Afrikanische Temperaturen und europäische Kleidungsvorschriften (Hobby? Barfuß! 2)

Bernd A, Sunday, 10.08.2003, 11:20 (vor 7721 Tagen)

Hallo zusammen!

Das derzeitige Wetter ist für unsere Gebiete sicher sehr ungewöhnlich, am Mittelmeer, in Afrika, Australien, Südamerika, Südostasien etc. sind solche Temperaturen normal und eigentlich auch kein Problem. Unser Problem sind unsere Lebensgewohnheiten, die an Sommertemperaturen von durchschnittlich 20-25 Grad und Wintertemperaturen um 0 Grad angepasst sind. Wenn es nun aber 5-10 Grad wärmer ist (im Durchschnitt), dann passen diese Gewohnheiten einfach nicht mehr.
Im australischen Sommer z.B. sind Temperaturen um 40 Grad völlig normal, dort wird aber auch kaum jemand auf die Idee kommen, z.B. mit geschlossenen Schuhen Auto zu fahren. Arbeiten mit Sandalen und kurze Shorts ist die Regel, auch Polizeibeamte tragen entsprechende Uniformen. Dort wird sich auch niemand über barfüßiges Autofahren aufregen, das macht ja schließlich jeder (und kann sich die damit verbundenen Vorteile auch besser vorstellen, als die meisten Leute hierzulande).
In Südeuropa ist die mittägliche ausgedehnte Siesta eine alte und sehr sinnvolle Sitte, es macht ja absolut keinen Sinn, bei Temperaturen um 40 Grad in der sengenden Mittagshitze zu arbeiten, Produktives kommt dabei ohnehin nicht heraus.
Bei uns hier besteht man aber auf althergebrachte Kleidungsvorschriften und Arbeitszeitgewohnheiten - "es war schon immer so!"
Auch in Schweden ist der Sommer ungewöhnlich warm, selbst in den Bergen Lapplands wurden im Juli Temperaturen von über 30 Grad gemessen. Die Kleidungsvorschrift für Busfahrer sagt nun aus, dass zur vorschriftsmäßigen Herrenuniform lange Hosen und geschlossene Schuhe gehören, für die kältegewohnten Schweden eher eine Folter! Ein findiger Busfahrer fand nun aber heraus, dass in der Vorschrift nirgendwo verboten ist, dass männliche Fahrer Damenuniformen tragen. Diese Uniformen erlauben Kleidchen und Sandalen. Also fährt der Gute nun mir Damenuniform - wie das seinem Dienstherrn und den Kunden gefällt stand nicht in der Pressemeldung.
Schlecht hat man es allerdings auch in einigen Gebieten Afrikas. Denn in einigen Ländern hat man die Kleidungsgewohnheiten von den englischen, französischen und deutschen Kolonialherren übernommen, völlig unpassend für das dortige Klima.
Hier in Karlsruhe leben (wie in anderen Städten auch) ja viele afrikanische Studenten sowie sonstige Einwanderer aus afrikanischen Ländern. Wenn man abends durch die Innenstadt schlendert, können durchaus afrikanische Gefühle aufkommen, wenn Afrikaner unterwegs sind, die endlich mal ihre von zu Hause mitgebrachten schönen farbenfrohen Gewänder und Kleider anziehen können. Die Temperaturen passen dazu. Unser normales eher kühles und regnerisches Sommerwetter eignet sich ja weniger für solche kunstvoll gestilte Kleidung.
Afrikanisches Flair in deutschen Städten, das ist doch auch mal was Schönes.
Problematisch ist dieses Wetter natürlich für unsere Tier- und Pflanzenwelt. Tiere können sich überhaupt nicht gegen die Hitze und Trockenheit wehren, Pflanzen können sich damit helfen, dass sie Laub abwerfen um nicht zu viel Feuchtigkeit zu verdunsten - andererseits brauchen sie das Laub aber zur lebensnotwendigen Lichtaufnahme.
Wäre dieser Sommer ein Einzelfall, könnte man sich darüber freuen. Leider hatten wir in den letzten 15 Jahren schon eine Reihe ähnlich heißer Sommer, mit steigender Tendenz. Dieser Sommer ist vermutlich nur der vorläufige Höhepunkt. Was passieren würde, wenn solche Temperaturen zum Normalfall werden, das zu schildern würde sicherlich den Rahmen hier sprengen und ist ohnehin schwer vorherzusagen.

Bernd A

selbstauferlegte Kleidungsvorschriften

Spency, Sunday, 10.08.2003, 12:15 (vor 7721 Tagen) @ Bernd A

Hoi Bernd

Es braucht wohl alles seine Zeit. Gibt es auch zukünftig solch sonnige und heisse Sommer, werden auch die Kleidervorschriften langsam aber sicher angepasst. Was mir auffällt ist, dass je tiefer die berufliche Stellung, desto eher auch Mann kurze Hosen, offene Schuhe (oder sogar barfuss) trägt. Derweil in der Teppichetage lange Hosen und geschlossene Schuhe weiterhin selbstauferlegte Pflicht sind (einzig auf die Krawatte wird verzichtet). Offensichtlich glauben viele (meist auch älteren) "Würdenträger", dass sie mit dem offenlegen ihrer nackter Haut etwas von ihrer Respekt verliefen würden (mein Chef mit nackten Beinen und ausgezogenen Schuhen zuoberst am Sitzungstisch - unvorstellbar!?). Diese Feststellung mache ich aber nicht nur während der Arbeitszeit, auch in der Freizeit gibt es gewisse "Gesellschaftsschichten", die sich nicht "dem Wetter entsprechend" kleiden. (Der "Generaldirektor" der grossen Bank, oder der hohe Politiker, bekleidet mit kurzen Hosen und barfuss in Sandalen beim wöchentlichen Lebensmitteleinkauf ?!)

Hier ist wohl die jüngere Generation gefordert, zumindest im Alltag kurze Hosen und natürlich auch das Barfusslaufen gesellschaftsfähiger werden zu lassen. Selbstverständlich muss aber auch akzeptiert werden, dass es gesellschaftliche und berufliche Standarts weiterhin geben wird, wo nackte Männerbeine und Männerfüsse nicht gern gesehen werden)

Gerade in Berufen, wo Uniformen Pflicht sind, braucht es zuerst aber die Einsicht des Arbeitgebers, damit die kurzen Hosen auch als Uniform-Kleidungsstück abgegeben werden. Aus meiner Erfahrung tragen die Postboten und Busfahrer kurze Uniformhosen. Bei der Bahn konnte ich dies noch nicht beobachten. Leid tun mir auch die Soldaten in der Schweiz, welche sich mit ihren schwiesstreibenden Unifomren gleich selber "kampfunfähig" machen.

So genug geschrieben, nun geht es in die Badi, selbstverständlich ohne "selbstauferlegte" Kleidung- und Schuhvorschriften, da ich zum Glück weder ein Generaldirektor noch ein ranghoher Politiker bin.

selbstauferlegte Kleidungsvorschriften - Politiker

Pascal 2, Sunday, 10.08.2003, 13:12 (vor 7721 Tagen) @ Spency

oder der hohe Politiker, bekleidet mit kurzen Hosen und barfuss in Sandalen beim wöchentlichen Lebensmitteleinkauf ?!)

Ja, da haben wir ja dieses Jahr ein Beispiel.

Wie ist denn der Herr Bundeskanzler jetzt bekleidet an seinem deutschen Urlaubsort?

Ich denke dass er wohl kaum in kurzen Hosen rumläuft, oder?

selbstauferlegte Kleidungsvorschriften - Politiker

Olaf, Stammposter, Sunday, 10.08.2003, 14:32 (vor 7721 Tagen) @ Pascal 2

Ich denke, das wird er schon tun, aber nur, wenn kein Kamerateam dabei ist - was sich wohl nur selten vermeiden wird lassen.

Daß man sich so ein Amt überhaupt antut - für mich unbegreiflich.
Wirklich normal kann kein Politiker sein.

Olaf

oder der hohe Politiker, bekleidet mit kurzen Hosen und barfuss in Sandalen beim wöchentlichen Lebensmitteleinkauf ?!)

Ja, da haben wir ja dieses Jahr ein Beispiel.
Wie ist denn der Herr Bundeskanzler jetzt bekleidet an seinem deutschen Urlaubsort?
Ich denke dass er wohl kaum in kurzen Hosen rumläuft, oder?

selbstauferlegte Kleidungsvorschriften - Politiker

Bernd A, Sunday, 10.08.2003, 17:57 (vor 7721 Tagen) @ Olaf

Immerhin gab es hier im Forum vor längerer Zeit mal ein Foto von unserem Bundespräsidenten zu sehen, beim Spaziergang mit Frau, Tochter und Hund, und die Tochter war barfuß!
Und auch von Herrn Schröder habe ich schon mal in einer Zeitung ein Urlaubsfoto gesehen, auf dem er barfuß war.
In Amt und Würden aber sicher nicht, das ist unvorstellbar.

Gruß, Bernd A

Afrikanische Temperaturen und europäische Kleidungsvorschriften

Markus U., Stammposter, Tuesday, 12.08.2003, 08:11 (vor 7719 Tagen) @ Bernd A

Hi Bernd!

Das derzeitige Wetter ist für unsere Gebiete sicher sehr ungewöhnlich, am Mittelmeer, in Afrika, Australien, Südamerika, Südostasien etc. sind solche Temperaturen normal und eigentlich auch kein Problem. Unser Problem sind unsere Lebensgewohnheiten, die an Sommertemperaturen von durchschnittlich 20-25 Grad und Wintertemperaturen um 0 Grad angepasst sind. Wenn es nun aber 5-10 Grad wärmer ist (im Durchschnitt), dann passen diese Gewohnheiten einfach nicht mehr.
Im australischen Sommer z.B. sind Temperaturen um 40 Grad völlig normal, dort wird aber auch kaum jemand auf die Idee kommen, z.B. mit geschlossenen Schuhen Auto zu fahren. Arbeiten mit Sandalen und kurze Shorts ist die Regel, auch Polizeibeamte tragen entsprechende Uniformen. Dort wird sich auch niemand über barfüßiges Autofahren aufregen, das macht ja schließlich jeder (und kann sich die damit verbundenen Vorteile auch besser vorstellen, als die meisten Leute hierzulande).

Kleidersitten werden nirgendwo allein von klimatischen Gegebenheiten bestimmt (denn dann müßten wohl alle Bewohner der Tropen ganzjährig nackt gehen), sondern ganz wesentlich auch von sozialen, kulturellen und religiösen Gegebenheiten bestimmt.
In Australien stammen die meisten Menschen von Einwanderern aus Nordeuropa ab, und daher mögen dort Shorts weitverbreitet sein, da Europäer und Menschen europäischer Abstamung den Drang zu weitgehender Entblößung bei steigenden Temperaturen haben.
Im Sudan, auf Neuguinea, in Melanesien sowie in den Regenwäldern des Amazonas liefen die Eingeborenen noch vor rund 25 Jahren nackt herum (ob und inwiefern das noch heute so ist, weiß ich nicht), wärend in Ländern islamischer Prägung vor allem im Nahen Osten, auf der Arabischen Halbinsel und in Nordafrika bei den dortigen sehr heißen Sommertemperaturen vollständige, den größten Teil des Körpers bedekkende Kleidung angebracht ist - dort läßt man im allgemeinen nur das Gesicht, die Hände sowie einen Teil der Füße (die meisten Leute gehen dort sokkenlos in Sandalen) unbedeckt - ein Europäer in Shorts wird in diesen Ländern im besten Falle ausgelacht und zieht sich ansonsten den Zorn der Bevölkerung zu. In Südostasien besteht die Kleidung in vielen Ländern (außer in Singapur, wo vielfach "Business Look" also Anzug mit Krawatte, Sokken und Schuhe erwartet wird) aus langem Hemd oder T- Shirt und langer Hose; an den Füßen tragen die Eingeborenen Flipflops oder gehen barfuß.

In Südeuropa ist die mittägliche ausgedehnte Siesta eine alte und sehr sinnvolle Sitte, es macht ja absolut keinen Sinn, bei Temperaturen um 40 Grad in der sengenden Mittagshitze zu arbeiten, Produktives kommt dabei ohnehin nicht heraus.
Bei uns hier besteht man aber auf althergebrachte Kleidungsvorschriften und Arbeitszeitgewohnheiten - "es war schon immer so!"

Da man bei unssolche Temperaturen nicht gewohnt ist, tun sich viele Leute schwer damit - das sollte niemanden erstaunen. Für uns sollte es eine willkommene Gelegenheit sein, verstärktund ohne falsche hemmungen barfuß zu laufen! In Düsseldorf und Umgebung sind die Barfüßer zwar in der Minderheit, aber dafür haben die Sokkenlosen ganz klar die Mehrheit - schätzungsweise 75 % der Männer und vermutlich mehr als 90 % der Frauen tragen bei den derzeitigen Temperaturen keine Sokken, und das ist, wie ich meine, auch schon sehr erfreulich!

Barfüßige Sommergrüße,
Markus U.

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