Barfußerlebnis im Gefängnis

Ich beneide alle, die die Festtage in Freiheit verbringen durften und nicht wie ich im "Gefängnis" verbracht haben. Eine richtige Gefängnisstrafe wäre leichter zu ertragen gewesen als "Wohnhaft" im Elternhaus. Als "Anstaltskleidung" waren zwar kein "gestreifer Arbeitsanzug" und keine schwere Eisenkugel obligatorisch, dafür aber ein dicker Wollpullover (von meinem Vater geliehen, meinen eigenen habe ich in der Schweiz gelassen), lange Hosen (der Dezember gehört zu den Monaten mit "r") und selbstverständlich Schuhe (dieses scheint vernünftig im Elternhaus, soweit man nicht das Bedürfnis hat, in Stecknadeln, Heftzwecken usw. zu treten (meine Mutter ver(sch)wendet zwar recht viel Zeit mit "Saubermachen", aber dank ihrer nicht mehr allzu guten Augen würde ich die Tätigkeit eher als "Aktivität vortäuschen" bezeichnen.
In der ersten Nacht erwachte ich infolge Druck auf der Blase. Ohne Überlegung ging ich zur nahen Toilette, ohne Hausschuhe anzuziehen und Licht anzuschalten (mache ich in der Schweiz auch nicht, solange meine Eltern nicht zu Besuch sind). Zurück auf dem Flur, da wurde plötzlich das Licht angeschaltet und meine "liebe" Mutter stand im Türrahmen zum Schlafzimmer. Als sie mich sah, schimpfte sie: "Michael, hast du gestern soviel Bier getrunken, daß du nicht einmal mehr in der Lage bist, Hausschuhe anzuziehen? Los, wasch dir die Füße, trockne sie gut ab. Ich hole die Schuhe, die ziehst du dann an und gehst damit zurück!" Ich führte ihren Sattelbefehl kommentarlos aus, da ich meinen Vater und meinen Bruder (er war auch nur zu Besuch) nicht im Schlaf zu stören. Erst als ich wieder im Bett war, fiel mir ein, daß meine Mutter nicht ausdrücklich befohlen hatte, die Schuhe vors Bett zu stellen und dann ohne Schuhe wieder zu schlafen. Hätte ich sie anbehalten sollen? Möglicherweise für den Fall, daß ich von Glasscherben träume und dort nicht hineintreten sollte? So ist halt meine 74jährige Mutter! Sie geht mit ihrem 47jährigen Sohn wirklich so fürsorglich um wie mit einem kleinen Kind. Sie meint es wirklich nur gut und kann es gar nicht begreifen, daß es Leute gibt, die so etwas nicht zu schätzen wissen.
Dieses war mein einziges "Barfußerlebnis" bei meinen Eltern in Norddeutschland. Nun habe ich meine zweiwöchige Haft abgesessen und bin wieder zurück in der Schweiz. Mein Bruder wurde auch von meiner Mutter begnadigt, er hat sogar einen Erholungsurlaub nötig. Lediglich mein Vater (nur seinetwegen reise ich zu Weihnachten in den Norden und ertrage die "Tierquälereien", die mir meine Mutter zufügt) ist wirklich ein "armer Siech". Seine Strafe lautet "lebenslänglich".
Schöne Grüße
Michael aus Zofingen

Lieber Michael,
ich mußte schmunzeln, so ist das Leben eben! So etwas zur Genüge erlebt, ist es dennoch nicht schön, daß ich keine Eltern mehr habe.

Apropos Bier und Schuhe:

hast Du auch eine Lederallergie??? Immer wenn ich morgens im Bett aufwache und habe noch meine Schuhe an, habe ich fürcherliches Kopfweh!

Alles Gute zum Neuen Jahr,
hans

Tja, und dann ist ja da auch noch die Sache, dass es vollkommen logisch ist, dass man Nachts eine Blasenschwäche bekommt und dringend auf's Klo muss, wenn man barfuß geht. Ist ja kein Wunder, bei der Kälte....

Gruß, Bernd

Lieber Hans,
bei mir äußert sich die "Lederallergie" etwas anders:
Es gibt bestimmte Ledersorten, die nach innen färben. Entweder werden die Socken dreckig oder die Füße. Der Dreck an sich stört mich weniger, wohl aber die Ausschläge, die ich davon an den Füßen bekomme. Schuhe aus solchem vermutlich mit Chromsalzen behandelten Leder kann ich leider nur mit Socken tragen.
Mein Vater hat übrigens das Schuhmacherhandwerk erlernt, er macht jedoch heute nur noch für die Verwandschaft Schuhe, auch für mich. Die Schuhe sind qualitativ gut verarbeitet, allerdings innen recht rauh und meistens aus dem "giftigen" Leder. Es wäre unfair zu behaupten, daß mein Vater die Schuhe bewußt so konstruiert, daß man quasi genötigt ist, Socken anzuziehen. Einziger Trost: Ich muß für die Schuhe nichts bezahlen! Also benutze ich solche "Giftschuhe" auch nur bei der Arbeit und bei anderen Anlässen, wo ich ordentlich (d.h. mit Socken) gekleidet sein muß. In der Freizeit trage ich lieber lederarme Turnschuhe oder Flipflops, soweit morphologische, klimatische oder moralische Gründe einen Aufenthalt ohne Schuhe nicht erlauben.
Mit freundlichen Grüßen
Michael aus Zofingen

Lieber Michael,

dann bring Deinem Vater doch entsprechendes unbehandeltes Leder mit und bitte ihn, Dir davon ein paar Leder-Flip-Flops nach Deinen Vorstellungen anzufertigen. Damit trittst Du dann unter die Augen Deiner Mutter und machst ihr klar, dass ihr Sohn Zehen hat und diese bewusst - auch außer Haus - zu zeigen gewillt ist. Vielleicht kriegt die Gute dadurch ein differenziertes Körperbewusstsein, und Dir bleibt die Anmache erspart, wenn Du nächstes Weihnachten nachts barfuß durchs Gefängnis läufst.

Gruß

Bernd

Lieber Hans,
bei mir äußert sich die "Lederallergie" etwas anders:
Es gibt bestimmte Ledersorten, die nach innen färben. Entweder werden die Socken dreckig oder die Füße. Der Dreck an sich stört mich weniger, wohl aber die Ausschläge, die ich davon an den Füßen bekomme. Schuhe aus solchem vermutlich mit Chromsalzen behandelten Leder kann ich leider nur mit Socken tragen.
Mein Vater hat übrigens das Schuhmacherhandwerk erlernt, er macht jedoch heute nur noch für die Verwandschaft Schuhe, auch für mich. Die Schuhe sind qualitativ gut verarbeitet, allerdings innen recht rauh und meistens aus dem "giftigen" Leder. Es wäre unfair zu behaupten, daß mein Vater die Schuhe bewußt so konstruiert, daß man quasi genötigt ist, Socken anzuziehen. Einziger Trost: Ich muß für die Schuhe nichts bezahlen! Also benutze ich solche "Giftschuhe" auch nur bei der Arbeit und bei anderen Anlässen, wo ich ordentlich (d.h. mit Socken) gekleidet sein muß. In der Freizeit trage ich lieber lederarme Turnschuhe oder Flipflops, soweit morphologische, klimatische oder moralische Gründe einen Aufenthalt ohne Schuhe nicht erlauben.
Mit freundlichen Grüßen
Michael aus Zofingen

So ist halt meine 74jährige Mutter! Sie geht mit ihrem 47jährigen Sohn wirklich so fürsorglich um wie mit einem kleinen Kind. Sie meint es wirklich nur gut und kann es gar nicht begreifen, daß es Leute gibt, die so etwas nicht zu schätzen wissen.
Nun habe ich meine zweiwöchige Haft abgesessen und bin wieder zurück in der Schweiz.
Schöne Grüße
Michael aus Zofingen

Hallo Michael,

so ist sie halt, die "Mutter aller Hausschuhe". ;-) Ich hoffe nur, dass sie dir nicht auch noch mit Fell gefütterte Hausschuhe und eigenhändig gestrickte Wollsocken zu Weihnachten geschenkt hat - oder??? :-)
Die Haft war wohl 'ne Untersuchungshaft. Deine Mutter hat untersucht, ob du nicht das Socken- und Schühchenanziehen in der Schweiz verlernt hast! :-) Denn man weiß ja nie, bei den Alpenvölkern mit ihren komischen Sitten...

Freiheit für die Füße!

...auf ein barfußreiches 2004!

...und Grüßchen mit Füßchen!

Peter (BS)

Hallo Michael aus Zofingen,

so wie Du's geschrieben hast war's zum schmunzeln, aber ich kann Dir auch sagen, was Du tatsächlich verpasst hast:

Du hattest nämlich die Chance, eure für Dich als Gefängnis erlebte Art des Umgangs miteinander endlich mal mit Deiner Mutter zu klären - sorry, aber Du hast das m.E. schon viel zu lange "anbrennen" lassen und tust ihr absolut keinen Gefallen damit, Dich vor ihr zu verleugnen.

Wenn Du Deiner Mutter nicht zeigst, wer Du bist und ihr nicht absolut unmissverständlich klarmachst, was Du für Dich willst - wie soll sie denn dann erfahren, dass das, was sie vermeintlich gut meint für Dich das Gefängnis ist - ich kann mir gut vorstellen, dass Du Dich auch draussen freier, sicherer und unbeschwerter bewegen kannst, wenn Du barfuss vor Deiner Mutter total zu Dir selber stehst - weil Du Dich dann innerlich befreist.

Gruss
Barfussjan

Lass' beim nächsten Besuch doch mal voll krachen, es ist der Lärm von einstürzenden Gefängnismauern :-)

Meine Güte, B-Jan,
das ist doch keine Lösung, mit der ganzen Selbstverwirklicherei kannste so viel kaputtmachen, daß am Ende nichts gewonnen ist! Erwartetem menschlichen Gewinn mußte den Verlust "gegenrechnen". Rat 'mal warum so viele Familien zerfallen; und alte Leutchen lassen sich oft nicht mehr ändern.
Pardon für off-topic-Philosophie-Exkurs,
hans

Hallo hans,

danke für Deine differenziert mitfühlende Antwort, das ist menschlich gut bei mir angekommen. Mir ist auch klar, dass Michael aus Z. sich selbst zurückstellt, um seine liebe Mutter, die nur so sein kann wie sie ist, nicht zu belasten. Achtung habe ich auf jeden Fall davor, aber es ist nicht die Lösung.

Für eine Mutter wird der Sohn oder die Tochter immer "ihr Kind" sein, egal wie alt dieses inzwischen auch schon sein mag. Es liegt in der Natur dieser Konstellation, dass Mütter das erwachsenwerden ihrer Kinder deswegen schon mal "irgendwie" nicht mitbekommen - besonders dann nicht, wenn diese ihnen nicht zeigen, dass es anders ist.

Man tut sich selber und seiner Mutter absolut keinen Gefallen damit, sie nicht aus der Verantwortung für ihr vermeintliches Kleinkind zu entlassen, indem man sie in ihrer von der Realität längst überholten Wahrnehmung auch noch bestätigt. Ich habe meinen betreffenden Kommentar an Michael aus Z. nicht geschrieben, um hier einen "Egokurs" zu propagieren, sondern weil mir das deshalb so bewusst ist, da ich solche Dinge irgendwann mit 17 mal geklärt habe und ich es einfach schade finde, wenn sich jemand so überflüssig einengt.

Und "lass krachen" ist mehr eine Rückgratempfehlung für den Fall, wenn Mütter ihr "es gut meinen" auch schon mal gerne mit "terroristischen Druckmitteln" versuchen durchzusetzen - wer dann "die von Mutter hingestellten Hausschuhe" anzieht, kippt garantiert "aus den Latschen" - und so kann ich mir barfuss nun mal nicht vorstellen.

Gruss
Barfussjan

Lieber Michael,

Du tust mir wirklich Leid. Aber Du bist auch selbst schuld an allem: Auch den eigenen Eltern muss man schon mal Grenzen aufzeigen, und das nicht erst mit 47 Jahren.

Schöne Grüße

Olaf

Lieber Michael,
Du tust mir wirklich Leid. Aber Du bist auch selbst schuld an allem: Auch den eigenen Eltern muss man schon mal Grenzen aufzeigen, und das nicht erst mit 47 Jahren.
Schöne Grüße
Olaf

Schließe mich dieser Meinung an. Weiter unten war ein guter Vorschlag dazu nämlich deinen Vater ein paar Flipflops (aus nicht färbendem Leder) machen zu lassen die Du dann zu Hause tragen kannst denn da trägt man ja keine Socken drin und ist trotzdem beschuht und die hat man auch mal schnell abgestreift und ist dann ganz barfuß. Einen eventuellen Streit mußt Du halt mal in Kauf nehmen.

Ein schönes barfüßiges Jahr 2004 wünscht Dir und Olaf und allen Anderen

RainerL

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