I did just the same (Hobby? Barfuß! 2)

VesaLocal, Friday, 11.06.2004, 12:49 (vor 7411 Tagen)

Hi @all!

Ich habe es "geschafft"! Und jeder, der über diese erste öffentliche Erfahrung sagt "alles easy", dem kann ich nur in aller Deutlichkeit beglückwünschen! Diese Aussage birgt aber auch ein großes Risiko. Was ist denn, wenn es für Neulinge - egal welchen Geschlechts - das erste mal nicht so toll "läuft"? Ich bin kein Psychologe, sage aber trotzdem überzeugt, daß ein Erlebnis, das von den "Betroffenen" selber als "Blamage" empfunden wird, - die möglichen Gründe sind später aufgeschrieben - nicht nur eine Abneigung gegen das Erlebte, sondern einen regelrechten Haß darauf hervorrufen kann, so daß sich wiederum vielleicht irgendjemand blamiert fühlt, usw. Und das kann und ist - ich weiß es, denn ich gehöre auch seit Anfang des Jahres zu den stillen (passiven?) Konsumenten, die vor einiger Zeit von irgend jemandem so tituliert worden sind - nicht Ziel dieses Forums.

Verurteilt nicht die heute Passiven. Denn das sind die unterstützenden Aktiven von morgen!
Laßt auch sie sich hier Anregungen und Mut holen. Ich gehöre nun wirklich nicht zu den "Ständigen", und ich weiß auch nicht, ob das (gerade) mein Ziel ist.

Angefangen hat alles bei mir mit den Worten: "Nun zieh Dir endlich Deine Schuhe über!" An dieser Stelle einen schönen Gruß an mein Elterhaus: Ihr habt genau das Gegenteil von dem erreicht, was ihr wolltet.

Ich fange am besten bei meinen heimlichen Ausflügen an. Aber wozu? Die meisten, die hier posten, kennen dieses bedrückende Gefühl aus eigener Erfahrung, oder? Und wohl auch die "Passiven"? An euch irgendwo da draußen: Ihr seid auf dem besten Wege! Es kann eine Ewigkeit in Anspruch nehmen. Aber ihr lest in diesem Forum. Ein wichtiger(?) Schritt ist getan. Oder aber ihr gehört zu den Bemitleidenswerten und wollt nur von euren eigenen Komplexen mit "Angriff ist die beste Verteidigung" ablenken, indem ihr hier rummüllt. In Richtung der "Trolle": "Macht ruhig! Ihr habt mich auf da draußen vorbereitet. Danke!" An die Admins: "Schmeißt solche Beiträge weiterhin einfach raus. Oder sammelt sie, wenn ihr noch Platz habt. Ein Best Of gibt es hier ja auch. ;-)" Wieder an die "Passiven": "Laßt euch nicht entmutigen! Es gibt immer welche, denen nicht in den Kram paßt, was ihr gerade macht. Und wenn es immer welche von der Sorte gibt, dann macht doch gleich, was ihr wollt!"

Dann ist vielleicht noch zu schreiben, daß ich meine ersten Stadt-Erfahrungen inkl. der Öffentlichen Verkehrsmittel im letzten Jahr gemacht habe. Irre! Ganz schön merkwürdig. Wer hat hier gepostet "der Angstschweiß beim ersten mal ist nicht zu verachten"? Stimmt! In gewissen Maße. Aus lauter Aufregung ist keine Zeit zum Schwitzen. Super auch diese Erkenntnis im Zug zu sitzen und rein gar nichts an seinem "Outfit" mit der "Notausrüstung" ändern zu können, ohne daß man sich dann wirklich der gesammelten Ausfmerksamkeit sicher sein kann. Man kann nicht einfach weg. Am Anfang echt hart! Ich bin jedoch froh, diese Situation mehr als einmal - Zugegeben: Bisher nur in Begleitung. - mitgenommen zu haben. Erst beim zweiten mal flüsterte ein Typ seiner Tussi etwas zu. Die verzog das Gesicht und schaute zu mir rüber. Was solls, ich lebe noch und habe mich nicht sonderlich beeinflussen lassen. Aber zugegeben: blöd war es schon ein wenig.
Als Zusammenfassung ist zu schreiben: Der Sommer 2003 ist zuwenig genutzt worden. Jedenfalls von mir.

Tip für Neulinge: Nehmt ein Fahrrad mit. Dann seid ihr nicht ganz "schutzlos", weil ihr jederzeit wegfahren könnt. Wenn ihr das geschafft habt, schiebt. "Gründe dafür" gibt es genug.

Letzens habe ich mir auch diese Hilfe mitgenommen. Diese Tour begann "mit", was sich in einem Park aber schnell änderte. Eigentlich darf man Räder noch nicht einmal mit rein nehmen. Aber einige fahren dort unbehelligt, so daß ich nur wegen der Mitnahme mit keinem Ärger gerechnet habe.
Spannend wurde es, als ich sehr spät nachmittags auf dem Weg in die Uni zu einem Treffen in relativ kleiner Runde war. Kein Seminar und keine Vorlesung. Ich habe nichts genaues mitbekommen. Aber ich glaube, da flog der erste dumme Spruch an meinem Kopf vorbei. Von irgendeinem Typen an einem Tisch und "sein Bierchen" vor sich. Ich fuhr weiter auf das Uni-Gelände, schloß das Rad ab und ließ die Gelegenheit verstreichen, irgendetwas zu verändern. "Oh, je! So viele Leute." Zu spät. Weiter. Das gute Wetter hat unterstützt. Auch hier keine weiteren "Unangenehmlichkeiten". Irgendwie war so eine gewisse Schwelle längst "überschritten". Auf dem Rückweg rein in einen Laden, ein paar Sachen eingekauft und weiter nach Hause.

Ein paar Tage später begann eine kleine Tour erst wieder "mit", was sich aber wiederum in einem Park schnell änderte. Der Weg zum Wochenmarkt war nicht weit aber die Unsicherheit war riesig. Fast hätte ich aufgegeben. Das Wetter war auch nicht mehr so toll. In dem Moment habe ich mich etwas vom Zwang des wolkenlosen Himmels gelöst. Was für eine große "Enttäuschung". Ich habe keine Unterschiede bemerkt. Den nächsten Schritt habe ich später am selben Tag dann auch gewagt. Mit Notausrüstung aber "ohne" los. Die ersten Schritte waren die "schlimmsten". Aber nichts weiter, außer einer noch größeren "Enttäuschung" und ungenutzer Notausrüstung.

Wieder ein paar Tage später: Großeinkaufstag. "Oh, je!" Augen zu, Notausrüstung nehmen und los. Bitte keine Fragen dazu, wielange dieses "los" gedauert hat! Zur Unterstützung war der Himmel wolkenlos. Keine "Enttäuschungen" an diesem Tag! Blicke, Blicke und noch mehr Blicke. Am Anfang doch sehr verunsichernd, später nicht mehr so. Zwischendurch war ich so in Gedanken versunken, so daß ich mir über alles mögliche welche gemacht habe, nur nicht mehr über das naheliegendste. Vorbildlichkeit in allen Geschäften: Ich wurde nirgendwo abgewiesen und überall geduldig beraten.
Ein erster kleiner Dämpfer kam als "der eine Südländer zu dem anderen" in der Muttersprache(?) so etwas wie "Schau mal!" sagte. Der Sinn ergab sich aus der Reaktion. Da es ja nun bekannt ist, daß einige Bevölkerungsgruppen der Welt noch ihren sozialen Stand am Anzug messen, so wie in Deutschland am Auto gemessen wird, war es mir egal. Auf dem Rückweg kam mir eine Gruppe Jung-Jugendlicher entgegen, die irgendetwas zu kichern und lachen hatten. Und natürlich war auch eine eine lächerlich-machen-wollende Bemerkung aus der Richtung nicht zu vermeiden. Das Verhalten aller anderen war mal wieder "enttäuschend". Zur inneren Aufgabe war es so schon viel zu spät. Auch wenn sich mittlerweile auch wieder mal einige Wolken am Himmel befanden.
Toller Tag. Ich habe mich nur über meine stauraumfressende Notausrüstung geärgert. Und ich habe mich doch etwas gewundert, daß ich alleine war. Ich bin in diese Richtung sehr optimistisch!

Ich habe keine Ahnung, wieviele innere selbst aufgebaute Barrieren ich in diesen Tagen niedergewalzt habe. Ich weß auch nicht, ob sie sich nicht wieder langsam aufbauen und ich jedes Jahr neu damit zu ringen habe. Eventuell. Aber warum soll etwas unmöglich werden? Weil ich älter werde? Warum soll ich noch mehr Zeit mit solchen Gedanken verschwenden? Oder: Warum soll ich jetzt noch mehr Zeit verwenden? "I did just the same", ich habe es auch getan. Danke an dieses Forum und alle(!) Beteiligten.

Vieles ist schon eingeflossen. Einiges möchte ich aber noch (wiederholt) an diejenigen die dieses lesen und "ich weiß nicht so genau" denken gerne loswerden.
Die Gedanken darüber, was andere denken und sagen könnten, blockiert.
Die ersten Schritte sind die schwersten. Wer weiß nicht, was Annonymität ist und was nicht? Zu Beginn sind Gedanken über die "lieben Nachbarn" unvermeidbar. Fangt an einem warmen Tag an. Dann ist die Antwort auf viele Überlegungen "Na und?" Gar keine Begegnungen sind zwar das Angenehmste aber die sind ebenfalls nie und nirgendwo vermeidbar. "Komisch" ist es bei wenigen Personen, werden es mehr, verschwindet man in der Masse.
Rüstet euch mit Notausrüstung. Ihr werdet sie eher nicht brauchen. Aber es ist ein beruhigendes Gefühl zu wissen, sich "anpassen" zu können, wenn es gar nicht mehr anders geht. Die ersten male ist es ein starker Nervenkrieg. Ich bin auch noch nicht "ganz ohne" aufgebrochen.
Einiges hier ließt sich unerreichbar. Und das bleibt es auch, wenn nicht irgendwann angefangen wird. Wie schnell die Ziele erreicht werden, hängt von vielen Dingen ab und sich dabei mehr Streß auszusetzen als verkraftbar, ist überhaupt nicht gut. Denn gestreßt werdet ihr genug sein. Fangt nicht im Straßenverkehr an. Es kann sein, daß am Anfang ein gewisser "Tunnelblick" vorkommt! Keine Sorge. Der dauert nicht so sehr lange.
Jeder hat seinen eigenen Einstieg. Ob langsam oder schnell, wo und wo nicht und wie und zu welchen Gelegenheiten muß jeder selber herausfinden. Eine "Schritt-für-Schritt"-Anleitung kann dieses nicht sein.
Zu schreiben, daß alles überhaupt keim Problem ist, kann ich nicht. Hinterher kann man sich selber "Und?" fragen und "Warum schon nicht viel früher?" Antwort: Weil die innere Überzeugung nicht da war. Aber nun ist sie es. Und "Begründungen" für sich selber und "Entschuldigungen" für die Umwelt werden immer überflüssiger. Oft gelesen, kaum geglaubt, aber schon jetzt zu bestätigen!

Grüße aus dem mit Regen verwöhnten Norden Deutschlands

I did just the same

RainerL @, Stammposter, Friday, 11.06.2004, 13:42 (vor 7411 Tagen) @ VesaLocal

Hallo VesaLocal,

Dank Dir für deinen schönen Bericht und herzlich Willkommen im Forum !
Hat mich an meine Anfangszeit erinnert und warum das so ist daß man diese Ängste hat barfuß zu laufen weiß ich auch nicht. Vermutlich liegt es einerseits daran daß man dann zu einer Minderheit gehört (haben Menschen die sich die Haare erstmals bunt färben auch diese Ängste dann so auf die Straße zu gehen ?) und andererseits daran daß man ein Tabu bricht indem man mit nackten Füßen statt mit angezogenen Füßen (beschuht) auf die Straße geht. Vielleicht schwirren einem in diesen Momenten Gedanken durch den Kopf wie "Die denken Du bist ein Spinner" "Da kann man sich erkälten" "Da kann man sich verletzen" usw.
Teilweise begründete, teilweise unbegründete Gedanken und die Umwelt ist ja oft toleranter als man es sich vorstellt. Schön daß Du es geschafft hast dein Bedürfnis nach dem Barfußlaufen zu realisieren. Ich wünsche noch vielen "Passiven" den Mut dazu, denn es lohnt sich da es ja Spaß macht und zudem gesund ist ;-)

Grüße aus dem mit Regen verwöhnten Norden Deutschlands

Wo wohnst Du denn, bin auch aus dem Norden

Barfüßige sommerliche Grüße
Rainer L.

I did just the same

Barfussjan, Stammposter, Friday, 11.06.2004, 18:21 (vor 7411 Tagen) @ VesaLocal

Hallo VesaLocal,

erst mal herzlich willkommen hier, Dein Bericht hat mich sehr beeindruckt, weil zum barfussgehen gehört es einfach dazu, sich und auch seine Gefühle dazu ehrlich zeigen zu können, und Du hast es jetzt gemacht, einfach klasse!

..nicht nur eine Abneigung gegen das Erlebte, sondern einen regelrechten Haß darauf hervorrufen kann, so daß sich wiederum vielleicht irgendjemand blamiert fühlt, usw. Und das kann und ist - ich weiß es, denn ich gehöre auch seit Anfang des Jahres zu den stillen (passiven?) Konsumenten, die vor einiger Zeit von irgend jemandem so tituliert worden sind - nicht Ziel dieses Forums.

Das mit den "passiven Konsumenten" habe ich geschrieben, am 03.Mai unter der Überschrift "abwartende Kommunikation - passiv bis zum abwinken".. und am 04. Mai in Ermangelung von Reaktionen durch mich selbst beantwortet mit "hey downloaders" - genau so gut hätte ich auch jemandem auf der Strasse sagen können, was schaust Du denn so, zieh' Dir doch lieber selber Deine Schuhe aus - insbesondere wenn man im vorbeigehen ein "oh, ich würde auch sooo gerne barfuss gehen" mitbekommt. Ich kann's dann (leider?) aber auch nicht bleiben lassen, mal nachzufragen auf was man denn jetzt noch wartet. Wenn's dann dort auch nach einem "jetzt mach's schon endlich" immer noch in Schuhen weitergeht, bin ich bisher davon ausgegangen dass die betreffende Person ja dann wohl gar nicht wirklich barfuss gehen will.

Verurteilt nicht die heute Passiven. Denn das sind die unterstützenden Aktiven von morgen! >Laßt auch sie sich hier Anregungen und Mut holen.

Gerne motiviere ich Andere zum barfussgehen und habe vorhin noch einmal meine o.g. Beiträge gelesen - genauso gut hätte ich wohl Nichtschwimmer dazu auffordern können, vom 10-Meterbrett zu springen. Sorry dafür, das war von mir gut gemeint aber wohl total geflopt. Schön aber trotzdem, dass Du es erwähnt hast, weil jetzt "we did just the same" - talking about barefoot. Danke dafür!

Gruß
Barfussjan

I did just the same

Lorenz, Stammposter, Friday, 11.06.2004, 22:15 (vor 7411 Tagen) @ VesaLocal

Ich habe keine Ahnung, wieviele innere selbst aufgebaute Barrieren ich in diesen Tagen niedergewalzt habe. Ich weiß auch nicht, ob sie sich nicht wieder langsam aufbauen und ich jedes Jahr neu damit zu ringen habe. Eventuell. Aber warum soll etwas unmöglich werden? Weil ich älter werde? .......

Mir gelingt es mit dem Älterwerden immer mehr, so zu leben, wie ich leben möchte. In der Jugend macht man eine Phase durch, in der man vor allem Anerkennung und Schutz in der Gemeinschaft sucht. Da entscheidet man kaum nach den eigenen Bedürfnissen -- man trägt dieselbe Kleidung und Schuhe, hört dieselbe Musik, äußert dieselbe Meinung wie die anderen.

Aber irgendwann lebt man sein eigenes Leben, setzt sich die Maßstäbe selbst -- und wenn man z.B. am Barfußgehen Spaß hat, geht man eben barfuß! Erwachsensein heißt selbst entscheiden. Und mit dem Älterwerden sollte man immer klarer wissen, wie man leben will!

Mach's gut und unbeschuht, Lorenz

Wo bleibt der richtige Sommer?

VesaLocal, Wednesday, 16.06.2004, 13:44 (vor 7406 Tagen) @ VesaLocal

Vielen Dank für die Willkommensgrüße! :-)

Es ist schon so lange her. Das Wetter spielt verrückt. Ich beneide die Leute in Süddeutschland. Dort ist wenigstens Sommer! Hier im Norden (Ich möchte erst noch anonym bleiben.) sind gerade mal 15°! Wenn ich schon nicht mehr einen total blauen Himmel brauche, sollte es schon ein wenig wärmer sein. So eine Woche war ich "beschuht"! :-(( Ich habe mir das falsche Jahr zum "Durchsetzen" ausgewählt!??

Nun erst mal lesen, was es bei euch neues gibt.
Grüße
VesaLocal

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