Morgens drei Uhr. Ich liege wache, es ist heiss. Vorsichtig, um niemanden zu wecken, schleiche ich aus dem Haus und fahre bis zu einem Parkplatz im Wald. Nur mit Laufshorts und Pullover bekleidet, trete ich auf den kiesigen Platz. Ein Natursträsschen zieht sich in den Wald hinein. In der mondlosen Nacht verraten nur das weisse Band des Strässchens und der helle Himmelsstreifen zwischen den Bäumen die Richtung. Die nackten Füsse sind ein präzises Tastinstrument. Fühle ich die feinen, dürren Tannnadeln, so bin ich am Strassenrand und muss, je nachdem, nach links oder rechts korrigieren. Als ich mehr ahne als sehe, dass ich am richtigen Ort bin, taste ich mich von der Strasse weg nach rechts zwischen die Bäume hinein. Auch hier orten die Füsse Baumwurzeln, Steine und Löcher dazwischen. Doch schon öffnet sich der Wald und der dunkle Bergsee breitet sich aus. Rasch entledige ich mich der restlichen Kleider und gleite in das kühle Wasser. Einige modrige Baumstämme sind noch zu überwinden, dann kann ich mich der Schwerelosigkeit übergeben. Links und rechts heben sich die schwarzen Tannen vom Himmel ab, die von mir verursachten Wellen glitzern im spärlichen Licht der Sterne. Nach zehn Minuten treten die Bäume näher zusammen, ein grosser Block streift mich während ich darüber hinwegschwimme, ein Ast eines versunkenen Baumes kratzt mich quer über den Körper, die Aeste der Büsche am Ufer schliessen sich über mir und ich ertaste das Ufer: Das Seeende ist erreicht. Ich mache mich auf den Rückweg und erreiche schliesslich die kleine Bucht zwischen zwei grossen Blöcken, vor der aus ich gestartet bin. Da ich noch nicht völlig ausgekühlt bin, packe ich die Kleider in mein Rucksäcklein und geniesse die frische Morgenluft. Die Füsse vertauschen das Streicheln des Wassers mit dem weichen Waldboden und schliesslich mit den harten Steinchen der Strasse. Eine Ahnung von Morgenlicht lässt nun auch einige Meter Sicht zu. Bald verrät mir der grobe Schotter des Parkplatzes, dass meine frühmorgendliche Barfusswanderung zu Ende ist.

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