Vorgestern am Rhein (Hobby? Barfuß! 2)

kris, Saturday, 22.05.2004, 14:10 (vor 7435 Tagen)

Hallo zusammen!

Endlich kann sogar ich nicht mehr an mich halten und schreibe hier auch mal einen Text.
Aber bevor ich von meinem vorgestrigen Erlebnis berichte, möchte ich mich erstmal kurz vorstellen, da ich bisher erst einmal mich kurz zu Wort gemeldet habe. Ich hoffe, ich schaffe es auch, mich kurz zu fassen. In den Personalien möchte ich mich (noch) nicht verewigen, da ich noch vielfältige andere Interessen habe und mich nicht ausgerechnet da wiederfinden (bzw. gefunden werden) will.
Ich bin 35 Jahre alt, komme aus Köln und bin zur Zeit Fachinformatiker auf Stellensuche. Ich laufe seit meinem 16. Lebensjahr gelegentlich barfuß und mein persönlicher "Rekord" liegt bei 10 vollen Tagen ununterbrochener Barfüßigkeit (die 2 Tage, an denen ich die Schuhe aus- bzw. wieder anzog, nicht mitgerechnet) vor 10 Jahren- selbstredend ohne dabei die ganze Zeit in der Bude zu hocken. Diesen Rekord habe ich aus verschiedenen Gründen vorher und nachher höchstens mehr oder weniger knapp verfehlt, aber nie mehr erreicht geschweige denn gebrochen. Ich weiß, für viele von Euch ist das nichts Besonderes, aber mir ist das in Erinnerung geblieben.
Zu Beginn meiner "Laufbahn" bin ich ausser ohne Schuhe auch noch ohne Brille draussen herumgelaufen, bevorzugt auf wenig bevölkerten Wegen, in der Hoffnung, man erkennt mich nicht sofort. Dies führte zu völlig überflüssigen Verletzungen. Irgendwann sah ich ein, dass das dämlich und irrational ist, 1. weil es nichts nützt und 2. weil es egal ist, ob man mich erkennt oder nicht. Wie in diesen Forum schon des Öfteren geäussert, sollte man sich selbst nicht so wichtig nehmen.
Regelmäßiger (stiller) Mitleser dieses Forums bin ich seit etwa 1-2 Jahren.
Dieses Jahr bin erstmals Mitte März draussen barfuß gelaufen, als zumindest mein Thermometer zum 1. Mal 20° anzeigte. Schon als ich vor die Tür trat, hatte ich eigentlich keine Lust mehr. So warm sei es doch noch gar nicht,sagte ich mir in dem Moment, und auf die Blicke, an die ich mich jedes Jahr neu gewöhnen muss, da ich zwischen meinen "Barfußphasen" stets längere Pausen lasse, hatte ich auch keinen Bock. Ausserdem wollte ich auch noch so zu einem kleinen Laden, um meine Druckerpatronen auffüllen zu lassen. Ich "hielt dann doch durch", und die einzige Bemerkung, die darauf hätte schließen lassen können, dass der Typ im Laden meine Barfüßigkeit überhaupt registriert hatte, war: "Schönes Wetter draussen, was? Und ich muss hier drinnen hocken." Danach ging ich noch ein wenig weiter und setzte mich irgendwann an eine Grünfläche auf eine Parbank und blieb dort etwa 1 Stunde. Insgesamt ein recht netter Tag, an dem ich froh war, meinem 1. Impuls, umzukehren und Schuhe zu holen, nicht gefolgt zu sein.
Angeregt durch dieses Forum dachte ich mir irgendwann, dass es vielleicht nicht ausreicht, sich von der Wohnung bis zur nächsten Parkbank in einem Park oder an den Rhein zu begeben, sondern wie früher, und zwar freiwillig, eine längere Strecke zu wandern. Sehr weit bin ich bisher nicht gekommen, da die Blicke nicht das einzige sind, an das ich mich jedes Jahr neu gewöhnen muss.
Nachdem ich in den letzten Tagen ständig mit Schuhen herumlaufen musste, ebenso wie gestern (nicht nur des Wetters wegen), freute ich mich am Himmelsfahrtstag auf einen vollen Tag ohne solche, also mindestens von 0 bis 24 Uhr am Donnerstag. Um es vorwegzunehmen: das habe ich geschafft. Ich hatte mir vorgenommen, von meiner Wohnung in Deutz in Richtung Süden zu den Poller Wiesen am rechtsheinischen Ufer zu gehen (für die, die sich in Köln auskennen). Um 10 Uhr stand ich auf, und schaffte es um 10 vor 11 bei knapp 20° aus dem Haus zu kommen. Nicht genau wissend, wie weit ich nach Süden gehen würde, stand für mich nur fest, dass ich nicht mit der Strassenbahn entlang des Rheins fahren würde, und so ging ich neben dieser Straßenbahnstrecke her. Ich wollte mal schauen, wie weit mich die bloßen Füße tragen, es ging erstaunlich gut, bisher hatte ich meinen Ausflug noch nicht bereut. Schließlich kam ich an den Bahndamm, der zur Südbrücke führte, einer Eisenbahnbrücke über den Rhein, und ging neben diesem in Richtung Poller Wiesen. Da hätte allerdings noch ein bischen weiter südlich hinter den Damm laufen sollen, denn der "Bürgersteig" an der Stelle war alles andere als barfußtauglich. Nachdem ich auch das überstanden hatte, war ich schließlich auf den Poller Wiesen, suchte mir möglichst nah am Ufer einen Platz aus, rutschte prompt, als ich kurz die Füße in den Rhein tauchen wollte (was sowieso unvernünftig ist), auf den nassen Steinen aus und fiel halb in den Rhein, was mir die Klamotten versaute. Ansonsten durfte ich Zeuge einer Art Rosenmontagszug mehrerer Tauchclubs sein , die sich in Tauchanzügen im Wasser und auf geschmückten Schlauchbooten mit der Strömung und viel kölscher Stimmungsmucke treiben ließen (kein Witz) und scheinbar Spaß hatten. Ausserdem konnte ich bei nur gelegentlich von Wolken unterbrochenen strahlendem Sonnenschein die mehr oder weniger schönen Menschen auf der Wiese beobachten, sah eine barfüßige Mutter mit ihrem nackten kleinen Sohn entlang des Rheins spazieren gehen (als einzige ausser mir ohne Schuhe dabeizuhaben), las ein wenig Zeitung, schlief etwas in der Sonne, ließ die Kleider am Leib von der Wärme trocknen und ging, als ich gegen halb 3 Hunger bekam und es mir ausserdem alleine zu langweilig wurde, wieder nach Hause, früher als ich ursprünglich vorhatte. Ein schöner Tag, auch danach noch. Das einzige, was ich im Nachhinein vielleicht bereue, ist, dass ich nicht länger am Rhein geblieben bin. Während der ganzen Zeit nicht eine Bemerkung zu mir wegen meiner Schuhlosigkeit, weder positiv noch negativ, obwohl ich auch ausserhalb der Wiesen auf viele Menschen traf, alle ausnahmslos beschuht, höchstens verwunderte Blicke. Es hatte so wenig Aufsehen erregt, dass ich mich auf dem Nachhauseweg, als mich eine junge Dame etwas verwirrt ansah, zunächst fragte, wieso, bis es mir wieder einfiel. Der vorgestrige Tag, wie auch das lange Mitlesen dieses Forums und noch andere Faktoren haben meinen Entschluss bestärkt, die Zeiten der Barfüßigkeit in Zukunft soweit wie möglich auszudehnen, bis ich vielleicht irgendwann ganz auf Schuhe verzichten kann. Wichtiger ist natürlich, dass ich bald einen Job finde, und wenn sowas dann dort nicht akzeptiert wird, muss ich mich natürlich daran halten, weil es nun mal Dinge gibt, die noch wichtiger sind als die Freiheit, barfuß laufen zu können.

Sorry, dass es doch etwas länger geworden ist, und schöne Grüße,

Kris


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