Anal-Ytische Barfußologie (Hobby? Barfuß! 2)

Mercator, Wednesday, 25.06.2003, 14:21 (vor 7767 Tagen)

Zitate aus einem früheren Posting:

Ich würde sagen, es hat mit Macht zu tun, wie so vieles in Sexualität.
Zum einen erhebst du dich über die Masse deiner Mitmenschen, indem du
auf ein Gemeingut wie Schuhe bewußt verzichtest.

Einspuch 1: Ich kenne Ecken dieser Welt, in denen massenhaft barfuß gelaufen wird, Schuhe also kein Allgemeingut sind. Als Barfüßer setze ich mich also nicht von der Masse ab, sondern nur von denen, deren Kultur das Barfußlaufen sanktioniert - und ob das die Masse ist, wäre noch zu beweisen.

Einspruch 2: Deine Verwendung des Begriffes "erheben über" mißfällt mir, weil es meinem barfüßigen Tun eine (negative) Bewertung der Schuhträger unterschiebt. Ich bin da aber sehr tolerant und überhaupt nicht missionarisch: Laßt mir meine Macken, ich laß Euch die Eurigen. Ein buntes Durcheinander von Leuten, die gerne Schuhe, Kopftücher, Röcke, Netzstrümpfe, Nasenringe gar nix tragen oder es eben bleibenlassen und einander den eigenen Stil nicht aufzudrängen versuchen - DAS ist meine Utopie (jedenfalls ein wesentlicher Teil davon [und bei Hakenkreuzen hört meine Toleranz auch auf])
Nix mit Macht, nix mit Erheben!

Du machst dich besonders, unterscheidbar, lenkst Aufmerksamkeit auf dich und deinen Körper. Wie mit jedem anderen Körperteil kann auch das absichtliche Entblößen der Füße als exhibitionistische Handlung verstanden werden.

Einspruch 3: Eine konservativ islamisch erzogene Frau mag das Entblößen ihres Kopfes/Haupthaares als exhibitionistische Handlung empfinden. Wir Westeuropäer finden das nicht exhibitionistisch. Konservative westliche Bürgerliche mögen das Entblößen der Füße als exhibitionistische Handlung empfinden. Leute in Afrika, Australien und sonstwo haben da auch eine viel entspanntere Haltung. Kurz: Der Exhibitionismus findet nur im Koppe statt.

Und was im Koppe ist, kann man ändern. In diesem Zusammenhang kann ich nur den Hinweis von Hannes von neulich wiederholen: Wenn man selber um das Barfußlaufen nicht so’n Gewese machen würde, dann würden andere das auch viel lockerer nehmen.

Zum anderen hat Barfußlaufen, besonders wenn man bewußt darauf verzichtet, irgendwelches Schuhwerk als Sicherheitsleine mitzunehmen, aus sexual-psychologischer Sicht auch masochistische Komponenten. Du nimmst körperliche Gefahren in Form einer leicht erhöhten Verletzungsgefahr und ein gewisses Schmerzpotential in Kauf. Du stellst dir eine Aufgabe und willst die Herausforderung meistern, die Gefahr überwinden und an ihr wachsen.

Einspruch 4: Na bravo! Gevatter Freud feiert fröhliche Urständ mit dem ewigen Zirkelschluß "Dein Leugnen macht Dich verdächtig!" Ich behaupte, X verdrängt seine latente Homosexualität => X leugnet.=> Ich habe recht. Deine Masochismus-Behauptung entbehrt wegen ihres Allgemeinheitsanspruches jeder Grundlage. Wenn Du sagen willst "Ich, Johannes, genieße auch die Schmerzen beim Barfußlaufen." dann ist das okay. Aber laß bitte die Anderen raus. Die sollen ihre eigenen Aussagen machen dürfen. Ich, Mercator, genieße die Vielfalt der Informationen, die die nackten Sohlen z.B bei einem Waldspaziergang übermitteln. Nix mit Masochismus.

Beides sind Machtdemonstrationen, die erste an die Mitmenschen gerichtet, die zweite an dich selbst. Selbstverständlich ist es keinesfalls immer so gemeint. Bei den Hardcore-Gesundheitsbarfüßlern dürften diese Aspekte gar keine Rolle mehr spielen. Daß aber gerade junge Menschen sie besonders wahrnehmen ist völlig normal.

Einspruch 5: Wie arrogant muß man eigentlich sein, um sich zur moralischen Instanz aufzuwerfen und wildfremden Leuten normales oder unnormales Verhalten zu attestieren? Ist dafür ein spezielles Studium (z.B. Psychologie) nötig? Oder reicht es, einfach nur selbst verklemmt zu sein und das über das Helfersyndrom zu kompensieren?

Peace & love

Mercator


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