Lieber Remo!

Erfahrene Leser dieses Forums wissen: Ich plädiere bei jeder Gelegenheit dafür, prinzipiell schon barfuß von zuhause loszulaufen und sich zuvor nett winkend von seinen Schuhen zu verabschieden, die in der Ecke bleiben müssen. Ich kann es nicht oft genug wiederholen: Auf nackten Füßen die verschiedensten Varianten von Boden zu ergründen ist einfach grandios! Doch dabei stets zu wissen, dass man überdies barfuß bleiben muss, den ganzen Weg, die ganze Zeit, einfach überall, weil man gar keine andere Wahl hat - das steigert den Genuss immens!! Gerade weil es immer von einem leichten (oder auch mal von einem größeren) Unbehagen begleitet ist. Immer die Gedanken: wo ich überall hineintreten kann, wen ich alles treffen könnte etc.... Zu wissen, dass man nicht einfach schnell in Schuhe schlüpfen kann, wenn man will, oder die Situation es gebietet, dieses Herzklopfen,wenn man ohne Schuhe aus dem Haus geht, dazu die weichen Knie, wenn man barfuß in einen Bus oder gar einen Zug steigt - all das ist unvergleichlich, wirklich absolut unvergleichlich!
Es erfordert Mut und Überwindung (zumal es ja wirklich mal zu Situationen kommen kann, wo nackte Füße eher unpassend oder unpraktisch sind), aber am Ende überwiegt immer (bei mir jedenfalls) das grandiose Gefühl von Freiheit und fast schon Unverwundbarkeit, ja, Unverwundbarkeit! Denn es ist freilich zuerst ein Gefühl intensiven Nackt-Seins, überall und immer, z.T. weit weg von Zuhause auf bloßen Füßen laufen zu müssen, ohne Schuhe weit und breit. Ja, doch, man fühlt sich zuerst der Umwelt völlig ausgeliefert, nackt eben. Aber nicht lange. Mit jedem Schritt wächst die Sicherheit.
Wer morgens ohne Schuhe in eine Zug steigt, mittags durch eine entfernte Stadt tappt, in Geschäfte, Parks, Straßen auf und ab, der fühlt sich schnell immer unverwundbarer, immer direkter in Kontakt mit seiner Umgebung. Dann fällt es nicht mehr schwer, am Abend auch barfuß in eine Kneipe oder ein Kino zu gehen. Der bemerkt die Kühle der Nacht kaum noch. Der ist ganz und gar barfuß!

Ich schreibe mich schon wieder in Verzückung. Aber obwohl ich eine sehr enthusiastische Barfußläuferin bin - in diesem Jahr habe ich seit April nur an höchstens einem Dutzend Tagen zeitweise Schuhe getragen - verspüre ich das grandiose, emphatische Gefühl nach wie vor, wenn ich die Schuhe daheim lasse! Ehrlich!
Okay, es mag Situationen geben, wo es nicht schadet, Schuhe in der Hinterhand zu haben. (Ich selbst habe wenigstens immer ein Pflaster dabei). Es muss ja nicht immer auf absolute Überwindung, auf extremes Barfüßern hinauszulaufen, das Schönste ist immer noch, den Boden unvermittelt zu spüren. Auch mit Schuhen im Rucksack ist das ein nicht zu überbietenes Erlebnis!

Walk on! Es ist erst Anfang Juli. Der Sommer ist noch lang.
Genießt ihn!!
Liebe Grüße
Lotsi