"Elefantenfüße" durch barfüßiges Wandern (Hobby? Barfuß! 2)

Michael aus Zofingen @, Stammposter, Monday, 22.03.2004, 13:21 (vor 7497 Tagen)

Der Sommer ist vorbei, der kurze Herbst am Wochenende auch, nun kommt wieder der Winter - und das alles im Frühling! Wenn schon das Wetter verrückt spielt, warum nicht auch ich? Letzten Samstag (20.3.2004) startete der Tag bei bedecktem Himmel und 10°C, aber es blieb bis zum Abend trocken und die Temperatur stieg auf etwa 15°C. Was liegt da näher, als eine Wanderung zu unternehmen. Es sollte Premiere für meine erste ganztägige Wanderung ohne Schuhe sein. Bisher hatte ich auf ganztägigen Wanderungen immer auf Teilstrecken Schuhe angehabt. Wenn ich andererseits ganztags ohne Schuhe unterwegs war, dann hatte ich doch erhebliche Teilstrecken mit Hilfe von Fahrrad, Eisen- oder Straßenbahn zurückgelegt. Auch dieser "Schuhersatz" sollte nun entfallen. Gegen 7.30 Uhr wanderte ich los. Anfangs folgte ich dem Flüßchen Wigger bis nach Schötz, dann dem Bach Rot zum von mir bereits in verschiedenen Postings erwähnten Biotop in Ettiswil, dann über Großwangen nach Buttisholz. Meistens hatte ich das Glück, daß ich Gras- oder feuchte Lehmflächen neben den Wanderwegen benutzen konnte, in selteneren Fällen mußte ich mit Asphalt vorlieb nehmen, extrem unangenehme Kieswege waren die absolute Ausnahme. Einmal führte der Weg über einen Bauernhof, der mit Grobschotter ausgelegt war. Ob dort auch Kinder wohnten? Wenn ja, dann tun sie mir leid. Was haben die bloß für Rabeneltern, die ihren Kindern das Barfußlaufen derart vermiesen!
Buttisholz war der Wendepunkt, hier ging ich noch über den Kirchhof ins Dorf und setzte mich auf eine Bank gegenüber dem Pfarrhaus, wo ich eine Pause machte. Dort sah ich, wie sich hinter der Gardine etwas bewegte. Kurze Zeit später sah ich, wie der Pfarrer mit der Bibel die Treppe hinunterschritt, dann war er hinter der Mauer verschwunden. Würde er wohl kurz darauf zu mir über die Straße kommen und mir eine "Strafpredigt" vorbeten? Nein, er ging wohl in die Kirche, und vermutlich nicht wegen mir. Ziemlich winterlich gekleidete Kinder auf Rollschuhen oder Trottinetts sahen auf mich, als ob ich von einem fremden Planteten stamme. Sie konnten es wohl nicht begreifen, daß es möglich ist, es draußen nur in T-Shirt und Hose auszuhalten. Auch hinter den Gardinen eines gut besuchten Gasthauses schien sich etwas zu bewegen. Es war ein Gasthaus jener Preisklasse, die jenen Leuten vorbehalten bleibt, denen es finanziell deutlich besser geht als mir. Vermutlich wäre ich dort selbst in Anzug und Krawatte (und mit Schuhen und Socken) nicht gerne gesehen, wenn ich dort als Einzelperson auftauche (wenn eine Einzelperson ins Restaurant geht, dann bleiben 3 Plätze unbesetzt, das schadet dem Geschäftsgang). Im Gedanken sah ich schon einen Kellner oder sogar den Wirt persönlich über die breite Straße (in der Mitte fließt ein Bach) säckeln, um mir zu sagen, daß der Anblick eines ärmlichen Barfüßers eine Zumutung für seine Gäste sei! Aber auch dergleichen geschah nicht.
Ich wanderte zurück, diesmal machte ich noch einen Rundgang durch das Dorf Großwangen. Irgendwie gefällt es mir, barfuß über die Steinplatten vor dem Gotteshaus zu schreiten. Ich kam auch noch über den Sportplatz und an einem Spielplatz vorbei. Dort sprachen mich zwei Mädchen an, die mich schon 3 Tage vorher dort beobachtet haben, als ich mit dem Velo in der Gegend war. Sie fragten mich, ob es nicht zu kalt sei. Als sie meine lehmverschmierten Füße sahen, meinten sie, das wäre doch unappetitlich. Darauf entgegnete ich, das könne man abwaschen. Eines meinte, das man sich dann am JEDEN TAG die Füße waschen müsse. "Auch wenn man immer Schuhe trägt, ist es nicht verkehrt, wenn man sich jeden Tag die Schuhe wäscht. Wenn man aber keine trägt, dann TUT man es auch, und zwar freiwillig!" war meine Antwort.
Hinter Ettiswil wurde ich noch von 4 Leuten gefragt. Sie konnten es sich einfach nicht vorstellen, daß ich schon so lange unterwegs war. In Nebikon spürte ich allerdings jede Unebenheit stärker als am Anfang, auch konnte ich den rechten Fuß nicht mehr gut abrollen. Nach gut zwölfstündiger Wanderung war ich wieder zu Hause. Ich war nur gewandert, von zwei ca. 20 Minuten dauernden Pausen auf einer Bank einmal abgesehen. Und das ohne Schuhe, ohne Fahrrad, ohne Tram.
Am nächsten Morgen hatte ich wahre "Elefantenfüße", so geschwollen waren sie. Die Zehen konnte ich nicht mehr bewegen. An eine Wanderung war nicht zu denken. Einzig eine ca. einstündige Velofahrt konnte ich unternehmen, bevor der Regen kam. Gut zu wissen: Wenn ich zu Fuß nicht mehr weiter kann, dann kann ich immer noch radeln. Das gilt sowohl barfuß als auch mit Schuhen. Als ich heute morgen zur Arbeit mußte, hatte ich Schwierigkeiten, die Halbschuhe anzuziehen.
Ach, noch was! Bevor jemand aus dem Forum auf einer Landkarte nachmessen will, wie viele Kilometer ich unterwegs war, dem sage ich es jetzt: Es waren total ca. 50 km.
Immer noch elefantenfüßig grüßt
Michael aus Zofingen


gesamter Thread:

 RSS-Feed dieser Diskussion