wobei ich öfters auf Ute warten mußte, die trotz ihrer Schuhe zu meinem Erstaunen viel langsamer war als ich.
Am Donnerstag war eine Wanderung oberhalb von Kelchsau geplant, aber leider regnete es in Strömen. Daher schrieben wir am Morgen unsere Postkarten und warfen sie vor dem Mittgessen in Hopfgarten beim Postamt in den Briefkasten. Während des Mittagessens klarte der Himmel zeitweilig auf, so daß wir zur Mautstelle oberhalb von Kelchsau fuhren und durch den "Kurzen Grund" wandelten. Leider setzte der Regen während unserer Wanderung wieder ein., so daß wir völlig durchnäßt wurden. Bis zur Wegscheid bestand der Weg aus Asphalt, so daß er nicht weiter schwierig war. An der Niederkaser Alm kaufte Ute sich Almkäse, während in der Wegscheid die Auswahl der Speisen infolge des Wetters eingeschränkt war. So nahm ich halt Leberkäs mit Bratkrtoffeln und Spiegelei, was auch lekker war, zumal die Wirtin mir einen Nachschlag an Bratkartoffeln anbot (sie wollte wohl ihre Pfanne zum Spülen ausleeren), welchen ich gern annahm. Danach gigen wir noch ein Stück durch den Wald Richtung Bamberger Hütte. Hier war der Boden naß und felsig, aber für mich, vielleicht auch infolge der Feuchtigkeit, erstaunlich gut zu bewältigen. Unfolge des Regens war der weg jedoch stellenweise zu einem kleinen Bach geworden. Nach einiger Zeit kehrte Ue um, weil ihre Schuhe durchnäßt waren, während ich weitergehen wolte. Allerdings srömte mir das Wasser immer stärker entgegen, je steiler der Weg wurde. Dieser war allerdings sehr schön, und ein Wasserfall kam in Sicht. Diesen erreichte ich jedoch nicht mehr, weil ein von links kommender Zufluß derart stark angeschwollen war, daß keinerlei Durchkommen mehr möglich oder zumindest gefährlich war. Nun mußte auch ich umkehren, wobei ich mich damit tröstete, daß ja auch der bisherige Weg schon ein ganz gutes Training für die Fußsohlen gewesen war.
Am Freitag war das Wetter wieder günstig, was wir für einen Ausflug zum Großglockner nutzten. An der Kassa von Ferleiten bekam ich einen Schrekken: 26,- € Maut für Pkw! Die Maut in Österreich gehört als Wegelagerei abgeschafft! Trotzdem zahlte ich unter lautem Murren (die Frau an der Kassa sollte wissen, was ich von der Maut halte), weil wir ja zum Großglockner wollten. Wir fuhren zunächst zur "Edelweißspitze", die sich als großer häßlicher Parkplatz auf einem Berggipfel herausstellte, von dem aus wir nichts sehen konnten, weil sämtliche Berge ringsum sich in Wolken gehüllt hatten. Wir fuhren also weiter und kamen in der "Hexenküche" selbst in eine dichte Nebelwand, die ebenso plötzlich wieder aufriß, wie sie gekommen war, und von da an hatten wir nur noch strahlenden Sonnenschein und klare Sicht. In der Nähe des "Hochtörl" war ein Parkplaz mit Felsen und einem Schneefeld in der Nähe, auf dem ich umherstapfte. Aber wie sollte ich wieder herunterkommen? Kurzerhand ging ich in die Hokke und rutschte so auf meinen Füßen abwärts. Zwei Holländerinnen, die mich dabei beobachteten, konnten es schier nicht fassen. Auf unserem weiteren Wege kamen wir an einem Schneemann in Form eines Hasen vorbei, den Ute fotografierte, nachdem wir ihn ein wenig ausgebessert hatten. Schließlich gelangten wir zur Franz- Josefs- Höhe und hatten den schönsten Blick auf den Großglockner. Auf dem Parkplatz trennten sich unsere Wege wieder vorübergehend: Ute entschied sich für den "Gamsgrubenweg", während ich den "Pasterzenbodenweg" hinunter zum Gletscher nahm. Obwohl dieser sehr steinig war, kam ich rascher als manch beschuhter Wanderer vorwärts. Unterwegs kam ich mit einem Herrn ins Gespräch, der wissen wollte, ob ich immer barfuß laufe oder nur "als Kontrast zu dem steinigen Wege". Als ich ihm sagte, daß ich immer barfuß laufe, lautete die nächste Frage, ob ich es auch im Winter täte, was ich bejahte. Über seine dritte Frage mußte ich freilich schmunzeln: Er wollte wissen, ob das etwas mit Hinduismus zu tun hätt, worauf ich mich zur Othodoxen kirche bekannte und ihm sagte, daß man barfuß eine unmittelbare Beziehung zum Boden und seiner Beschaffenheit hat, die dem Schuhträger fehlt. Schließlich wollte er noch wissen, ob das Barfußlaufen nicht schmerzhaft sei und wie ich selbst darauf gekommen sei. Auch das erzählte ich ihm und nannte ihm die Internetseite von "Hobby?Barfuß!"; dann ging jeder weiter. Danach überholte ich eine italienische Familie, die etwas von "senza scarpe" sagte (das andere habe ich nicht verstanden, weil ivch kein Italienisch kann). Am Gletscherrand endete die Wegmarkierung; ein Schild wies darauf hin, daß das Betreten des Gletschers auf eigene Gefahr erfolge. Also wandelte ich noch etwa 200 m auf den Gletscher hinaus, was freilich unangenehm war, denn der Firn des Gletschers fühlte sich an, als ginge man auf nadeln. Trotzdem lächelte ich alle, die mir entgegenkamen, fröhlich an und kehrte schließlich um. Für den Rückweg hinauf zur Franz- Josefs- Höhe brauchte ich allerdings wesentlich mehr Zeit als für den Abstieg zuvor, besonders auf dem letzten, besonders steilen Abschnitte. Ich mußte mich ab und zu auf einen Felsen setzen, weil mir schwindelig wurde, und mein Herz schlug infolge der Anstrengung viel schneller als sonst. Aber auch das meisterte ich, indem ich mir einen Wanderer ausguckte, von dem ich auf keinen Fall eingeholt werden wollte, und kam schließlich wieder auf dem Parkplatz an, wo Ute ebenfalls auf den vereinbarten Treffpunkt zukam. Danach beobachteten wir noch ein paar Murmeltiere und Alpendohlen in freier Wildbahn, und Ute erzählte, daß sie sogar Steinbökke gesehen habe. Dann machten wir uns auf den Rückweg, kamen rechtzeitig vor Einbruch der Dunkelheit wieder in Ferleiten an und fuhren zum Essen nach Zell am See, wo ich nach 28 Jahren wieder einmal Salzburger Nokkerln zum Nachtisch essen konnte.
Am Samstag mußten wir uns schließlich wieder auf den Heimweg machen, freilich mit Pausen in München, wo ich kurz bei mir "nach dem Rechten sah", und in Eßlingen, wo wir Franz (S) einen ebenfalls recht kurzen Besuch abstatteten. Spätabends waren wir dann wieder in Krefeld, und heute mittag traf ich daheim in Ratingen ein, wo ich mich nach dem Auspakken hinsetzte, um diesen Bericht zu schreiben! Barfuß in den Bergen ist es wunderschön!

Barfüßige Sommergrüße,
Markus U.


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