Schuhlose Novemberwanderung durch Basel (Hobby? Barfuß! 2)

Michael aus Zofingen @, Monday, 24.11.2003, 19:43 (vor 7616 Tagen)

Wenn man dem kalten Nebel des Schweizer Mittellandes entrinnen will, braucht man manchmal nur "mal eben" über den Hauensteinpaß ins Baselbiet radeln, was man von Zofingen in etwa einer Stunde schafft. Letzten Samstag (22.11.2003) radelte ich morgens gegen 8.30 Uhr bei 2°C los, jenseits des Passes war es leicht bewölkt. Bei Frenkendorf (in der Nähe des Gedenksteines, wo die Baselbieter die Stadtbasler besiegt haben) entschloß ich mich, die Turnschuhe in die Packtasche zu stecken. Als ich in dieser Aufmachung an der Tramhaltestelle "Muttenz-Dorf" vorbeiradelte, rief eine ältere Frau "Jesses". Ansonsten erntete ich nur fragende Blicke, so in Arlesheim vor dem Dom, beim "Nepomuk" in Dornach und beim Predigerhof, wo ich mich der Jacke erledigen konnte. Über Binningen führte meine Fahrt durch Basel bis zu den "Langen Erlen", wo ich das Fahrrad an einen Baum anschloß. (Ich machte mir übrigens überhaupt keine Gedanken, daß man ein Fahrrad nicht wiederfinden könnte. Einen Tag später wurde ich in Giswil eines besseren belehrt). Während ich barfuß zunächst ein kurzes Stück durch Anlagen, dann durch Wohngegenden, über die Schwarzwaldbrücke, am Rheinufer (selbstverständlich ließ ich mir es nicht nehmen, durch das Kneipp-Becken am Ufer zu schreiten), durch diverse Straßen der Altstadt wanderte, gab es doch einige erstaunte Blicke. Von der Plattform beim Münster konnte ich erkennen, daß der Fährmann Sandalen ohne Socken trug. Die Fähre hatte gerade eine Ladung Leute abgesetzt, diese stiegen nun die Treppe hinan. Ein Mädchen rief: "Der Mann läuft ja GANZ barfuß!" Der Weihnachtsmarkt am "Barfüßerplatz" wurde gerade erst aufgebaut, die "Aufbauer" registrierten meine sommerliche Kleidung nicht. Wohl aber ein Junge mit den Worten: "Der Mann hat keine Schuhe!", worauf die Mutter antwortete: "Der läuft halt gerne barfuß." Beim Spalentor war Flohmarkt. Kaufen wollte ich nichts, er lag nur zufällig auf dem Weg. Ein Verkäufer von Schallplatten rief: "Schuhe kannst du dort hinten kaufen, lange Hosen und Jacken 10 Meter weiter!" "Danke für den Tip" war meine nicht ernst gemeinte Antwort. Beim Theater brummelte ein Mann: "Dem hat man die Schuhe geklaut!" Etwas weniger angenehm war das Überschreiten der "ewigen Baustelle" Dreirosenbrücke. Während der gesamten Zeit hatte ich aufgepaßt, daß mir kein "Dickstiefel", kein Rollerblader, kein Trottinettfahrer über die Zehen fuhr. Ich duldete lediglich die Samtpfötchen einer kleinen Katze, sie durfte ungestraft auf meinen Füßen rumturnen und mit ihrem Kopf versuchen, mein Beine zur Seite zu schieben. Ich wanderte am Rheinufer zurück zur Schwarzwaldbrücke und zum Fahrrad. Bevor ich aber losfuhr, setzte ich mich noch auf einen umgestürzten Baumstamm und tauchte meine überhaupt nicht kalten Füße in trockenes, ca. 30 cm tiefes Laub. Welch eine Wohltat!
Da es noch nicht zu spät war, radelte ich noch eine Ehrenrunde, erst am Ufer des Flusses Wiese Richtung Mündung, dann am Rhein entlang, über die "Mittlere Brücke". Anschließend schob ich die steile Gasse hinauf zum Münsterplatz. Da sprach mich plötzlich einer an: "Hello Michael! In New Zealand it's normal that people are barefoot in November. But in Switzerland I havn't seen people wearing shorts and no shoes in winter." Es war ein neuseeländischer Arbeitskollege, der erst seit kurzem in Basel lebt und daher in der Regel englisch redet. Ein netter Mensch, von dem ich nicht befürchten muß, daß er meine Barfüßigkeit gegen mich verwendet.
Die Rückfahrt ist schnell erzählt: Bei Einbruch der Dunkelheit wurde es mir ohne Jacke zu kalt. Als ich den Paß erreicht hatte, überlegte ich mir, ob ich bei der Abfahrt wieder die Schuhe anziehen sollte. Ich tat es nicht, sondern winkelte die Pedalen so an, daß der Fahrtwind nicht die empfindlicheren Zehen erfaßte, sondern die weniger empfindlichen Hacken. Kurz vor Trimbach erreichte ich wieder den Nebel, der sich offensichtlich den ganzen Tag gehalten hatte. Zu Hause angekommen, waren nur meine Hände, nicht aber meine Füße klamm geworden.
Es grüßt
Michael aus Zofingen


gesamter Thread:

 RSS-Feed dieser Diskussion