Eltern sowie Kleidung einst und jetuzt (Hobby? Barfuß! 2)

Markus U., Stammposter, Monday, 21.06.2004, 17:17 (vor 7405 Tagen) @ Michael aus Zofingen

Hi Michael!

"Freut mich daß Du das Barfußlaufen zumindest in deiner Wohnung durchgesetzt hast. Nach diesem ersten Streit werden sich deine Eltern sicher schnell dran gewöhnt haben. Auch dein Vater scheint ja sehr auf deiner Seite zu stehen."
Ob er wirklich auf meiner Seite steht oder ob er es nur um des lieben Friedens Willens macht, sei mal dahingestellt. Er glaubte zwar an den Gesundheitsaspekt und er findet es gut, wenn ich etwas am Seeufer barfuß laufe. Aber beim Radfahren soll ich es lieber lassen. Ich habe ihm nicht erzählt, daß ich auch schon öffentliche Verkehrsmittel einmal fahrlässig, einmal vorsätzlich benutzt habe.

Du brauchst Deinen Eltern ja nicht alles zu erzählen;-)) Aber daß sie Dich beim Barfußlaufen "ertappt" haben und Du auch dazu stehen kannst, find' ich gut. :-)))

"Deinem Vater muß man es sehr positiv anrechnen daß er zu Dir hält. Und hattest Du nicht geschrieben er wäre Schuhmacher ? Er hätte ja auch auf Dir rumhacken können. Ohne deinen Vater wäre der Streit wohl anders ausgegangen."
Mein Vater hat nach dem 2. Weltkrieg eine Schuhmacherlehre angefangen, ursprünglich war geplant, daß er mal die Schuhmacherwerkstatt seines Vaters übernehmen sollte. Er entschloß sich aber, in eine Baufirma als Baggerführer einzutreten, damit konnte man in dieser Zeit mehr verdienen (z.B. Trümmerräumung, Deutschland war ja kaputtgebombt). Hätten mein Vater und meine Mutter gemeinsame Sache gemacht, so wäre der Streit zweifellos anders abgelaufen. NIE wäre es aber soweit gekommen, daß sie gleich wieder abgereist wären.

Naja, dann ist das Ganze ja nochmal gut gegangen. Ich kann es freilich nicht nachvollziehen, daß Deine Barfüßigkeit gewissermaßen den Anlaß für einen Streit Deiner Eltern untereinander war. Ob solcher Verhältnisse wundert es mich nicht, daß ein Besuch Deiner Eltern eine Ernüchterung für Dich bedeutet. Jedenfalls wird Deine Mutter sich jetzt wohl daran gewöhnen müssen, daß Du nach Deinen eigenen Regeln und nicht mehr nach den ihrigen lebst.

"Brauchst Dich nicht zu entschuldigen daß Du im Auto nicht barfuß warst aber ein Anfang ist ja gemacht und wie oben gesagt werden sich deine Eltern (und vor allem deine Mutter) schon dran gewöhnen daß Du eigenen Lebensstil und Ansichten entwickelst, wozu auch gehört barfuß zu laufen wenn einem danach ist und dies vor allem in der Schweiz wo dies ja nach den aktuellen Berichten z.B. in den Schulen üblicher als hier in Deutschland ist ;-) "
Aus dem Schulalter bin ich ziemlich lange heraus. Wenn ich die Schulen der Schweiz in der Jetztzeit und die in Deutschland (Norddeutschland) zu meiner Schulzeit vergleiche, würde der Vergleich hinken. Schweiz und Schweiz ist auch ein Unterschied, vielleicht müßte ich mal nach Lungern fahren, gerade dort soll das Barfußlaufen an Schulen zumindest "nicht unüblich" sein. Barfüßige Schüler habe ich bisher nur auf dem Sportplatz beobachtet, nie auf dem Schulweg. Ob sie in der Klasse barfuß rumlaufen, kann ich nicht sagen, weil ich bisher erst einmal einen Schulunterricht beobachtet habe (Berufsschule, wo unsere Laborantenlehrlinge ausgebildet werden). Alle trugen Schuhe, dabei war es bei einer Außentemperatur von 10°C sicher nicht zu kalt zum Barfußlaufen. Allerdings sieht man recht häufig Schüler in Sandalen (oder auch Turn- bzw. Halbschuhen) ohne Socken, bei Mädchen häufiger, aber bei Jungen auch nicht selten. Zu meiner Schulzeit gingen Jungen grundsätzlich mit Socken oder Kniestrümpfen zur Schule, Mädchen verzichteten nur selten auf die Bestrumpfung. Auffällig ist auch, daß früher an den Schulen mehr das "Soll-Wetter" als das "Ist-Wetter" eine Rolle spielt. Wir Jungen mußten immer zum gleichen Zeitpunkt im Frühjahr kurze Hosen anziehen, egal wie warm es war. Im Herbst mußten wir wieder die langen Hosen anziehen, auch dann, wenn der Altweibersommer lange andauerte. Entsprechende "Gesetzte" galten auch beim Wechsel von Kniestrümpfen auf Socken. Auch bei den Mädchen (sie trugen praktisch nie Hosen) gab es solche Gesetze, wann die Strumpfhose fällig ist. Es war undenkbar, daß ein Junge an einem verregneten Sommertag bei 13°C lange Hosen anzog. Vielleicht hing es damit zusammen, daß damals viele Haushalte noch mit der Hand waschen mußten.

Zu meiner Grundschulzeit (1973 - 1977) herrschten solche "Regeln" nicht mehr; freilich hatten meine Eltern auch, solange ich denken kann, eine Waschmaschine; mit der Hand wurde bei uns nur selten gewaschen, wenn etwa ein bestimmtes Kleidungsstück ganz schnell sauber werden mußte und es sich nicht lohnte, dafür eigens die Waschmaschine anzustellen. Ich kann mich aber noch gut daran erinnern, daß damals im Sommer kurze Hosen (und bei den Mädchen knielange Rökke) in Verbindung mit Kniestrümpfen bzw. Sokken und Sandalen die allgemeine Kleidung für die Schule waren. Auch ich trug damals (und noch eine geraume Zeit danach) im Sommer "selbstverständlich" kurze Hosen; erst als ich ungefähr 15 Jahre alt war und allmählich begann, in puncto Kleidung einen eigenen Geschmack zu entwikkeln, lehnte ich kurze Hosen als Kinderkleidung ab und habe dementsprechend seitdem auch keine mehr angezogen.
Wenn ich alte Fotos aus den siebziger Jahren des vorigen Jahrhunderts betrachte, so kann ich mich im Nachhinein nur kopfschüttelnd darüber wundern, wie wir damals rumgelaufen sind, ohne was dabei zu finden.

Wenn ein Winter-Kleidungsstück erst mal eingemottet war, wäre es zuviel Aufwand gewesen, es wieder hervorzuholen, nur einen Tag zu tragen und dann wieder zu waschen und wegzulegen.

Meine Freundin Ute trägt noch heute Ende April oder Anfang Mai alle Wintersachen in den Keller und die Sommersachen in ihren Kleiderschrank, und Ende September die Sommersachen nach unten und die Wintersachen nach oben. Auch ihr ist es zu umständlich, einzelne "Wintersachen" im Sommer oder im umgekehrten Falle "Sommersachen" im Winter hervorzuholen. Bei mir finden solche Umräumaktionen nicht statt; ich möchte unabhängig von der Jahreszeit die Sachen anziehen, die ich gerade tragen will.

Heute, wo eine Waschmaschine kein Luxus ist, wird die Kleidung halt noch einmal gewaschen. Heute ist es nichts außergewöhnliches, daß eine Schülerin bei 30°C mit langer Hose und langärmeligen Pullover und Flipflops zur Schule geht, um dann am nächsten Tag, bei 13°C und Regen in Minirock und ärmellosen Top, dafür aber mit Halbschuhen und Socken zu erscheinen. Nachvollziehen kann ich es nicht.

Ich auch nicht.

Aber bin ich manchmal nicht genauso. Vielleicht wundert sich ein Mensch, der mich auf dem Fahrrad beobachtet, daß ich manchmal im Hochsommer Krawatte, lange Hosen, Halbschuhe und Socken trage, im November dagegen manchmal barfuß in T-Shirt und kurzen Hosen unterwegs bin. Der glaubt sicher, ich spinne - und übersieht dabei, daß ich im ersten Fall "nur" zur Arbeit fahre, im zweiten dagegen zum Vergnügen.

Ist doch egal - die Leute denken sowieso, was sie denken wollen, und recht machen kann man es im Zweifel sowieso niemandem. Es lohnt sich also nicht, darüber nachzudenken.

Barfüßige Sommergrüße,
Markus U.


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