Und wieder ein paar Schritte weiter! (Hobby? Barfuß! 2)

Vesa Local, Tuesday, 27.07.2004, 09:06 (vor 7369 Tagen)

Hi, @all!

Endlich!
Endlich habe ich mal wieder die nötige Zeit gefunden, nicht nur zu stöbern und zu antworten, sondern endlich mal wieder von eigenen Erlebnissen zu berichten.

Klar kam es in der Vergangenheit immer mal wieder zu kleineren (und auch größeren :-) )Barfuß-Ausflügen und dann war auch mal wieder Regenwetter. heute sieht es auch noch nicht so toll aus. (In den letzten Tagen waren hier die Abende und Nächte(?) wirklich sonnig...

Die anderen Begebenheiten folgen in eigenen Hauptthemen. Ich weiß aus eigener Erfahrung, daß lange Beiträge schön zu lesen sind. Ich weiß aber auch, daß Texte, die von mehreren "Aktionen" berichten, auf mich persönlich überladen wirken. Darum meine "Event"-Aufteilung. :-)

Genug davon. Komme ich lieber zu dem, was ich einen Tag der vorletzten (oder letzten?) Woche verbracht habe.

Der Tag begann mit einem wolkenlosen Himmel. War heute der richtige Tag, um barfuß in die Innenstadt zu gehen? Die Geschäfte öffnen erst so spät, daß bei meinem Start schon Dunst zu sehen war. Ohne Notausrüstung habe ich mich wieder nicht getraut.

Ich habe in meinem ersten großen Bericht geschrieben: "...und los. Bitte keine Fragen dazu, wielange dieses ‚los' gedauert hat!"
Mittlerweile ist das "barfuß los" für mich kein großes Problem mehr. Mir kommt es jedoch immer noch auf das Wetter an und wo ich hin will. Es ist beinahe unglaublich, wie sich meine innere Einstellung in wenigen Wochen so derart geändert hat. Es ist nicht lange her, da hätte nur ein "Ja ja" für diejenigen übrig gehabt, die mir genau das vorhergesagt hätten!

Vor der Tür habe ich ein letztes mal überlegt, ob ich mich wirklich in die Innenstadt traue oder doch lieber nur eine kleine Tour in das nähergelegene EKZ mache. Ich bin dann ersteinmal in Richtung Stadt gegangen.

Bin ich unsichtbar? Sind die anderen blind?
Das waren meine Gedanken am Anfang. Ich kann mich nicht erinnern, auf der ersten Hälfte auch nur einen Blick eingefangen zu haben. Doch! Einen einzigen hat es gegeben. Und was für einen! "Da kam mir also so ganz cool so'ne aufgestylte - na wie alt wird sie gewesen sein - Anfang-zwanzig-jährige um die Ecke entgegen gestöckelt, hatte sich grad nen Stengel reingetan, wollte den wohl anzünden, sah mich, sah wieder auf ihre Arbeit und hat es dann gleichzeitig geschafft, sich fast den Kopf abzuschrauben und ihre Droge fallenzulassen!"
MEIN Gesicht hättet ihr da mal sehen sollen! ;-))

Je mehr ich mich der City näherte, desto "schlimmer" wurde es. Kein Wunder, denn dort waren natürlich auch mehr Menschen. Irgendwie aber immer noch sehr seltsam, denn wirklich niemand hat irgendetwas gesagt. Auch nicht die beiden Jungjugendlichen, die dicht hinter mir gingen.

Ich kam etwas zu früh bei meinem ersten Tagesziel an und habe überlegt, ob ich erst weiterbummel oder warte. Gegen das Weiterbummeln sprach meine geplante Rückreiseroute. Ich habe mich also auf eine Stufe gesetzt und gelesen.

Beim Wuseln durch die Gänge bin ich auch nicht weiter beachtet worden genausowenig wie in der Warteschlange. Ich habe noch nie soviel Desinteresse erfahren! ;-) Auf jeden Fall war es sehr angenehm, zur Abwechslung mal wieder glatten Boden unter den Füßen zu haben.

Die geschlossene leichte Bewölkung hatte mittlerweile die lange Sonne überholt, war aber noch so dünn, daß ein wenig Sonnenschein ankam. Ansonsten hätte mich bestimmt mein Restmut verlassen. So aber bin ich über die Haupteinkaufsstraße bis zum nächsten Geschäft gegangen. Viele Blicke, keine Kommentare. Dort angekommen habe ich eine Verkäuferin gefragt, ob sie mir helfen könne. Nachdem sie mir leider nicht helfen konnte, schaute sie ein zweites mal hin und fragte: "Sind Sie barfuß?" Ich habe auf diese Frage nur ein "Ja..." herausgebracht. Ich habe wirklich nicht gewußt, was ich dazu sagen sollte.
V.: "Sie sind ja mutig!" (Habe ich nicht soetwas schon einmal gehört?)
Ich: "Warum?"
Es folgt eine Zusammenfassungder nachfolgenden Unterhaltung (Premiere: Meiner ersten richtigen (Unterhaltung) mit einer mir unbekannten Person!).
V.: "So barfuß in der Stadt. Ich hätte immer Angst vor Scherben." (Erstunlich, wie sich die Ängste der Menschen ähneln!)
V: "Wie bekommen sie denn Ihre Füße wieder sauber? Abends ein langes Fußbad, nicht wahr?"
Ich: "Mit Wasser, Bürste und Seife.
V.: "Dann sparen sie ja auch die Schuhe."
Ich: "Ja schon. Aber ich brauche natürlich etwas mehr Seife."
V: "Ich gehe ja im Garten auch gerne barfuß."
Ich: "Sehen Sie?"
V: "Aber beim Rasenmähen ..." (gekürzt)
Ich: "Na, das ist ja auch etwas ganz anderes!"
V.: "Haben Sie Kinder?"
Ich: "Nein."
V.: "Aber wenn welche kommen, tun sie denen das auch an?" (Eine etwas unglückliche Formulierung.)
Ich: "Was?"
V.: "Naja, zwingen Sie sie dann, auch barfuß zu gehen?" (Ich kann die Sorgen aus den gegebenen - hier jedoch nicht erwähnten - Gründen absolut verstehen! Bitte an dieser Stelle auch keine Spekulationen darüber, um welche Gründe es sich handeln könnte. Ich werde mich nicht weiter dazu äußern. Nur soviel: Es sind keine Sorgen über Scherben oder sonstige "reintretbare" Dinge welcher Art auch immer. Schade nur, daß diese Sorgen auf andere (Kinder) übertragen werden!)
Ich: "Wenn sie das wollen, können sie. Und wenn sie nicht wollen, müssen sie nicht."
V: "Und dann laufen Sie von April bis September barfuß?"
Ich: "Es kommt auf das Wetter an. Und mal ist mir nach barfuß und dann auch mal wieder nicht. Ich stelle mir da keine Regeln auf. Dieses Jahr habe ich erst Mitte des Jahres richtig angefangen."
V: "Sie müssen ja schon eine ganz schöne Hornhaut haben!?"
Ich: "Ach, das geht noch."
V.: "Wann haben Sie sich denn angewöhnt, barfuß zu gehen?" (Ich vermute, sie meint "regelmäßig".)
Ich: "Letztes Jahr." (Das stimmt nicht ganz: Letztes Jahr habe ich wenige sporadische, räumlich begrenzte barfüßige Stunden erlebt. Erst in diesem Jahr habe ich mir einen Ruck gegeben. Die Bahntouren (innerhalb des Nahverkehrs) waren bisher das absolute Highlight!)
V.: "Dann werden Sie ja sicherlich häufig angeschaut?" (Sinngem.)
Ich: "Weniger als vermutet."
V. (lächelt): "Na, dann wünsche ich Ihnen noch viel Spaß und einen schönen Tag."
Ich: "Danke, Ihnen auch. Und das werde ich beides haben."

Der Himmel war schon dichter zugezogen. Von Sonnenschein konnte nicht mehr die Rede sein.
Dafür habe ich auf dem Rückweg alle Draußensitzer eines Restaurants zum Schweigen gebracht.
Irgendwie wieder "komisch": Das ist nicht "mein" Wetter. Andererseits (auch wenn ich mich wiederhole): MEIN Gesicht hättet ihr da mal sehen sollen! ;-))

Und wenig später habe ich dann meine Notausrüstung herangezogen. Schade! Aber ich hatte einfach nicht mehr die nötigen Nerven. Nicht bei dem Wetter. Außerdem möchte ich nicht, daß die Leute denken, ich müsse barfuß gehen, weil ich mir keine Schuhe leisten könne. In diesem Punkt mache ich mir sehr viele Gedanken über die Gedanken der anderen, denn ich will nicht Schuld daran sein, daß das Barfußgehen dadurch bei "denen" mit Negativem verbunden wird.

Zusammenfassung:
Ich finde, daß sich meine Grenzen heute wieder enorm verschoben haben.
Warum war ich der einzige, der ohne Schuhe an den Füßen unterwegs war? ("Oder wart Ihr immer gerade woanders?" ;-) )
Warum beschwere ich mich so häufig über mangelnde Reaktionen? Um alle wissen zu lassen, daß sich tatsächlich die wenigsten darum kümmern. Man selber macht sich darüber den größten Kopf!
Natürlich waren meine Nerven gespannt. Aber was solls? Schließlich habe ich heute "Neuland" betreten!

Viele Grüße
Vesa Local


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