Hobby? Spleen? Sucht? (Hobby? Barfuß! 2)

Andi35 @, Stammposter, Tuesday, 27.07.2004, 02:52 (vor 7369 Tagen) @ Walter

Letzthin hat in diesem Forum jemand die Frage gestellt, ob barfusslaufen tatsächlich ein Hobby sei. Hobby vielleicht nicht, aber Spleen? Oder vielleicht gar Sucht? Etwas, auf das man nicht mehr verzichten will oder kann? Wenn die nackten Füsse den Erdboden berühren, liefern eine Unzahl von Nervenenden, mit denen offensichtlich unsere sehr sensiblen Laufwerkzeuge bestückt sind, unterschiedliche Informationen sonder Zahl ans Gehirn. Das ist dann wohl das, was einen beim Barfusslaufen diesen "Kick" gibt, einen Kick, wie man ihn empfindet, wenn man im kalten Wasser oder bei Regen und Sturm schwimmt. Unter Umständen steigert man sich in eine eigentliche Euphorie hinein! Seinen Körper der Natur und ihren Kräften aussetzen, ihn bis an seine Grenzen fordern, kann süchtig machen. "Süchtig" möchte ich hier nicht negativ verstanden haben, wenigstens so lange nicht, als der Verstand noch rechtzeitig "Halt!" befehlen kann (und das ist zum Glück beim Barfusslaufen äusserst selten nötig!). Vielleicht ist auch ein bisschen Masochismus dabei, wenn man etwas schmerzvollere Meter immer noch als lustvoll empfindet. Und wie steht es mit dem Exhibitionismus? Die bewundernden oder spöttischen Blicke und Kommentare unserer Mitmenschen lassen doch etwas Neid vermuten. Und sind wir nicht etwas stolz auf unsere kräftigen, braungebrannten und widerstandsfähigen Füsse?
In meiner Jugend liefen die Kinder der Region, in der ich aufwuchs, vom Frühling bis zum Herbst barfuss. Für viele Eltern bedeutete dies, dass sie ihren schmalen Geldbeutel schonen konnten, weil ihre zahlreiche Kinderschar keine Schuhe brauchte. Für die Kinder besser betuchter Eltern war es dagegen Ehrensache, nicht als verzärtelte Sprösslinge zu gelten und deshalb die Schuhe im Frühling auch in die Ecke zu stellen. Zuerst wurde die Mutter bearbeitet, dass es nun höchste Zeit fürs Barfusslaufen sei, am Schluss sprach dann der Vater sein Machtwort, je nachdem im positiven oder negativen Sinn. Barfusslaufen war aber nicht nur Ehrensache, sondern auch Ausdruck von Freiheit. Damals trug man ja winters und sommers kurze Hosen (Buben) bzw. Röcke (Mädchen). Im Winter kamen dazu die handgestrickten Wollstrümpfe, die entweder durch ein blutstauendes Gummiband oder von einem Folterwerkzeug, im Schweizer Dialekt "Gstältli" genannt, am Platz gehalten wurden. Dieses Gstältli engte den Oberkörper ein und musste jeden Morgen am Rücken mühsam geknöpft, am Abend entknöpft werden. Konnte man im Frühling auf dieses Objekt verzichten, so war das reine Freiheit! So verbinde ich Barfusslaufen auch heute noch mit "Freiwerden" und "Freisein", womit wir dann unserm Hobby, Spleen, Sucht auch noch eine höhere philosophische Weihe gegeben haben!

Hallo Walter!
Also ich bin der Meinung, dass das Barfugehen keine Sucht (auch nicht im positiven Sinne) und auch kein Spleen ist, es wird nur leider immer wieder von intolleranten Mitmenschen als spleenig dagestellt! Es ist eben einfach ein schönes Gefühl, das nicht zuletzt nur aus dem Grund, den Du genannt hast, nämlich den vielen Nerven, die das Empfinden des Bodenkontaktes in den Füßen verstärken, so. Wenn man jemand barfuß gehen sieht, dann hat das eine "ansteckende" Wirkung und wie Du schriebst, wird es auch oft mit neidischen Blicken begutachtet, da Viele es selbst gerne tun würden, den Mut dazu aber nicht haben. "Anstecken" lassen sich nur Die, die den Mut aufbringen, wenn es ihnen jemand "vormacht", das konnte ich schon sehr häufig beobachten, als ich barfuß ging, es waren allerdings meistens Frauen, ab und zu, aber viel seltener, auch Männer. Ich bin auch Deiner Meinung, dass man es gerne Anderen zeigt, dass man barfuß ist (ich allerdings nicht überall) und man sieht es auch gerne, wenn eine andere Person barfuß geht. Das sind bei Männern eben in der Regel die Frauen. Nicht selten kann man hier im Forum und auch ganz allgemein die Erfahrung machen, dass viele Männer den Anblick schöner Frauenfüße z.B. in Flip-Flops sehr erotisch finden. Ich erwähne das nicht gerne in diesem Forum, da ich hier kein Ärgernis schüren will, aber ich bin fest davon überzeugt und weiß es aus Erfahrung, dass die "Schwelle" zwischen "gerne barfuß gehen" und dem erotischen Gefühl dabei, nur sehr klein ist. Viele wollen das bloß nicht wahrhaben, da sie befürchten, sie seien dann nicht "normal", da sie sich dann nicht der "Norm" angepasst fühlen, also verdrängen sie es. Darum wird dieses Thema auch häufig "totgeschwiegen" und ich denke, dass auch Viele aus diesem Grund barfuß gehen, weil es einfach gewisse Reize hervorruft. Was ich weniger glaube ist, dass es etwas mit Masochismus zu tun hat, wie Du schriebst, denn keiner, den ich kenne (auch nicht hier im Forum), möchte Schmerzen erleiden beim Barfußgehen. Sie sind höchstens stolz darauf, viele Untergründe, die einem ungeübten Barfüßer weh tun, ohne Schmerzen überstehen zu können und darüber gehen, als sei es Asphalt oder ein Untergrund in dieser Art. Aber wie auch immer, ich werde es tun, wann und wo ich Lust dazu habe und ich persönlich, das schrieb ich hier auch schon ein paar Mal, liebe ein gewisses Prickeln und sogar eine leichte Aufregung, wenn ich barfuß unterwegs bin! ;-)
Einen lieben Gruß von Andi!


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