Meine Erlebnisse am Wochenende (Hobby? Barfuß! 2)

Markus U., Stammposter, Wednesday, 26.05.2004, 16:13 (vor 7431 Tagen) @ Franz (S)

Hi Franz!

Herzlichen Dank für Deinen einerseits herrlichen und andererseits nachdenklichen Bericht!

Ich weiß auch nicht: diese Knaben scheinen sicherlich nicht gerade sehr ausgelastet zu sein, wenn sie nichts anderes als saufen und rauchen im Kopf haben und dabei auch noch andere unbeteiligte Personen blöd anmachen. Am Besten läßt man solche Individuen links liegen, was allerdings nicht immer so einfach ist. Ich selbst kann dabei sehr schnell ausrasten, wenn mir die Anmacherei und dummen Sprüche zu viel werden - unbeachtet der Gefahr, daß ich sie u.U. noch provozieren könnte. In der Gruppe sind sie sowieso die Allerstärksten und undeutsch ausgedrückt "cool", aber sind sie alleine, dann sieht die Lage schon wesentlich anders aus.

Ich habe mir einfach den Weg zwischen diesen Gestalten hindurch gebahnt, ohne irgendwas zu sagen, denn Besoffene sind, zumal in der Mehrzahl, bekanntlich unberechenbar, und da möchte ich als Einzelner eine Konfrontation, in deren Verlauf ich möglicherweise verletzt werde, lieber vermeiden. Aber daß solche Menschen sich im allgemeinen nur in der Rotte stark fühlen, ist schon richtig.

Trauriger Trend...

So ist die heutige Jugend leider.

Auf dem Weg zur S- Bahn am Hauptbahnhof erlebte ich eine angenehme Überraschung: Ganz unverhofft traf ich nach Jahren einen Freund wieder, den ich aus den Augen verloren hatte, nachdem er für mehrere Monate nach Amerika gegangen war.

Das war natürlich eine schöne Überraschung für Dich. Wie hält er es eigentlich mit Barfuß?

Er läuft nicht barfuß; bei der Begegnung am Stuttgarter Hauptbahnhof trug er braune Sandalen und schwarze Sokken. Er ist zehn Jahre jünger als ich und ein strenggläubiger orthodoxer Christ mit einem sehr guten Herzen.

Als wir schließlich in Esslingen ankamen, war Franz (S) gerade wach geworden. Er war sehr überrascht, als wir plötzlich vor seiner Tür standen, doch die Überraschung verwandelte sich schnell in Freude über unseren Besuch.

Euer lieber Besuch hatte mich zunächst wirklich sehr überrascht, aber die Freude war umso größer. Nach meinen Zeitungstouren war ich natürlich noch am Schlafen, als Ihr beiden an meine Tür geklopft hattet. Einen weiteren positiven Nebeneffekt hatte Euer Klopfen auch noch: ich hatte meine Wecker gestellt, da ich auch noch einkaufen wollte, den Wecker aber nicht hörte.

Wir hatten beide gedacht, daß wir Dir mit unserem Besuch eine Freude machen.

Wir saßen lange gemütlich zusammen, bis Dominik plötzlich einfiel, daß seine Frendin ihm eine Einkaufsliste mitgegeben hatte. Also wandelten wir zum Aldi, wo sich jeder das kaufte, was er brauchte (ich nahm mir nur ein Pakkerl Erdbeeren mit).

Die zwei Packerln Erdbeeren ließ ich mir am Montag schmecken. Natürlich teilte ich sie mit meinen barfüßigen Schildkröten, denen es auch gut geschmeckt hatte. Dabei dachte ich an unser schönes, aber leider zu kurzes Treffen zurück.

Ich ließ mir mein Pakkerl Erdbeeren am Sonntag schmekken und dachte dabei ebenfalls an unser leider viel zu kurzes Treffen.

Es stellte sich jedoch heraus, daß dieser ICE irgendwo stekkengeblieben war und mehrere Stunden Verspätung haben würde. Die Deutsche Bahn AG hatte daher in aller Eile einen Ersatzzug aus lauter IC- Wagen 1. Klasse zusammengestellt, die jedoch auch mit Fahrkarten 2. Klasse benutzt werden durften. Leider gab es keinen Speisewagen, was mir überhaupt nicht behagte.

Oje, da war die Heimfahrt alles andere als schön und angenehm!
Der Service der "Deutschen Bahn" wird auch immer mieser, wobei die Gebühren natürlich immer höher steigen.

Das stimmt; ein Speisewagen hätte schon sein müssen. Dafür hatte der Ersatzzug freilich "nur" zehn Minuten Verspätung.

Noch viel weniger behagen mir die Kontrollen irgendwelcher Zivilfahnder, die vorzugsweise zwischen Ulm und Augsburg stattfinden. Diemal hatte ich es mit besonders unangenehmen Zivilfahndern vom Bundesgrenzschutz zu tun. Die beiden stiegen in Ulm ein und nahmen scheinheilig Platz, bis der zug sich in Bewegung setzte. Danach kamen sie zielstrebig auf mich zu, hielten mir ihren Ausweis unter die Nase. Zuerst wollten sie meinen Personalausweis sehen.

Das darf ja wohl nicht wahr sein! Diese Schikane kann man ja schon als Verletzung der menschlichen Würde (Art. 1 GG) bezeichnen!
Da sieht man wieder einmal, daß die Welt sich nur durch Vorurteilen leiten läßt. Barfuß bedeutet also in den Augen derer, daß man kriminell und bekifft ist und obendrein die Bahn betrügt, indem man sich die Leistung erschleicht. Da mußt Du Dir ja wirklich blöd vorgekommen sein, vor allem auch durch die Glotzerei der anderen Passagiere. Ich glaube, ich wäre hier ausgerastet und hätte ihnen angedroht, eine Dienstaufsichtsbeschwerde einzulegen.

Ich weiß nicht, ob so eine Dienstaufsichtsbeschwerde Aussicht auf Erfolg hat; zudem kenne ich die Namen der Zivilfahnder nicht (ich hatte allerdings auch nicht darnach gefragt). Wahrscheinlich wird die Dienstaufsichtsbeschwerde irgenwo abgeheftet, und am Ende wird man selber als Querulant abgestempelt. In unserem Staate geht es ja bekanntlich schon lange nicht mehr mit rechten Dingen zu.
Mit Blikken anderer Fahrgäste hatte ich dagegen kaum Probleme, da der Wagen fast leer war.

Einmalig! Nun hätte es noch gefehlt, daß einer mit einer geladenen Waffe auf Dich gezielt hätte, während sein Kollege Dich schikanierte.
Die sollen doch lieber die rauchenden und saufenden Jugendlichen filzen, denn dort ist vielleicht eher etwas zu finden (reine Hypothese!).

Ja, da hätten sie wahrscheinlich was gefunden. Aber an so eine Rotte halbstarker Jugendlicher trauen die sich ja nicht ran, sondern belästigen lieber einzelne.

Da ich mir als Anwalt kein Ermittlungsverfahren wegen Widerstandes gegen Vollstrekkungsbeamte leisten kann, gab ich unter Protest nach. Einer dieser Blödmänner wollte sogar wissen, ob ich barfuß unterwegs sei. "Das ist doch offensichtlich", antwortete ich, "oder haben Sie bei Ihrer völlig blödsinnigen Durchsuchungsaktion etwa Schuhe entdeckt?"

Das ist ja zum Schießen! Ich hätte ihm vielleicht sogar geantwortet, daß ich meine neuen Schuhe anhabe, welche wie nackte Füße aussehen.
Das darf ja wohl nicht wahr sein!!! So eine dämliche Frage habe ich ja wirklich noch nie gehört!

Ja, ich war auch erstaunt ob solch einer törichten FRage!

Schließlich fand derjenige, der den Inhalt meiner Geldbörse inspizierte (was ich ganz besonders wenig leiden kann), meinen Anwaltsausweis. Prompt lautete die nächste Frage, ob ich auch barfuß vor Gericht auftrete. "Ja freilich", gab ich zur Antwort, "so etwas spricht sich unter den Mandanten rasch herum, sorgt für Neugier und sichert mir den nötigen Bekanntheitsgrad."

Dies war wirklich die beste Antwort auf diese dämliche Frage.

Das entspricht zwar überhaupt nicht der Wahrheit (es käme mir nie ernsthaft in den Sinn, barfuß vor Gericht aufzutreten), aber manche Fragen sind so dämlich, daß derjenige, der sie stellt, geradezu darnach schreit, veräppelt zu werden. Als die beiden Blödmänner schließlich von mir abließen, konnte ich mir die Bemerkung nicht verkneifen: "Sie werden nie etwas finden, wenn Sie Ihre Zeit lieber damit verbringen, unbescholtene Bürger zu belästigen, statt die wirklich Schuldigen, welche kaum mit dem Zug reisen, zu suchen."

Eben, das ist es ja. Da solche Leute kein Einfühlungsvermögen besitzen, werden wohl immer unbescholtene Bürger, welche auch noch brav ihre Steuern zahlen (wovon auch die Bezüge dieser Beamten bezahlt werden) von denen belästigt werden. So etwas ist ja schon Körperverletzung.

Wenn jemand in meiner Geldbörse rumwühlt, wünsche ich mir wirklich, ich hätte eine Waffe. Solche Fahnder können ja auf alle möglichen Gedanken kommen und mir beispielsweise unter dem Vorwand, ich sei des Besitzes von Falschgeld verdächtig, mein Geld klauen. Zuzutrauen ist denenja alles, aber nichts Gutes!

Den Sonntag verbrachte ich ruhiger; bei heiterer, wenngleich kühler Witterung machte mir ein Spaziergang durch die Münchener Innenstadt einschließlich Restaurantbesuch (völlig unproblematisch) Freude. In der Kaufinger Straße hörte ich aber dann eine Amerikanerin kreischen: "Look at this man! He doesn't wear shoes! He's crazy!" Was solls. Daß Amerikaner ein problematisches Verhältnis zu ihrem Körper haben und auch sonst allzu häufig denkbar weit vom Boden der Tatsachen entfernt sind, kann man in diesem Forum öfters nachlesen.

Die Amerikanerin muß auch eine schnelle Auffassungsgabe besessen haben. Ob der typische "American way of life" so optimal ist, mag ich ernsthaft bezweifeln, vor allem wenn ich an deren "fast-food" - Ketten
und die daraus resultierende Fettleibigkeit vieler Amerikaner denke.

in meinem Land kann ich indessen rumlaufen, wie ich will (auch barfuß), ohne daß irgendwelche Amerikanerinnen es mir verbieten könnten.

So sieht es aus.

Ich bin wirklich froh, daß ich nicht im barfußfeindlichen und sektiererischen Amerika lebe.

Barfüßige Maigrüße,
besonders an Franz (S) und Dominik,
Markus U.

Herzliche Barfußgrüße zurück an die Isar - Metropole München,
wo ich auch wieder gerne hinfahren möchte
Franz

Ebenfalls herliche Barfußgrüße,
Markus U.

P. S. Pfingsten werde ich in Ratingen verbringen.

Übrigens: danke an dieser Stelle für die Reaktionen auf meinen
Beitrag bzgl. Beschwerden. Ich werde heute oder morgen noch näher darauf eingehen.


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