Barfuß zur Wahl, anschließend 13 km Wandern im Fichtelgebirge (Hobby? Barfuß! 2)

malo @, Stammposter, Sunday, 21.09.2003, 20:55 (vor 7679 Tagen)

Hallo,

heute war in Bayern Landtagswahl und Volksentscheid. 9 Uhr, herrlichster Sonnenschein, 12°! Jeans und t-shirt, barfuß, ich auf zum Wahllokal. Klar wer um diese Zeit zuerst wählt! Die Schlipsträger, die Honoratioren, die Wichtigen, die Gescheiten, die Anzugträger, im Grunde die Superbayern, die Scheinheiligen....
Es gab etliche komische Blicke, aber keinerlei Kommentare. :-(

Mit Freundin und einem Kollegen fuhren wir anschließend nach Meierhof, einem Dorf am Fuße des Schneeberges. Seit über 15 Jahren war ich hier nicht mehr gewandert. Ich wollte Kindheitserinnerungen folgen, damals, als man über viele Jahre mit Schwester, Vater und Mutter dort unterwegs war. Mit 6 Jahren schon. Irgendwann mit 15, 16 war man nicht mehr dabei.
Gewählt war der Aufstieg über Rudolfstein (866 m), Schneeberg (1052 m), Nußhart (772 m) zum Seehaus/Gaststätte (730 m). Aus damaliger Zeit hatte ich in Erinnerung, das die Wege überwiegend natürlich waren. Aber heute? Forstautobahnen und die alten Wege etwa 40% zu 60%, also 40% ausgebaut! Doch diese waren zum größtenteil auch eher sandig, daher gut barfuß begehbar. Der erste Anstieg zum Rudolfsattel geht gemächlich einen Fuhrweg berg an. Dann kommt ein sehr steiles Stück natürlichen Weges, eher dem eines ausgetrockneten Bachbettes mit Sand, Steinen, Felsen und Wurzeln gleichend. Es macht Spaß, auf den blanken Granitsteinen von Stein zu Stein zu wandern. Es ist anspruchsvoll fürs Auge, immer schon die nächsten Schritte dabei im "voraus" zu berechnen, um ja möglichst nicht dazwischen auf den Boden zu kommen. Schnell ist man oben am Gipfel auf 1052 Meter Höhe. Der höchste Berg im Fichtelgebirge. Ein kleiner hölzerner Aussichtsturm ist seit 1996 wieder begehbar. Bis dahin stand er einige Jahrzehnte im umzäunten Gebiet der amerikanischen Besatzungsmacht. Deren Areal steht leer und zum Verkauf. Etwa 20% des Geländes werden nun renaturiert, was dort oben sehr schwer ist, da die Vegetation im Jahresschnitt einer Temperatur von nur 3,8°C ausgesetzt ist!!! Barfuß da oben? Der Sommer war sicher auch dort ungewöhnlich. Und auch heute. Gut eine Stunde lümmelten wir im Gras, im Windschatten eines Steinhaufens. Stahlblauer Himmel über uns und eine herrliche Stille. Wir hatten gekochte Eier dabei und tranken je ein Bier aus der Flasche (!). Wir gingen dann weiter die 1,2 km zum Nußhart. Einem Steinhaufen mit Aussichtspunkt. Der Weg dazwischen größere Felsen, viele Wurzeln, getrocknete lehmige Abschnitte und Sand. Aber auch grober Splitt aus dem Steinbruch. Die Steigungen eher mäßig, meist flache Kammlage. Viele Kinder tummelten sich am Nußhartgipfel. Deren Eltern etwas abspannend im Gelände darum sitzend verteilt. Bewaffnet mit den "nordischen Skistöcken" zum besseren "walken"! Haha. Dazu Trekkingstiefel. Naja, wer es braucht.
Hier tischten wir nun die kleine Decke auf einem ebenen Felsen auf. Schwubdiwub kamen aus dem Rucksack die am morgen daheim gebratenen Schnitzel und der wie immer selbst gemachte Kartoffelsalat zum Vorschein. Mineralwasser und Bier dazu. Auch Teller und Besteck fehlten nicht. Nun hatten wir fast alle Blicke bei uns. Hähähä. Welch ein Festmahl und Gottes freien Himmel! Lecker!
Nach etwa 40 Minuten hieß es aufbrechen, die paar restlichen 900 Meter zum Seehaus bewältigen. Der Weg zuerst noch Geröll, Felsen und Steine, hie und da Sand. Dann Fuhrweg und wieder "ausgebauter" Waldweg mit Granitsandbelag. Früher war dieser äußerst weich und moorig. Schade drum. Allgemein gehören sämtlichen Höhenlagen des Fichtelgebirges zu den am stärksten betroffenen Gebieten Deutschlands mit den Waldschäden! Der vor 15-20 Jahren in meiner Kindheitserinnung vorhandene dunkle Fichtenwald ist längst einem sehr lichtdurchfluteten offenem Baumbestand gewichen. Am Boden nicht mehr der dichte Nadelteppich, sondern das hohe schilfartige Gras (barfuß ungeeignet, da messerscharf). Man versucht mit Buche und Esche/Vogelbeere aufzuforsten. Aufhalten kann man die Versteppung wohl kaum. Der Boden ist komplett übersäuert.
Am Seehaus, einer Unterkunftshütte und Gaststätte des Fichtelgebirgsvereines, war Hochbetrieb. Kein Wunder, bei dem Wetter. Die meisten Gäste latschen aber dem kurzen Weg vom "oberen" Parkplatz herauf, etwa nur 150 Höhenmeter unterhalb der Hütte. Dieser Parkplatz ist über so eine Forstautobahn von der drunten im Tal verlaufenden B303 gut zu erreichen. Bischofsgrün und der Ochsenkopf sind vielleicht manchen ein Begriff, sie sind genau gegenüber des Seehügels. Unser mitgebrachtes Essen war auch ein Umgehen der doch nicht gerade günstigen Preise im Unterkunftshaus. Außerdem schmeckt es besser! Hier machten wir kurze Rast, um dann zurück zu wandern. Nun knapp unterhalb am Nußhart entlang, zwischen Schneeberg und Nußhart am Nußhart-Sattel beginnend den Fuhrweg runter an der Rösla-Quelle vorbei, zum Rudolfsattel. Hier zweigt ein schöner Naturpfad ab zum Rudolfstein über die Felsformationen "Drei Schwestern" und "Drei Brüder". Der Rudolfstein ist eine Granitformation, etwa 30 Meter hoch im Wald stehend. Man kann oben rauf über Stufen im Granit und Holzleitern. Auch hier, wie heute vom Schneeberg und Nußhart der Blick ins ferne Land: im Osten der Kaiserwald (Böhmen, bei Karlovy Vary), das Erzgebirge mit dem Auersberg, zum Norden hin das Sächsische Vogtland, der Döbraberg im Frankenwald, westlich bereits die östlichen Ausläufer des Thüringer Waldes, runter ins Mainfränkische Becken Richtung Kulmbach. Am Ochsenkopf links vorbei in Richtung Südwesten, der "Rauhe Kulm", im Süden der Steinwald, der Oberpfälzer Wald und wieder zum Kaiserwald. Hier ist der "Nabel Europas". Rundum Mittelgebirge zum barfüßigen erkunden.
Nachdem wir drunten vorm Aussichspunkt unseren Kuchen und den Kaffe aus der Thermoskanne verdrückt und noch 30 Minuten Sonne genossen hatten, trollten wir uns bergab gen PKW-Parkplatz bei Meierhof. Der Weg wurde nur wenige 100 Meter hinterm Rudolfstein zur Forststraße. Um 10.00 Uhr war Aufbruch, um 17.15 Uhr Schluß am Parkplatz. Alles in allem ein herrlicher Tag. Meinen Füßen geht es blendend. Etwas müde vom Sauerstofftanken ist man.
Kommentare zu meiner Barfußwanderung:
+eine junge Mutter, deren Gesichtszüge völlig entgleisten, ob ihrer schweren Trekkingstiefel
+mehreren älteren Wanderern, denen das positiv! auffiel.
+und Kindermündern, denen es entfleuchte "Ah, der läuft baaarfuuuß!".
Das übliche eben ;-)

Gruß,
Markus


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