Schmerzhafte Barfußerfahrungen südlich der Innerschweiz (Hobby? Barfuß! 2)

Michael aus Zofingen @, Stammposter, Monday, 16.02.2004, 13:49 (vor 7532 Tagen)

Selbst "Hardcore-Antibarfüßer" gehen barfuß - ins Bett. Ausnahme: die ganz ängstlichen, die glauben sich zu verletzen, wenn sie von Scherben träumen! Erkälten wird man sich beim Barfüßigen Schlafen wohl kaum. Auch im Tessin ging ich am Wochenende barfuß ins "Bett", genauer in den Schlafsack. Aber anstatt der bekannten lauen Nächte im Tessin erwartete mich diesmal eine kalte Nacht, immerhin war es erst Mitte Februar. Anfangs waren meine Füße noch warm, aber im Laufe der Nacht wurden sie immer kälter, an den Zehen beginnend. Einen ruhigen Schlaf fand ich nicht, die Nacht kam mir ewig lang vor. Als es morgens hell wurde, sah ich die Bescherung: Das Fußende des Schlafsacks, mein Rucksack und meine Flipflops waren mit Rauhreif überzogen. Da ich nicht wie bei Militär in Uniform und Stiefeln, sondern lediglich in Unterwäsche übernachtet hatte, mußte ich auch die Reihenfolge des Anziehens abändern; erst das T-Shirt, dann die Jacke, dann aus dem Schlafsack steigen, dann die Hose und schließlich die Turnschuhe, die ich im Rucksack hatte. Alles, was ich anzog, war selbst kalt und steif. Auch meine Finger wurden klamm, als ich mein Gepäck wieder ordnungsgemäß verstaute. Die anschließende Wanderung über Intragna verlief wegen total vereister Wege etwas anders, ich konnte nicht die geplante Route einschlagen. Daher ergab es sich, daß ich gegen 12 Uhr eine schöne Sandfläche am Maggiaufer bei Ponte Brolla erreichte. Endlich konnte ich einmal meine Schuhe ausziehen. Etwa 3 Stunden verweilte ich dort, kletterte über vom Wasser rundgeschliffene Felspartien, registrierte die Züge der Centovallibahn http://www.picswiss.ch/Tessin/ti-l7-01.html und beobachtete, wie ein Helikopter laufend Wasser aus der Maggia holte und in einem Spezialgebinde auf einen Berg beförderte, wo es verspritzt wurde. Von einem Brand konnte ich nichts sehen. Leute mit Hunden sowie Familien mit Kindern, obwohl selber eher winterlich gekleidet, störten sich nicht an meiner Barfüßigkeit. Immerhin befand ich mich an einem Ort, wo man es "darf", und wo es im Sommer auch viel getan wird. Anschließend hatte ich noch vor, die Umgebung ohne Schuhe zu ergründen. Dabei mußte ich feststellen, daß die Asphaltstraßen in Tegna und Ponte Brolla unangenehmer zu bebarfüßern als diejenigen von Locarno oder Ascona. Stellenweise lag Split auf dem Asphalt, vermutlich noch aus der Zeit der letzten Schneefälle. Oder aber dort, wo Baustellenfahrzeuge verkehren oder sich ein gekiester Parkplatz neben der Straße befindet und die Autofahrer beim Starten den Kies auf das Trottoir schleudern (Tessiner sind in der Regel wilde Autofahrer, in ihnen steckt bereits das "italienische Temperament"), war es recht mühsam. Ich folgte einem Wanderweg, der die Maggia auf einer ehemaligen Eisenbahnbrücke der stillgelegten Maggiatalbahn überquert. Der grobmaschige Eisenrost war eine Tortur. Kennt jemand im Forum diese Brücke? Mit oder ohne Schuhe? Beim Weg zurück nach Ponte Brolla benutzte ich die Hauptverkehrsstraße, diese war besonders stark gesplittet. Andauernd war ich dabei, irgendwelche scharfkantigen Steinchen aus den Fußsohlen zu prökeln, was sicher etliche Autofahrer schadenfroh mitbekamen. Ein Polizeifahrzeug kam mir entgegen, ohne Folgen.
Mich zog es wieder in die Nähe der Flüsse, wo sich etliche barfußtaugliche Wege befanden, aber auch viele weniger taugliche. Gegen 17 Uhr wurde es mir doch zu bunt, daß ich wieder Flipflops überzog. Da die Sonne hier bereits hinter den Bergen verschwunden war, kühlte es auch schneller ab als etwa in Locarno. Ich wanderte noch am Flußufer nach Intragna durch die Dunkelheit. Irgendwie zieht es mich immer in diesen Ort mit dem höchsten Kirchturm (65 m) des Tessins. Wenig oberhalb des historischen Borgos setzte ich mich auf eine Bank zum Abendessen. Das ist halt der Nachteil: Wenn es relativ früh dunkel wird und man sich irgendwo in einem landschaftlichen Gebiet befindet ohne ein Dach über dem Kopf, dann hat man im Dunkeln nur die Möglichkeit, auf "harmlosen" Wegen zu wandern, Bergwege wären zu gefährlich. Trotzdem hat es mir gefallen; der sternenklare Himmel, der angestrahlte Kirchturm von Intragna und der Blick auf das Tal mit weiteren angestrahlten Kirchtürmen. Die formschönen Züge der Centovallibahn kann man schon von fern beobachten, während sie sich Intragna nähern, um dann quietschend eine scharfe Linskurve einschlagen, um geräuschvoll die filigrane Stahlbrücke zu überqueren und dann hinterher den Bahnhof anzusteuern. Was hat das noch mit "barfuß" zu tun? Eigentlich gar nichts, wenn man davon absieht, daß ich während der Pause die Schlarpen neben mich stellte. Es lag noch der Rückweg zum Schlafplatz nach Ponte Brolla vor mir, und eine kalte Nacht. Diesmal aber packte ich Jacke, Hose und T-Shirt in eine Plastiktüte und nahm sie mit in den Schlafsack. Somit hatte ich ein Kopfkissen und warme Kleidung am nächsten Morgen. Nur die Füße waren auch diesmal wieder kalt, dagegen kann man wohl nichts machen (außer bei derartigen Temperaturen nicht draußen im Schlafsack ohne Zelt übernachten).
Mit freundlichen Grüßen
Michael aus Zofingen

Schmerzhafte Barfußerfahrungen südlich der Innerschweiz

steveh, Monday, 16.02.2004, 14:07 (vor 7532 Tagen) @ Michael aus Zofingen

Auch im Tessin ging ich am Wochenende barfuß ins "Bett", genauer in den Schlafsack. Aber anstatt der bekannten lauen Nächte im Tessin erwartete mich diesmal eine kalte Nacht, immerhin war es erst Mitte Februar. Anfangs waren meine Füße noch warm, aber im Laufe der Nacht wurden sie immer kälter, an den Zehen beginnend. Einen ruhigen Schlaf fand ich nicht, die Nacht kam mir ewig lang vor. Als es morgens hell wurde, sah ich die Bescherung: Das Fußende des Schlafsacks, mein Rucksack und meine Flipflops waren mit Rauhreif überzogen.

War das eine Schlafsackübernachtung im Freien, oder in einem Zelt?

Schlafsackübernachtung

Michael aus Zofingen @, Stammposter, Monday, 16.02.2004, 17:07 (vor 7532 Tagen) @ steveh

"War das eine Schlafsackübernachtung im Freien, oder in einem Zelt?"

Hallo Steveh,
ich hatte lediglich einen Schlafsack dabei und als Schutz gegen Feuchtigkeit von unten eine dünne Plastikfolie. Eine Isomatte besitze ich zwar auch, aber mal kann sie nicht unauffällig imRucksack verstauen. Wenn ich über Nacht mit dem Fahrrad unterwegs bin, habe ich die Isomatte immer dabei (auf den Gepäckträger geklemmt). Ein Zelt habe ich fast nie dabei. Häufig übernachte ich an Orten, wo man ein Zelt nicht hinstellen kann, da zu viele Bäume dicht nebeneinander stehen. Offizielle Campingplätze meide ich, da ich lieber in natürlicher Umgebung übernachte als dort, wo bis spät in die Nacht laute Musik läuft.
Es ist übrigens das erste Mal, daß ich so früh ins Tessin reiste. Bisher war Anfang März der frühste Termin. Einmal habe ich bereits Anfang Februar draußen übernachtet, dieses Mal aber nicht im Tessin, sondern in Norddeutschland. Damals "mußte" es aber so früh sein, es ging nämlich um einen Termin an der Uni Oldenburg, wo ich anläßlich des 60. Geburtstag meines früheren Professors eingeladen war. Dieses ist jedoch kein Barfußthema, würde höchstens ins off-topic-Forum passen. Temperatur: ca. -5°C. Das war bodenloser Leichtsinn. Aber ich überstand das ganze ohne Erkältung.
Auch jetzt ohne Erkältung grüßt
Michael aus Zofingen

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