Hi Remo!

Meine Zeit ist an und für sich immer sehr knapp bemessen, aber
heute möchte ich Dir auch meine Erfahrungen und Meinungen kundtun.

Als Kind bin ich leider niemals barfuß gewesen. Ich kann nicht sagen, ob meine Eltern etwas gegen das Barfußlaufen hatten, allerdings sind sie - außer ab und zu im Urlaub - niemals barfuß gegangen.
Neulich scannte ich ältere Bilder und dabei gab es welche, wo ich als Kleinkind schöne weiße Schuhchen mit weißen Socken getragen habe.
Nun ja...

Als Jugendlicher hatte ich so meine Probleme - nicht nur mit barfuß.
Ich schämte mich sogar, in Bermudas oder so herumzulaufen, selbst im Urlaub, wo es zumeist recht heiß war. Ich hatte stets so alberne blaue Stoffhosen an, die Füße stets in Sandalen - meist mit Socken.
Einige Jahre später probierte ich aus eigenem Antrieb heraus ein bißchen barfuß zu gehen. Dies war im heimischen Garten. Ich merkte, daß das Barfußlaufen gar nicht so schlecht war. Ich ging immer mehr und immer öfter barfuß, sogar auch mal in die Garage. Dazu mußte ich genau 13 Granitstufen herunter- und dann noch etwa 30 m der Straße entlang gehen. Ich merkte, daß mir das Barfußlaufen sehr viel Spaß machte. Auch im Haus war ich nur noch barfuß anzutreffen. Früher hatte ich so komische Hausschuhchen aus Filz. Wenn ich dann barfuß über unserem Boden ging - wir hatten überall außer in meinem Zimmer Steinboden - schüttelte meine Mutter ihren Kopf und meinte, wie kann man nur barfuß auf dem kalten Boden herumlaufen. Noch krasser wurde es, als ich immer wieder barfuß in den Keller ging. Wir hatten einen schönen Naturkeller und dort war es sehr angenehm kühl. Auch die Wohnung war angenehm kühl und diese Temperatur war das ganze Jahr gleichmäßig (wir wohnten Tiefparterre).
Natürlich waren Schuhe mit Socken (noch) der übliche Standard bei mir, aber das sollte sich auch bald ändern.

Als ich nun hier nach Esslingen gezogen bin - warum auch immer (!!!), ging ich so etwa Mitte Mai das erste Mal ohne Schuhe auf die Straße. Allerdings hatte ich noch mit den komischen Blicken der Leute Probleme. Man "muß" sich auch immer in so ein vorgefertigtes Schema hineinpressen lassen! Oft machte ich es so, daß ich z.B. zum Einkaufen zunächst Schuhe anhatte, diese dann im Laden in einen von mir mitgenommenen Beutel verschwinden ließ. Mit der Zeit wurde mir das lästig und ich ließ die Schuhe daheim.
Heute kratzt es mich überhaupt nicht mehr, ob die Leute nun glotzen oder auch nicht - im Gegenteil: mich amüsieren ihre Blicke sogar. Ich trage nämlich zwei silberne Panzerketten als Fußketten am linken Knöchel, am rechten Knöchel derzeit drei schwarze Bänder und an dem Zeh neben dem großen Zeh des linken Fußes zwei Zehenringe - zwar nichts Gescheites, aber die Hauptsache ist, es ist etwas dran. Da mir das so richtig gefällt, habe ich auch zwei Ringe an der Zehe des rechten Fußes montiert. Fehlt nur noch ein flippiger Nagellack, aber dazu traue ich mich nun doch nicht.

Zum Urlaub:
Ich hatte letztes Jahr zwei Wochen Urlaub in Tunesien, genauer gesagt in Sousse (bzw. bei Sousse) im Hotel Tour Khalef. Eine Woche - die zweite nämlich - war ich krank und das nach über zehn Jahren Urlaubsabstinenz! Ich hatte meine Dockers - Sandalen dabei - sonst nichts. Als es dann zum Flughafen Stuttgart ging, waren meine Füße nackt und die Sandalen im Gepäck. Zuerst hatte ich auch sehr große Bedenken, vor allem beim Einchecken und im Flugzeug selbst. Außer ein paar übliche Kommentare mancher Leute (Schuhe vergessen usw.) gab es keine Probleme. Selbst als ich durch die Sperre ging, wo man durchgescannt wird, war eine Beamtin daneben gestanden und lächelte mich an, nachdem sie meine nackten Füße angesehen hatte.
Im Flugzeug gab es überhaupt kein Problem, die Stewardessen, welche am Eingang (ich stieg hinten ein) gestanden sind, begrüßten uns ganz nett und wiesen uns unseren Platz zu. Ich saß links am Fenster - eine Reihe vor den Flügeln. So hatte ich eine herrliche Sicht durch das Fenster. Ein Mann - schätzungsweise mitte 50 - setzte sich neben mich. Er war mit der typischen Bekleidung ausgestattet: Jeansshorts, Sandalen und weiße Socken mit farbigen Rand. Er bemerkte meine nackten Füße und meinte nur :"Praktisch!".
Auch in Monastir, wo wir dann landeten, gab es keine Probleme.
Im Hotel schauten die Angestellten teilweise schon recht komisch, aber sie sagten nichts. So verbrachte ich meinen Urlaub komplett barfuß. Leider waren ein paar Kolibakterien (Escherichia coli) daran schuld, daß die zweite Urlaubswoche ein Flop wurde, dabei hatte ich so viel vor. Franco hatte mir noch Tips gegeben, wofür ich mich nochmals herzlichst bedanken möchte, aber ich konnte nichts mehr großartiges unternehmen.

Ich möchte Dich ermutigen, es mir gleichzutun und die Schuhe daheimlassen. Gut, sicherheitshalber solltest Du vielleicht auch ein paar Sandalen oder so ins Gepäck packen. Das ist so wie mit dem Regenschirm: nimmst Du einen Schirm mit, regnet es nicht. Vergißt Du ihn, kübelt es, was nur runterkommen kann. Es ist am Anfang sicher nicht leicht und es kostet Überwindung, barfuß in einer beschuhten Welt zu gehen. Sobald Du Deine Bedenken widerlegt hast, juckt Dich das gar nicht mehr. Wenn ich barfuß gehe, genieße ich das und denke erst gar nicht nach, was die Leute denken. Schließlich schreibe ich ihnen auch nicht vor, die Schuhe auszuziehen. Jeder Mensch ist ein eigenes Individuum und lebt für sich - nicht für andere. Wenn es Dir also Spaß macht, barfuß zu gehen, so mach es doch einfach und laß´ die Leute einfach Leute sein. Dummschwätzer wird es immer geben, aber gäbe es die nicht, wäre es auf dieser Welt sicherlich langweiliger.

Barfüßige Sommergrüße

Franz