2 Wochen barfuß über 'Stock und Steine', Teneriffa 2003-11-01..15 (Hobby? Barfuß! 2)

Rainer_DO, Sunday, 16.11.2003, 19:59 (vor 7624 Tagen)

Sonst bin ich "nur" barfuß, wenn ich gerade nicht meinem Beruf nachgehe, jetzt waren 'mal wieder 2 Wochen am Stück d'rin.

Nachdem es im Oktober schon einige leicht frostige Tage gegebeben hatte, war ich direkt "ein wenig enttäuscht", daß es auf der Hinfahrt zum Flughafen so ca. 8 bis 10°C warm war. [ Erstaunlich, wie ich mich verändert habe, seitdem ich ganzjährig barfuß gehe :-))) ]

Das erste nette Erlebnis hatte ich im Flugzeug: Die Stewardeß sah meine Füße und bat mich, meine Schuhe --wieder-- anzuziehen. Auflösung: Ich saß vor dem Notausgang, vor dem keine losen Teile wie Gepäck, Schuhe etc. herumliegen dürfen. Nachdem Sie verstanden hatte, daß ich barfuß war und meine Schuhe weder mich noch andere behindern konnten, war sie zufrieden.

Auf Teneriffa, meinem derzeitigen Lieblingsurlaubsort wie es scheint --Ich hätte nie gedacht, daß ich freiwillig und gerne mehrfach am gleichen Urlaubsort so viel Spaß haben könnte ...-- hatte ich nur Notschuhe dabei: Flipflops, weil ich barfuß nicht ins Restaurant des Hotels gedurft hätte, und Wanderschuhe, weil ich in den Bergen nicht davon ausgehen konnte, immer ganz ohne sie auszukommen.

Ich war 'mal wieder mit 'ner Wandergruppe unterwegs. Diesmal war mein
Barfuß-Faktor sicherleich deutlich über 95% und ich habe es genossen: An allen Tagen zum Frühstück und Abendessen kurz in die Flipflops, ansonsten barfuß. An den Wandertagen waren die Wanderschuhe im Rucksack und ich ging erst 'mal barfuß mit der ansonsten konsequent beschuhten Gruppe los.

Die erste Wanderung an der Küste entlang mit anschließender meeresbiologisches Exkursion bot die größte Überraschung für meine Füße: "Mal País". Das ist Spanisch für "Schlechtes Land" und wird international von den Geologen für scharfkantige und spitze Lava, in der Regel zu vielen Brocken und Klumpen wild übereinandergewürfelt, verwendet. Leider war der Ausbruch, der dieses verursacht hatte, nicht 200.000 Jahre her, wie ich zunächst verstanden hatte, sondern erst zwei- bis dreitausend Jahre und daher so scharfkantig und spitz wie direkt nach dem Ausbruch, nur weniger heiß. Mit den schweren, inzwischen wieder recht ungewohnten Wanderschuhen an den Füßen bin ich vermutlich häufiger angestoßen, als mir daß barfuß passiert wäre, aber für die so vermiedenen Verletzungen habe ich die Schuhe dann doch gerne
akzeptiert.

Die übrigen Wanderungen habe ich frei nach dem Motto "Ich gehe barfuß mit, solange es mir selbst Spaß macht und ich deshalb nicht zur Gruppenbremse werde" gemacht:

- Von Pedro Álvarez nach Chinamada im Anaga-Gebirge (komplett barfuß)

- Von Erjos über den Großen und den Kleinen Gala zum Tabaiba-Paß im Teno-Gebirge (barfuß im Aufstieg, für den steilen, steinigen Abstieg waren mir die Schuhe dann doch nützlich, um das Gruppentempo mitzuhalten)

- Oben in den Cañadas in über zweitausend Metern Höhe inmitten von Lavagestein, das in der Tat seit ca. 200.000 Jahren rundgeschliffen worden ist, zwei Wanderungen (einmal allein 2 Stunden um den Pico Viejo herum komplett barfuß, dann vom Montaña Blanca ca. 8 km zunächst ein Stück Richtung Teide aufwärts, dann wunderschön durch Bimssteinfelder abwärts bis nach El Portillo. Hier war der Aufstieg durch reichlich viel grobes Geröll unleidlich gemacht, so daß ich kurz die Schuhe anzog, um mitzuhalten. Dafür haben meine Fußsohlen die Bimssteine wieder unbeschuht genossen.)

- In der Masca-Schlucht, nach Anfahrt mit dem Boot von Los Gigantes aus und je nach Wellengang mehr oder weniger abenteuerlichem Anlanden dann 550 Meter wildromantisch durch das Barranco aufwärts bis nach Masca (komplett barfuß)

- Im Oratava-Tal in der Kiefernwaldzone zwischen ca. 1.000 und 1.500 m Höhe (barfuß wunderschön durch Teppiche aus Kiefernnadeln und Steinen; erst der letzte Stück über einen geröllübersähten, buckligen Karrenweg dann wieder in Schuhen des Gruppentempos wegen)

Resumeé zu den Wanderungen: Daß ich zuhause im wesentlichen nur Asphalt, Gewegplatten und Schotterwege habe, hat mir früh geholfen, meine Fußsohlen abzuhärten. Daß ich regelrechte Marterstrecken, die man barfüßig sonst gerne meidet, in den letzten Monaten bewußt gegangen bin, hat dazu geführt, daß meine Fußsohlen nicht mehr so leicht zu erschrecken sind. Letztlich hat das zu einem deutlich erweiterten Betätigungsfeld für meine Füße geführt und macht trotz der anfänglichen Mühen, auf üblem Grund zu gehen, vermehrt Spaß, weil die Schuhe noch häufiger da bleiben können, wo sie meiner Meinung nach hingehören. Selten habe ich mich so wohl gefühlt. In der Regel war ich dann auch noch einer der ersten.

Den Rückflug habe ich dann nicht nur barfuß, sondern auch noch in Hemd und kurzen Hosen angetreten. Am Flughafen dann 'mal wieder eine Kostprobe der spanischen Mentalität: Das Aufsichtspersonal am Scanner erblickte meine baren Füße, zeigte wild gestikulierend darauf, machte mir klar, daß dies an diesem Ort ein Problem sei und bestand darauf, daß ich Schuhe anzöge [ Bei der letzten Reise hatte das niemanden gestört ... ]. Also zog ich die Flipflops kurz an, um keinen Streß zu haben oder mit einem barfüßigen Attentäter verwechselt zu werden, und --kaum aus der Sichtweite dieser Leute-- verstaute die Flipflops wieder im Gepäck, um feststellen, was ich eh schon wußte: Es gab kein Problem. [ Vorher war ich in La Laguna, wo der Tourismus weniger eine Rolle spielt, aufgrund meiner baren Füße glatt für einen Büßer gehalten worden. Nun ja, spanische Mentalität halt. Von mir aus: Wenn Barfußgehen als Buße verstanden wird, will ich gerne sündigen, falls ich herausfinden sollte, wie man das macht :-)) ... ]

Den Weg vom Flughafen nach Hause in Hemd und kurzer Hose habe ich bei warmen 7°C noch genossen. [ Die Spanische Sonne wirkte halt noch nach und der Spaß war es wert ... ] Inzwischen habe ich mich jedoch aklimatisiert und trage wieder Dreiviertelhose und Jacke.

Heute sprach mich ein Ehepaar ganz interessiert aufgrund meiner baren Füße an und fragte mich regelrecht aus. Nachdem ich ihnen die Vorteile erläutert hatte, erinnerte sich der Mann daran, daß er in seiner Kindheit in kurzen Hosen und barfuß selbst im Winter durch den Schnee gegangen sei, ohne Schaden zu nehmen.

Nur schade, daß ich ab morgen fünf Tage die Woche für acht Stunden und mehr meinen Füßen wieder Schuhe antun muß ...


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