Franz von Assisi und weitere barfüßige Orden (Hobby? Barfuß! 2)

Markus U., Stammposter, Friday, 23.04.2004, 09:57 (vor 7465 Tagen) @ steveh

Hi steveh!

Andererseits war Barfusslaufen in geschlossenen Räumen in der Antike (Römer und Griechen) auch nicht so selten. Sandalen wurden auf der Strasse getragen wegen des Schmutzes und der harten Steine.
Aber der Franz von Assisi ist ein Heiliger von dem überliefert ist dass er, ursprünglich ein reicher italienischer Geschäftsmann, als Zeichen seines extrem einfachen Lebens fortan meist barfuss war.
Und sicherlich deswegen versuchen heute Pilger auf den letzten paar Kilometern Marsch nach Assisi, dies nachzuahmen.

Im Mittelalter konnten sich viele arme Leute keine Schuhe leisten und mußten daher das ganze Jahr über barfuß gehen; Schuhe waren ein Zeichen von Reichtum. Daß der hl. Franz von Assisi die Schuhe auszog, um für den Rest seines Lebens barfuß zu gehen (er erschien auch barfüßig sowohl vor dem Papst als auch später vor dem Sultan von Ägypten), hatte mit seiner Liebe zur Armut (die er im Stile damaliger Minnesänger als "edle Frau Armut" bezeichnete, welcher er hingebungsvolle Hymnen dichtete) und seiner gelebten Solidarität mit den Armen zu tun. Er wollte wie sie nichts besitzen außer einer groben Kutte, um seine Blöße zu bedekken, keine feste Behausung haben, und sein Brot an den Türen der Reichen erbetteln. Auch von seinen Brüdern verlangte er, daß sie so zu leben hätten.
Doch bereits kurze Zeit nach seinem Tode, als sich sein Orden schon ziemlich weit in Europa ausgebreitet hatte, machten sich Aufweichungstendenzen breit (unter anderem waren etliche Brüder nicht mehr bereit, barfuß zu gehen), und es kam um 1230 zum "Armutsstreit", der den Franziskanerorden in mehrere Zweige (Observanten, Minoriten und Kapuziner) zerriß. Dennoch war das Barfußgehen in der ersten Zeit des Ordens gewissermaßen zu einem "Markenzeichen" der Franziskaner, die man in den folgenden Jahrhunderten als "Barfüßer" bezeichnete, obwohl sie schon längst nicht mehr barfuß gingen. Die "Milderungen" kamen auch hier schrittweise: Erst waren Sandalen erlaubt, dann Sokken, schließlich geschlossene Schuhe mit Sokken. Barfüßige Franziskaner heute? Fehlanzeige! "Ein Geistlicher tut so etwas nicht", würde es wohl heißen.

Einige andere Heilige waren auch Mönche, und in einigen Orden wurden vielleicht auch als "Zeichen des Verzichts" in geschlossenen Räumen keine Schuhe getragen (?).

Darüber kann ich nichts bestimmtes sagen, zumal ich weder Mönch noch römisch- katholisch bin, aber ich weiß, daß es außer den frühen Franziskanern auch noch andere Ordensgemeinschaften gab, in denen das Barfußgehen üblich war, nämliche bei den Unbeschuhte Karmeliten, wo im 16. Jh. der hl. Johannes vom Kreuz für den männlichen und die hl. Teresa de Ávila für den weiblichen Zweig das Barfußgehen einführte. Dieses stieß schon damals nicht bei allen Brüdern und Schwestern auf ungeteiltes Wohlgefallen, was schließlich auch zur baldigen Teilung des Ordens in einen beschuhten und einen unbeschuhten Zweig führte. Doch auch bei den "unbeschuhten" Karmeliten wurde das Barfußlaufen mehr und mehr eingeschränkt mit der Folge, daß die heutigen "unbeschuhten" Karmeliten tatsächlich beschuht sind.

Ein weiterer Orden, zu dessen Regel das Barfußgehen gehörte, sind schließlich die Kamaldulenser. Da das Verbreitungsgebiet dieses Ordens heute nur noch auf Italien begrenzt ist und es sich um einen sehr strengen Orden handelt, könnte es sein, daß die Kamaldulenser oder vielleicht einige von ihnen auch heute noch barfuß gehen, aber dazu kann ich nichts sagen. Vielleicht wissen unsere italienischen Barfußfreunde hier besser Bescheid?

Es ist jedenfalls sehr schade, daß barfüßige Mönche offensichtlich früheren Jahrhunderten angehörten und heute nicht mehr vorkommen dürften.

Etwas melancholische, aber nichtsdestotrotz barfüßige Frühlingsgrüße,
Markus U.


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