Kürzlich wurde mein freitäglicher Stammtisch zum 45. Geburtstag eines Mitgliedes nach Hause eingeladen. Da ich den Gastgeber nicht so gut kannte, war ich mir kleidungstechnisch ziemlich unsicher und wagte es dann doch nicht barfuss zu erscheinen, was sich im Nachhinein als großer Fehler herausstellte. Die Damenwelt des Stammtisches war wie ich eigentlich erwartete äußerst elegant gekleidet und mit modischen Schuhen erschienen; aber Gastgeber und seine Familie und Freunde waren äußerst legär gekleidet.

Um dem Alkohol zusprechen zu können, fuhr ich mit dem Bus dorthin und wartete auf die Bushaltestelle mit dem Straßennamen wo er wohnte; nur der Bus den ich genommen hatte, hatte eine andere Linienführung und kreuzte die Straße und die Haltestelle wo ich hätte aussteigen müssen hatte einen anderen Namen, so dass ich viel zu spät ausstieg und ein großes Stück zurücklaufen musste. Da ich auch noch zu spät dran war, musste ich mich mächtig beeilen und das verkrafteten meine Schuhe nicht, die schon längere Zeit ihr Dasein in einem Schrank gefristet hatten.
Die Weichgummisohlen nahmen Schaden, was ich zwar bemerkte aber das Ausmass war mir nicht klar, sonst hätte ich mich vor der Wohnung der Schuhe entledigt. Ich setzte mich also auf eine Couch und von da an begannen die Sohlen meiner Schuhe sich aufzulösen und verursachten eine mächtige Sauerei. Ich versuchte mich nicht zu bewegen, ließ mich bedienen, versuchte große Stücke vom Boden möglichst unbemerkt aufzuheben und hoffte, dass mein Missgeschick niemand bemerken würde.
Lange Zeit ging das auch gut; aber so nach vier Stunden wurde das Problem bemerkt und ich war mächtig blamiert.
Das ich nicht barfuss war, war umso ärgerlicher weil der Mann, der neben mir sass und der beste Freund des Gastgebers war sich seiner Schuhe entledigt hatte und den Rest des Abends barfuss verbrachte; allerdings erst nachdem seine holde Frau und seine beiden Buben die Wohnung verlassen hatten und nach Hause gegangen waren.

Als ich mir dann zu Hause meine Schuhe betrachte, war bei beiden Schuhen ungefähr die Hälfte der Sohle nicht mehr vorhanden; es sah so aus, als ob ich in irgendeine Säure getreten wäre, und sich danach die Sohlen äuflösten; zurück blieb auf dem Teppich ein Häuflein Gummipulver ungefähr so, wie Brikettstaub zurückbleibt wenn man die in den Keller schüttet und dann aufstapelt.

Ich hätte nie geglaubt, dass es so was geben kann.

Außerdem überlege ich, ob ich es wagen kann nach dieser Blamage am Freitag wieder beim Stammtisch zu erscheinen; am besten dann barfuss.

Lothar