Kontrollen im Zug (Hobby? Barfuß! 2)

Michael aus Zofingen @, Stammposter, Wednesday, 26.05.2004, 07:18 (vor 7431 Tagen) @ Markus U.

Hallo Markus,
als ich las, wie Du im Zug von den Polizisten schikaniert wurdest, mußte ich einfach antworten, obwohl mein Fall nicht mehr allzu viel mit "barfuß" zu tun hat, wenn man von der Tatsache absieht, daß ich wenigstens keine Socken anhatte und im Zug die Wanderschuhe kurzzeitig auszog, um Blätter und ähnliches zu entfernen. Ich hatte vor Jahren an einem quasigeschäftlichen Anlaß an der Uni Oldenburg teilgenommen. Am nächsten Tag (es war ein Freitag) wollte ich von dort aus eine Wanderung unternehmen und erst am Samstag mit dem Zug in die Schweiz zurückreisen. Für die Wanderung verschwanden Anzug, Krawatte und Socken im riesigen Rucksack und in üblicher Wanderkleidung führte mich der Weg meist am Ufer der Hunte entlang bis zum Poggenpohlmoor. Die Wege waren hartgefroren und es wehte ein starker Ostwind. Im Moor fand ich einen Platz zum Übernachten, aber gut schlafen konnte ich nicht, es war immerhin erst Anfang Februar. Ich machte mir sogar Gedanken, ob ich die Nacht überleben werde. Mühsam war es auch, morgens aus dem Schlafsack zu steigen, die kalten Wanderschuhe, die draußen standen, über die bloßen anzuziehen, mit den klammen Fingern die Schnürbänder zuzubinden und zu guter Letzt noch den Schlafsack in den mit Rauhreif überzogenen Rucksack zu verstauen.
Als ich gegen 10.30 Uhr am Bahnhof Huntlosen war, zeigte das Thermometer im noch -4°C. Aber der blaue Triebwagen der Nordwstbahn nach Osnabrück war geheizt, so daß ich auftaute. Die Fahrgäste registrierten erst als ich die Jacke auszog und darunter statt Wollpullover nur ein T-Shirt hervorkam, daß ich auch unterhalb der Gürtellinie nicht übermäßig winterlich angezogen war. In Cloppenburg betraten zwei Polizisten den Zug. Sie sprachen mit einem Fahrgast, der mit dem Finger in meine Richtung zeigte. Die Beamten gingen an mir vorbei und setzten sich hinten in den Wagen. In Osnabrück verließ ich den Zug, die Beamten folgten mir. Ausgerechnet an einer Stelle, wo der Wind besonders pfiff und auch die ersten Schneeflocken hingelangten, hielten sie mich an. Ich mußte den Rucksack öffnen, sämtliche Papiere zeigen usw. Sogar die Jacke (nicht aber die Schuhe) mußte ich ausziehen, damit sie sie untersuchen konnten. Sie fragten, wo ich herkam, wo ich hinwollte, begriffen gar nichts. Nach einer Viertelstunde waren sie fertig mit mir. Der ältere sagte zu mir: "So wie Sie hier herumlaufen, ist es in Deutschland nicht verboten. Da wir auch sonst nichts verdächtiges gefunden haben, müssen wir Sie leider laufen lassen. In den USA hätte man Sie auf der Stelle festgenommen." Der jüngere, etwas freundlichere Beamte meinte: "Ich habe gesehen, daß Sie auch wärmere Kleidung dabei haben. Ziehen Sie sich bitte um, wenn Sie weiterreisen!" Ich verließ die Beamten und schritt zum anderen Bahnsteig, wo bereits der Anschlußzug wartete. Kleidung wechseln, wo ich jetzt nur noch warme Züge vor mir hatte sowie einen Kilometer Fahrradstrecke vom Bahnhof nach Hause? Ohne mich! Ärger mit der Obrigkeit bekam ich nicht mehr. Mit Polizisten kam ich nicht mehr in Kontakt, und Schaffner sind humaner. Auch mit Zöllnern hatte ich keinen Ärger.

Mit kopfschüttelnden Grüßen
Michael aus Zofingen

PS: Mein Übernachten im Moor bei Temperaturen deutlich unter dem Gefrierpunkt war sicher bodenloser Leichtsinn!


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