@ Markus U. & Pro Gießen... (Hobby? Barfuß! 2)

Markus U., Stammposter, Wednesday, 17.09.2003, 22:30 (vor 7683 Tagen) @ Bernd

Hi Markus,
finde ich da schön zu lesen, dass endlich wieder jemand eine Lanze für Gießen bricht... Ich habe drei Fächer studiert und in keinem Bereich "sture Böcke" oder "Aufgeblasene" unter den Lehrenden kennen gelernt. (Bis auf einmal, als ich eine Professorin um Auskunft fragte und sie mich auf ihre Sprechstunde verwies, mit der Entschuldigung, sie hätte ja soooo viel Arbeit auf dem Schreibtisch heute. Dort lag aber nur der aktuelle Quelle-Katalog.... ;-)
Die "Ablehung", stelle ich mir vor, kommt, wenn überhaupt, nur von intoleranten Pseudo-Yuppies unter den Studierenden der Rechts- und Wirtschaftswissenschaften. Tja, es liegt wohl in der Natur der Fächer... Intoleranz, ausgeprägtes Einzelkämpfertum, gepaart mit übersteigertem Konkurrenzbewusstsein, ganz besonders in den Gebäuden der Licher Straße. Ich schreibe dies nicht einfach so aus Lust und Laune, sondern habe selbst Konfrontationen miterleben können, als Jura- oder BWL-Studenten im Audimax zwecks Klausurtermin auf "typische Geisteswissenschaftler" (Erziehungswissenschaften, Kunstpädagogik, Soziologie, Politikwiss., Theologie, Romanistik etc.) gestoßen sind: "Guck mal, wie *die* rumlaufen, absolut null stylish, oder?"
Finde ich ja toll, dass Du nach Deinem Jurastudium noch eine geisteswissenschaftliche Richtung eingeschlagen hast. Wie sind denn Deine nackten Füße im 2-jährigen Rechtsreferendariat angekommen? Das würde mich ja wirklich mal interessieren...
Gruß aus Gießen
BERND

Hi Bernd!

Was Du über die Juristen und Wiwis geschrieben hast, kann ich nur bestätigen (obwohl Jura eigentlich auch strenggenommen zu den Geisteswissenschaften zählt). Wir hatten während des Studiums auch einige wenige Veranstaltungen im Philosophicum II, und dort war eine ganz andere Atmosphäre als in der Licher Straße. das Beste an der licher Srtraße war eigentlich der Blick aus dem Fenster auf die Bahnlinie mit den wunderschönen Telegraphenmasten, an deren herrlichem Anblick ich mich auf diese Weise während langweiliger, aber wichtiger Veranstaltungen den ganzen Tag erfreuen konnte (das meine ich nicht ironisch). Am schönsten war die Mittagspause, wenn ich zur Mensa gehen und dort einen Einblick in die ganze bunte Vielfalt der Studierenden in Gießen nehmen konnte. Im Juridicum lief niemand barfuß, und ich selbst war damals an der Uni auch nur ganz selten barfuß, eigentlich nur an sehr heißen Tagen im Sommer. Dafür dehnte ich die sokkenlose Periode von Jahr zu Jahr länger aus, bis ich das ganze Jahr lang keine Sokken mehr trug. Barfuß gelaufen bin ich damals eigentlich nur in Klein- Linden, wo ich auch gewohnt habe (in der Wetzlarer Straße). Unter den Juristen galt ich schon damals irgendwien als Paradiesvogel, zumal ich auch bisweilen recht unkonventionell gekleidet war. Ich bin, wenn man so will, eben auf meine ganz eigene Art und Weise "stylish".

Unmittelbar nach dem Ersten Staatsexamen bin ich dann von Gießen weggegangen und wieder ins Rheinland gezogen. In der Referendarzeit, wo das Landgericht Duisburg (ich wohnte damals in Krefeld) meine Stammdienststelle war, bin ich nie barfuß zum Dienst erschienen, aber sehr oft sokkenlos, was freilich nicht sehr gut ankam. Es hat zwar nie jemand etwas gesagt, ich habs aber irgendwie gespürt (und es gleichwohl unverdrossen durchgezogen, denn "ist der Ruf erst ruiniert, lebt sichs völlig ungeniert".) In der Juristerei lebt leider das Spießertum, aber wie sollen verstaubte Konventionen gebrochen werden, wenn nicht jemand mal damit anfängt? Wenn alle immer nur warten, passiert nämlich gar nichts!

Auch ansonsten bin ich recht unkonventionell und habe meinen eigenen Kopf, was hier im Forum auch nicht immer gut ankommt!

Barfüßige und erinnerungsvolle Septembergrüße,
Markus U.


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