Barfuß vor dem Sturm (Hobby? Barfuß! 2)

Michael aus Zofingen @, Stammposter, Monday, 12.01.2004, 14:14 (vor 7567 Tagen)

"Anfangs wolkig und meist trocken, am Nachmittag zunehmend regnerisch, gegen Abend Sturm, Tageshöchsttemperatur um 8°C." So die Vorhersage für einen "typischen" Januarsonntag im Schweizer Mittelland. Ob die Zeit für eine unbeschuhte Wanderung am Aareufer reicht, bevor der große Regen kommt? Ich radelte los zum ca. 20 km entfernten Stauwehr bei Schönenwerd, noch mit Flipflops. Für die Wanderung verstaute ich jedoch die Schlarpen und Jacke im Rücksack und wanderte über einen laubreichen Weg zum Kraftwerk Aarau. Die einzelnen Leuten (meist mit Hunden), denen ich begegnete, schien meine Sommerkleidung nicht zu stören, nur ein älterer Herr fragte mich: "Und was tragen Sie im Hochsommer?", worauf meine prompte Antwort war: "Nur unwesentlich mehr als nichts!" Sollte ich den Asphaltweg am Aarekanal zum Velo zurückgehen? Oder den teils schottrigen Weg am anderen Aareufer? Gedanken kreisten durch meinen Kopf. Am Tag zuvor war ich am Hallwiler See entlang gewandert, wo am Ufer ein Mann erfroren war. Und vor Jahren war ich im Sommer beim Baden im Aarekanal einer offensichtlich illegal entsorgten Schaufensterpuppe nachgeschwommen, die sich beim Anfassen jedoch als etwas viel grauenvolleres erwiesen hatte. Ich bin zwar nicht abergläubisch, aber an den Kanal wollte ich nicht, dann doch lieber den Schotterweg. Letzterer erwies sich jedoch als weniger schmerzhaft als bereits schon erlebt. War der Boden nur weicher? Waren meine Füße abgehärteter? Oder waren dank des kälteren Bodens die Gefühlsnerven nur gelähmt? Ich blieb jedoch nicht auf dem geschotterten Uferweg, sondern machte Umwege über diverse sehr matschige Reitwege, was übrigens sehr angenehm war bei den Temperaturen. Ich verlängerte meine Wanderung, indem ich am selben Aareufer weiter durch den Bally-Park ging (dort selbstverständlich mitten über den Rasen) und bei der "Schwelli-Platte" die Aare überquerte. Ein Teil des Rückweges führte zwar teilweise über Asphaltstraßen, auf denen noch ekliger Split aus der vergangenen "Schnee-Ära" lag, teilweise aber auch über laubreiche Wege. Kaum war ich am Velo, da setzte der Regen ein, der sich rasch intensivierte. Zum Glück hatte ich die Regenkleidung dabei, auch war der Regen relativ warm. Da brachte es Spaß, durch die Pfützen zu radeln, in der Hoffnung, daß dabei Dreck vom Velo und der noch an den Füßen haftenden Schlamm (eine sogenannte Merki-Kruste), abgespült werden, was jedoch nur teilweise gelang. Leute, die mich sahen, sprachen zueinander: "Der holt sich wenigstens keine nasse Hose und keine nassen Schuhe". Viel war aber nicht los auf den Straßen. Auf der gedeckten Holzbrücke in Olten hatten Eltern und ihre etwa fünfjährige Tochter Schutz vor dem Regen gesucht. Als die kleine sah, wie ich gerade durch eine Pfütze fuhr, rief sie: "Mami, ich will auch barfuß!" Die Reaktion der Eltern bekam ich nicht mit, vielleicht waren sie nur sprachlos!
Der Sturm kam tatsächlich am Abend, aber schwächer als erwartet.
Mit freundlichen Grüßen
Michael aus Zofingen

Barfuß vor dem Sturm

Andreas (Köln) @, Stammposter, Monday, 12.01.2004, 20:39 (vor 7567 Tagen) @ Michael aus Zofingen

Ich verlängerte meine Wanderung, indem ich am selben Aareufer weiter durch den Bally-Park ging (dort selbstverständlich mitten über den Rasen) und bei der "Schwelli-Platte" die Aare überquerte.

Wie hast du denn den Fluss überquert? Durchwatet oder gab es dort eine Brücke?

Da brachte es Spaß, durch die Pfützen zu radeln, in der Hoffnung, daß dabei Dreck vom Velo und der noch an den Füßen haftenden Schlamm (eine sogenannte Merki-Kruste), abgespült werden, was jedoch nur teilweise gelang.

Was ist eine Merki-Kruste? Und wie sieht diese aus?

Ich mache derlei Wanderungen zurzeit leider viel zu selten. Aber dein Bericht ist sehr motivierend.

Grüße,
Andreas

Schwelli-Platte und Merki-Kruste

Michael aus Zofingen @, Stammposter, Tuesday, 13.01.2004, 19:31 (vor 7566 Tagen) @ Andreas (Köln)

Hallo Andreas,
ich werde mal versuchen, Deine Fragen zu beantworten:
bei Gretzenbach gibt es die "Schwelli-Platte". Dort führt keine "ganze" Brücke über den Fluß Aare, sondern die überbrückt nur etwa ein Fünftel des Flusse, nämlich den Teil, den Teil, wo er am tiefsten ist (diesmal nicht in der Mitte, sondern an einer Uferseite), dort fließt immer Wasser. Der Rest des Flusses ist mit einer Betonplatte ausgelegt, die meistens nicht überspült wird, so wie jetzt. Bei Hochwasser (also wenn der Pegel "angeschwollen" ist) allerdings wird auch die Platte überfluteter, dann aber ist es wegen der starken Strömung sehr gefährlich, die Platte zu überqueren. Aber auch bei Regenwetter oder gar Glatteis kann man dor leicht ausrutschen, speziell mit Schuhen mit Ledersohlen, weniger mit Gummisohlen oder barfuß.
Wer weder in der Schweiz wohnt, noch im Chemiesektor tätig ist, der wird wohl kaum eine "Merki-Kruste" kennen. Bei der nach einem Herrn Merki benannten Kruste handelt es sich um eine äußerst hartnäckige Kruste, die man mit "normalen" Mitteln nicht entfernen kann. In Chemiereaktoren sind sie äußertst unbeliebt, weil beim Entfernen der Kruste die Gefahr besteht, daß die Oberfläche beschädigt wird, und das geht ins Geld. Im auf Menschen übertragenen Fall könnte es etwa eine lehmartige Schlammschicht sein, die am Körper festtrocknet. Beim Versuch, sie zu entfernen, besteht die Gefahr, daß Körperhaare herausgerissen werden, was nicht gerade angenehm ist. Wenn der Schlamm mehr sandige Bestandteile enthält, besteht die Gefahr der Merki-Krustenbildung nicht, nach dem Trocknen zerbröselt die Kruste einfach.
Ich hoffe, daß Dir diese Erklärung genügt!
Mit Merki-Krusten-freien Grüßen
Michael aus Zofingen

Schwelli-Platte und Merki-Kruste

Andreas (Köln) @, Stammposter, Tuesday, 13.01.2004, 21:12 (vor 7566 Tagen) @ Michael aus Zofingen

Hallo Michael,

vielen Dank für die sehr ausführliche Antwort.

Nicht weit weg von meinem Wohnort befindet sich ein See. Er ist ca. 600 Meter lang und 200 Meter breit. Längs dieser schmalen Stelle ist der See sehr flach - etwas mehr als knöcheltief, sodass man dort sehr gut hindurchwaten kann. Gelegentlich habe ich dies im Sommer getan. Es ist sehr reizvoll in der Mitte eines Sees dieser Größe zu stehen. Nur an einer Stelle führt ein kleiner Weg am Ufer entlang. Leute, die dort zufällig spazieren gehen, bekommen manchmal den Mund vor staunen nicht zu, wenn sie jemanden mitten durch den See laufen sehen - so wir es mir auch ging, als ich diese Stelle entdeckte.

Tja, so eine Merki-Kruste hatte ich noch nicht so oft - einmal nach dem Wattwandern. Ein anderes Mal ging der Schlick wieder recht leicht ab. Muss also an der Zusammensetzung des Schlicks liegen.

Danke auf jeden Fall für die Einführung in Chemie.

Andreas

Bilder Schwelli-Platte

Andreas (Köln), Stammposter, Sunday, 01.02.2004, 14:22 (vor 7547 Tagen) @ Michael aus Zofingen

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Hallo Michael,

danke für den Hinweis. Scheint ein sehr schöner Fluss zu sein - im Sommer sicher umso schöner.

Wie so eine Kruste aussieht, kann ich mir schon in etwa vorstellen. Aber wahrscheinlich fällt man damit noch mehr auf.

Ich habe übrigens ein kleines Foto des Sees gefunden, durch den man komplett hindurch laufen kann - längs zwischen den beiden kleinen Inseln. Ist im Sommer die beste Abkühlung für die Füße - in der Mitte des Sees zu stehen, und das Ufer ist über 100 Meter entfernt.

Leider steht dieses Gebiet nun komplett unter Naturschutz.

Gruß,
Andreas

Bilder Schwelli-Platte

Michael aus Zofingen, Stammposter, Monday, 02.02.2004, 06:30 (vor 7546 Tagen) @ Andreas (Köln)

Hallo Michael,
danke für den Hinweis. Scheint ein sehr schöner Fluss zu sein - im Sommer sicher umso schöner.
Wie so eine Kruste aussieht, kann ich mir schon in etwa vorstellen. Aber wahrscheinlich fällt man damit noch mehr auf.
Ich habe übrigens ein kleines Foto des Sees gefunden, durch den man komplett hindurch laufen kann - längs zwischen den beiden kleinen Inseln. Ist im Sommer die beste Abkühlung für die Füße - in der Mitte des Sees zu stehen, und das Ufer ist über 100 Meter entfernt.
Leider steht dieses Gebiet nun komplett unter Naturschutz.
Gruß,
Andreas

Hallo Andreas,
die Aare ist wirklich ein schöner Fluß, der mittlerweile wieder wenig Wasser führt. Gestern, bei frühlingshaften Temperaturen, konnte ich die Schwelli-Platte wieder passieren, ohne Schuhe (und ohne Hund). Ich werde noch ausführlicher berichten.
Schöne Grüße
Michael aus Zofingen

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