Mit der Seilbahn wieder hinunter, mit Trams ins Werdhölzli. Von hier wanderte ich an der Limmat entlang Richtung Frankenthal (Höngg) am gegenüberliegenden Ufer. Zwar waren die Uferwege gekiest aber ich stapfte über das matschige Gras direkt am Wasser, war richtig angenehm. Als ich das nächste Tram bestieg, sprach ein Kind zur Mutter: "Der Mann hat ja nur Füße!" Soso! Ich besitze also keinen Kopf, keinen Leib usw.! Am Albisgütli verließ ich das Tram, um von dort erst ein Stück auf dem Panoramaweg zu wandern, falsch! Nicht auf dem Panoramaweg, sondern auf dem nassen Gras neben dem Panoramaweg. "Der macht es richtig! Der kommt schnell voran und braucht sich keine Gedanken über schmutzigen Schuhe und verspritzte Hosen machen!" war ein (ernst gemeinter?) Kommentar. Dann ging es bergab am Ufer eines Baches entlang. Dabei überquerte ich auch einen Kinderspielplatz, wo mich große Kinderaugen anstarrten. Vom Bahnhof Binz fuhr ich mit der Üetlibergbahn zum Hauptbahnhof, von wo ich zu Fuß durch das Niederdorf und die Seefeldstraße nach Tiefenbrunnen wanderte, und dann am Seeufer zurück zur Bellevue. Beim Kiosk hielt sich ein Mann auf, der lallte: "Wir haben keinen Hochsommer, wir haben Winter!" Mit dem Tram fuhr ich zum Farbhof, es schien so, als wollte es regnen, aber es blieb bei ein paar Tropfen. Ich wanderte barfuß zum Bahnhof Altstetten, dieses war keine besonders attraktive Barfußstrecke.
Von Tiefenbrunnen fuhr ich mit Trams nach Hirzenbach, wo ich an der Endhaltestelle in den noch nicht abgefahrenen "Vorgängerzug" springen konnte. Eine Horde kleiner Kinder sahen, wie ich ins Heck des Beiwagens sprang und liefen hinterher. Einige trauten sich sogar ins Fahrzeug und riefen: "Der hat ja nicht mal Schuhe an!" Einige draußen gebliebene Kinder riefen: "Kommt schnell raus!" Zu spät! Das Tram fuhr ab, während die Kinder kreischten. Sie hatten Glück, es kam keine Kontrolle. Bei der nächsten Haltestelle stiegen sie aus, ich dagegen erst am Milchbuck nach Befahren der "Premetrostrecke" zum Umsteigen. An der Bellevue mußte ich wieder umsteigen. Der Säufer war immer noch am Kiosk und rief: "Der gehört sofort in den Knast!" Ich aber ignorierte ihn einfach. In den Trams, die ich jetzt noch benutze, nahm die Zahl der mir negativ gesonnenen Fahrgäste zu, die "vernünftigen" Leute waren wohl jetzt nicht mehr unterwegs (oder meiden auch deswegen dann die öffentlichen Verkehrsmittel, wenn lärmende Jugendliche in den Trams sind und dort sogar rauchen, was verboten ist. Soll ich denen etwas sagen? Und einen Tritt mit schweren "Kampfstiefeln" auf meine nackten Zehen riskieren? Meine letzte Barfußpassage führte vom Paradeplatz durch die fast menschenleere Bahnhofstraße (viele Geschäfte, keine Beizen) zum Hauptbahnhof. Da ich noch etwas Zeit bis zur Abfahrt des Zuges hatte, schlenderte ich noch durch die unterirdischen Passagen. Eine junge Frau rief: "Sind wir hier in Miami?" Ein junger Mann sagte: "Der kommt sicher aus Australien oder Neuseeland - und hat vergessen, daß hier kein Sommer ist." "Oder er ist gerade auf dem Weg zum Flughafen und will nach Australien - und meint, daß es sich nicht lohnt, nur wegen der paar Kilometer in der Schweiz überhaupt Winterkleidung anzuziehen!". Um 21.30 Uhr setzte sich mein Schnellzug pünktlich in Bewegung, in Höhe Schlieren setzte ein starker Regen ein, aber ich war ja im Trockenen. In Olten mußte ich umsteigen, wo ich verwunderte Blicke erntete. Um 22.30 Uhr war ich in Zofingen, es regnete immer noch, so daß ich für den letzten Kilometer mit dem Velo doch noch die Jacke überziehen mußte, was aber meiner Stimmung keinen Abbruch tat. Ein schuhfreier Samstag in Zürich war zu Ende gegangen. Den Tag habe ich in vollen Zügen genossen. Auch am folgenden Sonntag sollten die Schuhe noch Pause haben. Erst am Montag sollten sie wieder arbeiten, genau wie ich!
Mit frühlingshaften Grüßen
Michael aus Zofingen
(Wenn dieses Posting akzeptiert wird, so ist es mir doch gelungen, die Technik zu überlisten und den Text in seiner Gesamtheit zu übermitteln. Wie schön, daß ich ihn offline verfaßt habe!)