Meine erste mehrstündige Barfußwanderung - im Großraum Basel! (Hobby? Barfuß! 2)

Michael aus Zofingen @, Monday, 13.10.2003, 12:06 (vor 7658 Tagen)

Mein beflipflopter Besuch im Verkehrshaus Luzern (www.verkehrshaus.ch) und die barfüßige An- und Abreise per Velo lag erst einen Tag zurück, aber mich drängte es am Sonntag (12.10.2002) schon wieder nach draußen. Ich wollte endlich einmal etliche Stunden am Stück barfuß wandern und nicht nur analog radfahren oder gar nur "rumsitzen" im Freien. Als Wandergegend hatte ich den Großraum Basel vorgesehen, da es dort an ruhigen Herbstagen meist sonnig ist, während das Schweizer Mittelland vom Nebel "verwöhnt" wird. Nur: Nach Basel mußte ich erst einmal kommen. Kein Problem mit dem Fahrrad. Es war 6°C am Morgen und Bodennebel in Zofingen. Sollte ich wirklich bei diesem Wetter ohne Jacke und ohne Schuhe über die Runden bringen. Was tun, wenn jenseits des Hauensteinpasses die Temperatur noch tiefer ist? Können mir bei der Paßabfahrt die Zehen abfrieren? Mein Entscheid: Windjacke und Flipflops (obwohl diese vor kaltem Fahrtwind auch keinen Schutz bieten) in die Packtasche und barfuß, im kurzärmeligen T-Shirt und (wen überrascht das noch?) kurzen Hosen radelte ich gegen 8 Uhr morgens los. Oben auf dem Hauensteinpaß stand eine "Bullenschleuder", aber die Polizeischergen registrierten mich nicht. Während der Abfahrt bekam ich tatsächlich kalte Füße und vor allem Hände. Später, als die Strecke wieder eben war, hatte ich eher ein brennendes Gefühl. In der Altstadt von Liestal sahen mich einige Leute, ich glaube, sie wollten zur Kirche, ungläubig an.

Ich radelte noch bis zum "Joggeli-Stadion", dann fuhr ich noch wenige hundert Meter am Ufer der Birs entlang, dort, nahe beim Dinosaurierdenkmal kettete ich mein Velo an einen Baum. Schuhe blieben in der ans Velo angeketteten Packtasche. Wozu brauche ich während der Wanderung Schuhe? Schließlich gibt es im Raum Basel einen zuverlässigen "Schuhersatz": das Tram. Falls meine Füße den Dienst versagen, bräuchte ich nur bis zur nächsten Haltestelle humpeln. Leider waren auch hier die Uferwege überreichlich geschottert, so daß ich schnell auf Trampelpfade ausweichen mußte, was ein angenehmes Gefühl war. Manchmal schritt ich auch über nasse Grasflächen oder auf asphaltierte Wege, teils Feldwege, teils Quartierstraßen. Ein Weg führte parallel zur BLT-Tramlinie 11. Ich beobachtete, wie Fahrgäste mich anstarrten, ein Passgier stand sogar auf und kam näher ans Fenster. Ein Mann, dessen Tochter einen Tretroller fuhr, fragte mich, ob es nicht zu kalt wäre und ob ich keine Schuhe hätte. Als ich diese Frage mit: "Doch, auf dem Velo", beantwortete, meinte er: "Da liegen sie gut!" Im "Dorf" Reinach (heute längst eine Satellitenstadt Basels) bog ich in weniger befahrene Wege ab, vorbei am Bruderholzdenkmal, Predigerhof Richtung "Batterie". Dort war ein geschotterter Fußweg neben der kaum befahrenen asphaltierten Straße. Ich ging den Weg des geringsten Widerstandes. Ein Rollerbladefahrer überholte mich und meinte grinsend: "Der Fußweg ist doch links!" Worauf ich antwortete: "Entweder wir benutzen beide den Fußweg oder beide die Straße!" Von der "Batterie" führte es hinunter durch die Wolfsschlucht, hier verkehrt auch eine Straßenbahn, die hier eher wie eine Bergbahn anmutet. Ein Mädchen fragte den Vater: "Wieso läuft der Mann barfuß?" Die Antwort: "Weil er kurze Hosen anhat!" Soll das etwa heißen, daß Leute in kurzen Hosen, und nur diese barfuß laufen dürfen? Oder gar müssen?

Schnell wurde die Bebauung großstädtisch, ich benutzte die Passaarelle vom Bahnhof SBB (Hauptbahnhof), wo meine Barfüßigkeit nicht sonderlich registriert wurde, auch nicht beim Überschreiten der Traminseln vor dem Bahnhof. Allerdings mußte ich nun mehr auf Scherben acht geben. Vorbei an Elisabethenkirche kam ich an einen Platz, an dem meine Barfüßigkeit doch eigentlich nicht die Ausnahme, sondern die Regel sein sollte. Immerhin wurde dieser Platz nach dem benachbarten Kloster benannt, die Klosterkirche ist heute Museum. Aber auf dem Barfüßerplatz war ich der einzige ohne Schuhe (auch anderswo sah ich nirgendwo schuhlose Gesellen). Und ausgerechnet auf diesem Platz gab es die meisten lästernden Bemerkungen! Beim Spalentor sah ich einen Mann in Flipflops, ansonsten aber recht bedeckt bekleidet. Seine Füße waren blau gefroren. Durch schöne Altstadtgassen schritt ich zum Münster, sogar durch den Kreuzgang und auf die Münsterplattform. Ich blickte hinunter zur Rheinfähre. Der "Ferima" trug auch Schuhe, vermutlich war es ein anderer. Letztes Jahr hatte ein Fährmann am ersten Adventssonntag (!) barfuß sein Boot bedient, während viel Fahrgäste Handschuhe und Mütze trugen. Eine weitere Person, die ich am 1. Advent 2002 gesehen habe, traf ich auch wieder, der Mann trug auch die gleiche Kleidung, kurze Hose und Hut! Außer diesem Mann und mir begegnete ich am letzten Sonntag nur einen jungen Mann im Basler Zentrum in kurzen Hosen, das andere waren Radfahrer, Jogger und andere Sportler, überwiegend Männer, selten Kinder.

Zurück führte mein Weg über die "Mittlere Brücke" auf das Kleinbasler Ufer. Ein Kind rief entsetzt: "Blutte Beine!" Ein anderes fragte die Mutter: "Will der baden?" Den Rhein überquerte ich abermals, diesmal über die Wettsteinbrücke. In der Nähe befindet sich ein Kneipp-Becken direkt am Ufer. Ich mußte feststellen, daß meine vermohrten Füße sofort wieder sauber wurden, nur der Schmutz, der von der Fahrradkette stammt ging nicht ab. Auf einer Bank saß frierend ein junges Paar, beide dick vermummt. Etwas "unpassend" wirkte, daß die junge Frau ihre nackten Füße in Sandalen gesteckt hatte. Die Farbe der Füße unterschied sich kaum von der ihrer Jeans. Ich begleitete den Rhein noch bis zur Birsmündung, dann folgte ich der Birs, meist über nasses Gras. An einigen Stellen mußte ich jedoch auf die Straße ausweichen, weil diese das kleinere Übel gegenüber Baustellenschotter ist. Das letzte Ende war naturbelassener Waldweg, dann war ich wieder am Velo angelangt. Bevor ich jedoch losradelte, machte ich noch eine Pause und beobachtete die vielen Kinder, die beim "Dinosaurier" spielten. Einige versuchten sogar, auf den "Riesensiech" zu klettern. Meine erste mehrstündige barfüßige Wanderung war zu Ende. Etwas mehr als 6 Stunden war ich auf den Füßen. Im Prinzip hat mir diese gefallen, nur habe ich wegen dieses dämlichen Schotters die Route etwas abändern müssen. Meine frühere Meinung, daß der Raum Basel eine ideale Wandergegend ist, muß ich modifizieren: Der Raum Basel ist ideal für beschuhte Wanderungen, speziell für solche, die mit öffentlichen Verkehrsmitteln angereist sind. Die Wege sind gut beschildert, und überall findet man ein Wanderwegschild, das auf den Weg zur nächsten Tramhaltestelle oder zum nächsten Bahnhof hinweist. Vom vielen Laufen auf Asphalt schmerzten meine Füße, aber ich hatte keine Probleme, auch noch die Heimfahrt barfuß anzutreten. Probleme mit der Temperatur hatte ich auch nicht. In Basel war es tagsüber etwa 15°C warm gewesen bei meist bewölktem Himmel. Als ich abends in Zofingen ankam, war es noch 11°C.

Mit freundlichen Grüßen

Michael aus Zofingen

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