Ich kann's nicht akzeptieren..... (Hobby? Barfuß! 2)

Markus U., Stammposter, Thursday, 13.11.2003, 10:58 (vor 7627 Tagen) @ Lorenz

..... dass das Christentum völlig zur Wohlstandsreligion verkommen ist und man beim Gottesdienstbesuch zeigen muss, was man sich an Kleidung und Schuhen leisten kann (und mit welch tollem Auto man vorfährt). Demut vor Gott ist der europäischen Christenheit fremd, wichtiger ist das Herzeigen der erworbenen Luxusgüter. Deshalb sind Katholen, Evangelen und Orthodoxe auch so ziemlich die einzigen Menschen auf der Welt, die ihre Religion unbedingt mit Schuhen ausüben müssen.

Hi Lorenz!

Im Prinzip stimme ich Dir zu, und es wäre mir gewiß tausendmal lieber, wenn es im Christentum in Analogie zum Islam (von dem in mancherlei Hinsicht viel lernen können, besonders was die Ernsthaftigkeit und Gewissenhaftigkeit in religiösen Angelegenheiten betrifft) verboten wäre, das Gotteshaus in Schuhen zu betreten. Gerade in den orthodoxen Kirchen habe ich noch nie jemanden barfuß gesehen (obwohl es meines Wissens nicht verboten ist, barfuß an der Göttlichen Liturgie teilzunehmen), und sokkenlose Personen sieht man dort auch eher selten. Ich habe lange nach einer Erklärung gesucht und dierse schließlich in kirchlichen Zeitschriftenartikeln gefunden, die sich mit dem angemessenen Verhalten in der Kirche befassen und dabei auch auf die Kleidung der Kirchbesucher eingehen. So ist es etwa in orthodoxen Gotteshäusern nicht gestattet, diese in kurzen Hosen, Minirökken, bauchfreien Tops oder schulterfrei und mit entblößten Armen zu berteten. Auch allzu enge, figurbetonte Kleidung ist äußerst verpönt, und wer eine orthodoxe Kirche in solch unangemessener Kleidung betritt, muß damit rechnen, hinausgewiesen oder gar nicht erst eingelassen zu werden, weil solche Kleidung die religiösen Gefühle der Kirchbesucher, denen ihre Kirche heilig ist, grob verletzen. Auch schmutzige oder abgerissene Kleidung gilt als unangemessen, obwohl deswegen noch niemand aus der Kirche gewiesen werden, denn auch arme Leute, die sich keine saubere Kleidung leisten können, haben das Recht, in der Kirche zu sein und an der Göttlichen Liturgie teilzunehmen. Grundsätzlich aber wird der Gedanke vertreten, daß man in der Kirche, wo man gewissermaßen "bei Gott zu Besuch" ist, das Beste anbieten sollte, und dazu gehören nach landläufiger Meinung tolle Klamotten, Sokken und Schuhe. Man würde ja schließlich auch nicht gerade barfuß bei der Königin erscheinen (ich würde mich das jedenfalls nicht trauen). In dem Gedanken, daß man Gott sein Bestes anbieten sollte, liegt meiner Meinung nach der Grund, warum fast niemand barfuß in den Gottesdienst geht, denn Barfußlaufen war früher bekanntlich ein Vorrecht der armen Leute (und wahrscheinlich ihr einziges Vorrecht überhaupt).

Damit kein Mißverständnis aufkommt:
Mit diesen Zeilen will ich keineswegs dafür werben, daß man beschuht zum Gottesdienst gehen sollte (ich würde mich im Gegenteil über jeden barfüßigen Liturgiebesucher freuen), sondern nur erklären, warum fast niemand barfuß in die Kirche geht.
Im übrigen kennt die orthodoxe Kirche die Lehre vom Fegefeuer nicht.

Barfüßige Herbstgrüße,
Markus U.

Barfüßige Herbstgrüße,
Markus U.


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