Kneipp und der Papalagi (Hobby? Barfuß! 2)

Eugen, Stammposter, Wednesday, 16.06.2004, 18:26 (vor 7410 Tagen) @ Lothar

Hallo Lothar,

den Original-Kneipp zu lesen ist ja immer wieder ein Genuß. Aber die Realität sieht anders aus -- ja auf offiziellen kommerziellen Kneipp-Seiten wird das ursprünglich von Kneipp empfohlene Barfußlaufen gänzlich verschwiegen (bringt ja auch kein Geld).

Es gibt in der Literatur des beginnenden 20. Jahrhunderts nach Kneipp ein anderes Buch, welches sich über den "zivilisierten" Menschen in teilweise satirischer Art lustig macht: Der Papalagi,Die Reden des Südseehäuptlings Tuiavii aus Tiavea, geschrieben von Erich Scheurmann(dtv-Verlag, bastei-lübbe Verlag).

Diese Reden sind allerdings nur fiktive Reden eines Südseehäuptlings, denn sie sind von Scheurmann, der selbst für 1 Jahr auf Samoa lebte, als Kritik an der europäischen Zivilisation zusammengestellt worden.

Betreff des Barfußlaufens oder auch nicht gibt es da die Stelle :

Die Füße endlich bekommen noch eine weiche und eine ganz feste Haut. Die weiche ist zumeist dehnbar und paßt sich dem Fuße schön an, um so weniger die feste. Sie ist aus dem Felle eines starken Tieres, welches solange in Wasser getaucht, mit Messern geschabt, geschlagen und an die Sonne gehalten wird, bis es ganz hart ist. Hieraus baut der Papalagi dann eine Art hochrandiges Canoe, gerade groß genug, um einen Fuß aufzunehmen. Ein Canoe für den linken und eines für den rechten Fuß. Diese Fußschiffe werden mit Stricken und Widerhaken fest am Fußgelenk verschnürt und verknotet, so daß die Füße in einem festen Gehäuse liegen wie der Leib einer Seeschnecke. Diese Fußhäute trägt der Papalagi von Sonnenaufgang bis zum Sonnenuntergang, er geht darin auf Malaga und tanzt darin, er trägt sie und ob es auch heiß sei wie nach einem Tropenregen. Weil dies sehr unnatürlich ist, wie der Weiße wohl merkt, und weil es die Füße macht, als seien sie tot und begännen
bereits zu stinken,und weil tatsächlich die meisten europäischen Füße nicht mehr greifen oder an einer Palme emporklettern können - deshalb sucht der Papalagi seine Torheit zu verbergen, indem er die Haut dieses Tieres, die an sich rot ist, mit viel Schmutz bedeckt, welchem er durch viel Reiben Glanz verleiht, so daß die Augen die Blendung nicht mehr vertragen können und sich abwenden müssen. Es lebte einmal ein Papalagi in Europa, der berühmt wurde, zu dem viele Menschen kamen, weil er ihnen sagte: 'Es ist nicht gut, daß ihr so enge und schwere Häute an den Füßen tragt, geht barfuß unter dem Himmel,
solange der Tau der Nacht den Rasen bedeckt, und alle Krankheit wird von euch weichen.' Dieser Mann war sehr gesund und klug; aber man hat über ihn gelächelt und ihn bald vergessen.

Der letzte Teil meint sicherlich den Pfarrer Kneipp.

Man kann sich nur wünschen, daß insbesondere Eltern gerade heute entdecken, was für Fußfesseln sie ihren Kindern manchmal zumuten.

Gruß Eugen


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