Plattfuß - barfuß in Zürich (Hobby? Barfuß! 2)

Michael aus Zofingen @, Monday, 29.09.2003, 09:00 (vor 7672 Tagen) @ Ludwig fun

Hallo Ludwig!

"heute morgen habe ich mal wieder mit dem Rad eine Runde um den Baldeneysee drehen wollen, aber leider einen Platten am Hinterrad gehabt, bevor ich nur die Hälfte rum war. Ich gehöre ja nicht zu der Hardcore-Barfüßer-Fraktion, deshalb hatte ich natürlich Schuhe mit. Nur: Mit Clogs kann ich leider nicht meilenweit laufen, Busfahren ist essig an dieser Strecke... also: laufen, aber ohne Clogs. Und das ist bei 10° und 9 Uhr morgens in einem Spießer-Stadtteil sicherlich ein ungewohnter Anblick für die zahlreichen Jogger, Inlineskater und anderen Radler."

Am Baldeneysee war ich auch mal, jedoch habe ich ihn nicht mit dem Fahrrad umrundet. Einmal habe ich von dort eine Wanderung am Ufer der Ruhr entlang bis Mülheim unternommen. Ein anderes Mal war ich dort vorbei gekommen, als ich im Zuge einer Radtour im Jahre 1989 aus der Schweiz nach Mülheim auf dem Rückweg auch dort vorbeikam (meine Tagesetappe führte von Mülheim via W-Vohwinkel, Wermelskirchen und Siegburg nach Bonn). Ist der Essener "Spießer-Stadtteil" etwa das früher selbständige Städtchen Kettwig? Soweit ich mich erinnere, fährt auch ein Schiff "Stadt Kettwig" auf der Ruhr bis zum Mülheimer "Wasserbahnhof".

Letzten Samstag (27.9.2003) war ich auch mal wieder mit dem Fahrrad unterwegs. Auch ich ließ mir durch einen "Unfall" (Plattfuß) den Tag nicht vermiesen. Ich hatte für diese "Notsituation" allerdings einen Reserveschlauch und eine Luftpumpe dabei. Bei einer Strecke Zofingen - Zürich gar nicht so verkehrt. Morgens um 8 Uhr radelte ich los. Bei ca. 9°C und wolkenlosem Himmel entschied ich mich, Jacke und Schuhe gar nicht erst mitzunehmen, sondern lediglich ein leichtes T-Shirt und kurze Hosen zu tragen. Noch in Zofingen selbst hörte ich nur den Kommentar einer älteren Frau, die zu ihrem Mann sagte: "Ein hitziger Siech". Über Lenzburg erreichte ich das ehemalige Hutmacherdorf Wohlen, heute längst eine Art Stadt (d.h. gesichtslose Ansammlung einer großen Menge von Häusern), wo ich in eine Heftzwecke fuhr, den Plattfuß aber recht gut beheben konnte. Kurze Zeit später erreichte ich über eine gedeckte Holzbrücke das malerisch an der Reuß gelegene, mit Zinnen und Türmen gekrönte Städtchen Bremgarten. Hier sagte ein ca. 5 jähriges Mädchen zur Mutter: "Der Mann trägt ja kurze Hosen, ih!" Hielt das Kind meine Barfüßigkeit für weniger Aufsehen erregend wie meine Hose? Oder war es von der Hose derart geschockt, daß es die fehlenden Schuhe gar nicht registrierte? Sind kurze Hosen etwa "noch iher" als keine Schuhe?

Dann ging es über Mutschellen Richtung Zürich. Ein "Mutschälle-Drämli" überholte mich auf dem parallel verlaufenden Gleis, einige Zugpassagiere starrten mich an. Zuletzt radelte ich am Limmatufer entlang und erreichte den Zürcher Hauptbahnhof. Dann schob ich mein Velo durch die Haupteinkaufsstraße, die Bahnhofstraße, die für den Fahrverkehr gesperrt ist, nur Straßenbahnen dürfen dort durch, und das sind ziemlich viele! Die Leute registrierten meine Kleidung offensichtlich nicht so sehr. Dann verließ ich die Bahnhofstraße, schob das Velo über angenehm kühles Kopfsteinpflaster durch die Altstadt, über die Rathausbrücke, durch das Niederdorf, vorbei am Großmünster zur Bellevue, dann am Seeufer zum Freibad Tiefenbrunnen, wo ich gegen 12 Uhr ankam. Kaum böse Blicke, Zürich ist wohl eine weltoffene Stadt. Im Freibad blieb ich bis 17 Uhr, die Wassertemperatur war noch angenehm zum Baden, auch die Lufttemperatur stieg über 25°C. Als ich das Velo am Seeufer zurückschob Richtung Quaibrücke, beobachtete ich viele Leute, die barfuß auf den Wiesen saßen oder auf den Steinen am Wasser. Aber auf dem Weg war ich der einzige Barfüßer. Nur auf einem Wegstück, das infolge einer Baustelle statt Platten Schotter besaß, bemerkte ein Mädchen: "Ohne Schuhe". Auch als ich danach das Velo durchs Niederdorf zum Central schob, erntete ich kaum böse Kommentare. Dann aber schwang ich mich aufs Fahrrad und radelte über Weiningen, Wettingen, Baden und Lenzburg zurück nach Zofingen, wo ich gegen 21 Uhr ankam. Nur in Zofingen selbst lästerten erst ein paar Jugendliche über meine Kleidung, als ich mit dem Velo durch die Altstadt raste. Und ein Rentner sagte: "Der schon wieder!"

Alles in einem kann ich sagen, daß ich den Tag genossen habe.

Schöne Grüße

Michael aus Zofingen


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