unsichere Blicke (Hobby? Barfuß! 2)

Reinhard, Wednesday, 13.08.2003, 23:46 (vor 7718 Tagen) @ jonathan

Dein Posting deckt sich mit meinen Erfahrungen. Vor einigen Wochen bin ich in Hamburg barfuß unterwegs gewesen. Für mich, der auf dem Land wohnt ist Barfußlaufen in der Großstadt immer ein exotisches Erlebnis. Und weil ich mich sehr für menschliches Verhalten interessiere, habe ich die Leute beobachtet und auch einige kleine Experimente gemacht.
Hier ein paar Erfahrungen. Studierte Psychologen mögen mich verbessern, wenn ich daneben liege.
Je dichter das Gewühl, um so weniger fällt man auf. Ohnehin provoziert man die meisten Reaktionen selbst. Die meisten Menschen, die einem begegnen, bemerken gar nicht, dass man barfuß ist, solange man sie nicht durch unbewusste Gesten darauf aufmerksam macht. Das ist nicht einfach. Als Barfußläufer ist man nun mal auf seine Füße fixiert, sei es durch die Sinneseindrücke oder weil man ja auch aufpassen muss, wo man hintritt. Die Leute, die einige Zeit hinter einem gehen, bemerken natürlich schon, dass man barfuß ist. Aber das kann einem egal sein, denn man sieht sie ja nicht. Nur einmal hörte ich das Wort "Barfußgeselle" hinter mir.
Die, die einem entgegen kommen, schauen einen zwar an, doch sie nehmen einen nur unbewusst war. Erst wenn ich einen Blick erwiderte, forderte ich sie praktisch zu einer Musterung meiner Person auf. Fiel mein Blick dann auch noch auf meine Füße, war das wie die Aufforderung zu einem Kommentar und dann kamen die Reaktionen. Ich habe es mehrfach ausprobiert und gemerkt, dass es meist an mir lag, wenn es Reaktionen auf mein Barfußlaufen gab. Nun kommt noch die Art der Reaktion. Ist Barfußlaufen für jemanden selbstverständlich, strahlt man das auch nach außen aus und die Mitmenschen nehmen es ebenfalls für selbstverständlich hin, meistens jedenfalls. Es gab aber auch zum einen die amüsierten Blicke und dann die, besonders von älteren, gutgekleideten Damen, die einen gleich unter Penner einordneten. Das muss nicht immer schlecht sein.
Einmal kam eine Frau, die zum Promotionteam eines großen amerikanischen Autoherstellers gehörte, der auch in Köln produziert, auf mich zu. "Hallo, xxxx-Promotionteam." Ihr Blick fiel auf meine bloßen Füße. "Oh...!” Und ich war sie los. Die Leute sollten vielleicht mal, ihre Hausaufgaben machen. Sinnigerweise fahre ich auch noch eines von ihren Autos und das ist eigentlich sehr barfußfreundlich, besser jedenfalls als das Promotionteam. Ich habe an diesem Tag vier Barfußläuferinnen gesehen, und die waren alles andere als obdachlos.
Barfüßige Grüße
Reinhard


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