Mal ein paar nachdenkliche Worte (Hobby? Barfuß! 2)

An-dy @, Wednesday, 02.07.2003, 13:38 (vor 7760 Tagen) @ Hippie

Hallo Hippie,

ich habe mir Dein damaliges Posting nochmal kurz rausgesucht und muss mich leider Deinen Kritikern anschliessen: Es ist meiner Meinung nach einfach unangebracht, so in so heftiger und beleidigender Weise zu reagieren. Auch dieses neuere Posting nun steckt irgendwie voller Wut und Ueberhitzung - fuer mich voellig unverstaendlich ...
Aber vor allem wollte ich mal eben loswerden, worin ich die Aufgabe dieses Forums sehe (ist natuerlich nur meine Meinung):
Wir sind Leute, die gerne barfuss laufen - die einen weniger, die anderen mehr. Wir tauschen Erfahrungen und Tipps aus und diskutieren ueber die ein oder andere Sache, die auch schon einmal leicht am Thema vorbeigeht. Manchmal ermutigen wir andere Leute, die sich noch nicht so richtig trauen, barfuss zu gehen. Mehr sollte es aber auch nicht sein. Wir brauchen niemanden zu bekehren.
Ich denke nicht, dass wir hier eine Art Kampf fuehren gegen alles, was uns das Barfuss-Gehen madig machen soll. Wir sehen das Barfuss-Gehen auch nicht als Teil eine Weltanschauung, sondern einfach nur als das, was es ist: Barfuss-Gehen eben!
Dass wir durch diese Neigung eine Randgruppe (also eine Gruppe, die kleiner ist, als das Gros der Gesellschaft, das sich anders verhaelt)darstellen, ist ja nichts schlimmes - auch Ferrari-Fahrer sind eine Randgruppe. Muss man sich nun als Angehoeriger einer Randgruppe immer angegriffen und unterdrueckt fuehlen? Ich denke nein. Das einzige, was man da erfaehrt, ist dass es doch mehr Intoleranz auf der Welt gibt, als man so als Immer-Mit-Im-Strom-Schwimmer mitbekommt. Das sollten wir als Bereicherung sehen und daraus lernen, es anders zu leben und Toleranz zu demonstrieren. Aber Toleranz nicht nur Minderheiten gegenueber, sondern auch Mehrheiten gegenueber. Da ist doch kein Unterschied, ausser, dass der einen Gruppe weniger und der anderen Gruppe mehr Leute zugehoeren.
Also - meine Meinung: Wir sind nur Leute, die gerne barfuss gehen - sonst nichts. Ich moechte dafuer auch gar nicht kaempfen - ich tue es oder ich lasse es sein - das ist nur meine Entscheidung.

Viele Gruesse
der Andy

Guten Morgen, liebe ForenteilnehmerInnen!
Vor einiger Zeit wurde ein barfußfeindlicher Artikel hier zitiert, der an Inkompetenz nicht zu überbieten war. Ich schrieb darauf ein recht wütendes Posting, das zugegebenermaßen nicht besonders nett war, und wurde darauf selbst wüst beschimpft, nicht von erklärten Barfußfeinden, sondern von Mitbarfüßern.
Nun, ich hatte meine Gründe, so wütend zu sein über diesen Artikel. Abgesehen davon, dass er zusammengeschmiert war. Solche Artikel tragen nämlich zur Verbreitung von Lügen bei, Lügen, welche dann weitergegeben werden an Kinder, Jugendliche usw., um ihnen das Barfußlaufen, und damit ein natürliches Verhältnis zu sich selbst, zu ihrem Körper, zu verderben. Weil wir ja alle nur "funktionieren" sollen in dieser Maschine, die wir Gesellschaft nennen, und da stören Barfüßer nur, wie auch Punks, Hippies, Bettler etc. Soll ich noch weiter aufzählen? Lass ich.
Solche Artikel sind es auch, welche die Vorurteile gegen das Barfußlaufen zementieren. Wer dann barfuß läuft, ist bestenfalls ein Sonderling, wenn nicht gar "asozial" in den Augen derer, die alles glauben, was die Billigjournaille da von sich gibt. Und damit stehen wir dann wieder unter Erklärungszwang, gegen die Lügen der Spießerpresse anzugehen, dauernd alles zu erklären, wenn man gefragt wird. "Ja, ist das denn nicht ungesund?" Nein, ist es nicht. "Da kann man sich doch wehtun bei." Nicht, wenn man aufpasst. "Sind sie nicht zu alt, hier barfuß rumzulaufen?" Das ist meine Sache. Usw.
Dann wurde ich doch glatt gefragt, warum ich da nicht tolerant bin? Nun, jedes Tierchen hat sein Pläsierchen, ja, und comme il faut, Leben und Leben lassen.
Mir ist es egal, ob jemand kurze oder lange, naturfarbene oder kreischendblaue Haare hat, Piercings, Tattoos, etc. Is mir Banane. Egal. Wumpe, Schnurz.
Von mir aus ist es auch egal, wo jemand her kommt, wenn er sich nicht daneben benimmt. Habe eine Menge Ausländer als Freunde. Und das ist gut so.
Nur, wo mir das Stirnband hochgeht ist, wenn sich Leute hinsetzen und einen anscheinend sachlichen Beitrag schreiben, der in Wirklichkeit pure Diskriminierung ist, wie dieser Antibarfußartikel. Wenn selbst Fachleute, die es besser wissen sollten, von so einem Unsinn beeinflusst werden, und unsereiner dann als bekloppt betrachtet wird, als asozial usw. Und setzt dieses Forum sich nicht für die AKZEPTANZ des Barfußlaufens ein, auch, damit unsere Kinder und Enkel gesunde Füße haben können und Leid verhindert wird? Das ist es aber, was solche Artikel letztendlich erzeugen: Leid. Soll ich da "hurra!" schreien? Toleranz ist auch manchmal lediglich die gesellschaftlich akzeptierte Form der Gleichgültigkeit.
Kann eine Demokratie Neofaschisten tolerieren, man wäre ja sonst intolerant? Der Vergleich hinkt, sagen jetzt einige, sicher. Doch der Faschismus im Sinne der Unterdrückung und Ausgrenzung beginnt im Kleinen.
Es ist die Intoleranz des "Das tut man aber doch nicht!", der dann anscheinend glaubhaft in Worte gekleidet wird und Gift streut in die Herzen der Unbedarften, der Unsicheren und derer, die ohnehin nur das tun, was die "BILD" als gut bezeichnet. Es ist Gift. Wie sehr dieses Gift wirken kann, sehen wir ja schon an den Berichten hier, wie Autofahrer manchmal von den Polizisten angeraunzt werden, wenn sie barfuß sind, oder unfreundliche Behandlung bei WalMart, etc.
Es ist dieser widerliche Kontrollzwang, der dem Spießertum innewohnt, dass man sich selbst nichts gönnt und anderen das auch nicht zugesteht. Das "Alles muss in eine Einheitsform gepresst werden!", das mich an die BORG von Star Trek erinnert.
Der uns die natürlichsten Sachen madig machen will. "Der läuft barfuß, igitt!" "Die baden nackig, pfui!" Das mag harmlos scheinen, doch es kann ausufern. Dieses moraline Geschmier, entschuldigt, wenn ich das so formuliere, aber ich habe mehr als nur eine Nacht darüber geschlafen, trägt zur Diskriminierung bei.
Intelligent ist es auch nicht, da es nur Vorurteile wiederholt, die erwiesenermaßen nicht stimmen. Lügen also. Sind lügen cool? Sind Lügen in Ordnung? Solidarisieren wir uns jetzt mit den Lügnern und verleugnen uns selbst? Ist es das, was einige wollen? Oder wollen wir, dass barfußlaufen normal und akzeptiert wird in dieser Gesellschaft, die zugegebenermaßen in den letzte 10 Jahren ganz schön kalt und aggressiv geworden ist, nach meinen Eindrücken? Vielleicht auch, weil sie die Bodenhaftung verloren hat?
Und ich werde beschimpft, weil ich intolerant gegen Lügen und Diskriminierung bin? Auf wesen Seiten seit ihr eigentlich? Was soll das? Das ist rhetorisch, ich weiß, und damit nicht wirklich nett, aber es regt dennoch zum Nachdenken an. Damit man weiß, wo man steht.
Nun, ich las inzwischen, dass noch andere ebenso den Artikel ablehnten. Sie wurden nicht beschimpft.
Sicher, wie man in den Wald ruft, so schallt es heraus. Da bekam ich halt Gegenwind. Ist okay, kann ich mit leben. Nur: Soll man denen das Wort reden, welche uns letztendlich das Barfußlaufen verbieten oder schlechtmachen wollen? Und wo geht es dann weiter? Wo enden die Verbote und Diskriminierungen, die Lügen? Enden sie erst bei der totalen Vernichtung all dessen, was als natürlicher Lebensstil bezeichnet werden kann (ach, ich vergaß, ich muss das tolerant sehen) oder ist es nur ein Furz im Wind? Früher köpfte man den Boten schlechter Nachrichten.
Gut, wir sind alle Menschen. Wir alle haben Fehler, ich auch, du auch und im Nachbarforum auch. Wir alle haben auch unseren schlechten Tag, ab und an. Zugegeben. Menschlich. Von daher bin ich nicht wirklich sauer. Nur: Ich denke, dass es da etwas gibt, über das nachgedacht werden sollte. Von jedem von uns. Bei sich anfangend. Mit den bloßen Füßen auf dem Boden der Tatsachen.
Hippie zu sein, und nun zu anderen vorgefassten Meinungen einiger von euch, heißt nicht, den ganzen Tag durch die Gegend latschen und alles nur toll finden. Es heißt auch, sich Gedanken machen über Alternativen zur jetzigen Gesellschaft (in der einiges im Argen liegt), mehr Freiheit (auch für die Füße) und auch dafür eintreten, dass eben diese vorurteilshafte Diskriminierung (gegen Ausländer, Barfüßer, Punks, Arme) aufhört. Es geht dabei um einen sehr viel weiteren bereich, nicht nur ums Barfußlaufen, nicht nur um Demos gegen den Irakkrieg oder "We shall overcome!", obwohl das richtig ist. Doch, wie entsteht Krieg? Durch Missverständnisse. Das muss nicht sein. Ebensowenig wie die Vorurteile gegen das Barfußlaufen.
Was wollen wir? Was verteidigen wir? Wofür setzen wir uns ein? Hier im Forum? Für das akzeptierte Barfußlaufen, gegen die Vorurteile, für gesundes Leben auf freuien Füßen, manche Ganzjährig, manche nur, wenn es Laune macht. Wie es kommt. Dennoch, dass wir nicht in Konventionen eingequetscht werden.
Ist das falsch? Ich denke nicht. Es geht dabei auch nicht um mich. Ich bin nur einer von etwa 6,7 Milliarden Menschen, es geht um Grundsätzliches. Wie halten wir alle es mit unseren Idealen? Womit ich wieder beim Thema wäre.
Peace
Der Hippie


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