Meine Sicht der Dinge (Hobby? Barfuß! 2)

T. Megl, Wednesday, 11.06.2003, 22:02 (vor 7780 Tagen)

Hallo!

Ich verfolge jetzt schon seit einger Zeit die von euch aufgezeigtem Themen und v.A. die teilweise vorhandenen Probleme (sprich Freizeitpark etc.). Ich finde, es bedarf einer kleinen Erklärung, warum einige Menschen Avversionen gegen barfußlaufende Menschen entwickeln:
Barfußlaufen war ja vor 50-60 Jahren noch keine Seltenheit, da es den Leuten schlecht ging und sie sich keine Schuhe leisten konnten. Ich glaube sogar festhalten zu dürfen, dass es eine Schande war, barfuß zu laufen, denn reichere Menschen konnten sich ja schließlich Schuhe anfertigen lassen. Schuhe wurden somit zu einem Schönheitsideal. Ich weiß nicht, ob ihr vielleicht den Spruch "Eine Ladie trägt immer Strümpfe" kennt. Diese Aussage wurde von vielen Menschen ernst genommen und sie waren stolz, Schuhe und Strümpfe zu besitzen. Schuhe wurden zu einem Schönheitsideal. Doch im Laufe der vergangenen 15 Jahre begann man eine konträre Bewegung einzuleiten: Menschen bekamen Probleme mit ihren Füßen (z.B. Senk- oder Plattfüße usw.) und speziell bei jugendlichen Mädchen und Frauen kamen die Sandalen wieder verstärkt in Mode. Die Schuhmode hat sich natürlich auch wieder nach dem Wunsch des Käufers gerichtet. Ich persönlich muss gestehen, dass ich es toll finde, wenn Menschen barfuß laufen bzw. ihre Schuhe barfuss tragen, jedoch sollte bedacht werden, dass die Akzeptanz für das Barfußlaufen noch nicht bei allen Menschen gegeben ist. Viele dieser Menschen, die Barfüßler nicht mögen, leiden möglicherweise an Komplexen oder sind neidisch, weil sie das Selbstbewusstsein zum naürlichen Gehen nicht haben.
Ich hoffe euch nicht gelangweilt oder persönlich angegriffen zu haben aber ich wollte euch hier einmal einen kleinen Einblick in meine Sicht dieses Problems gebn!

Ich wünsche euch eine tolle Barfußsaison und lasst euch nicht durch solche negativen Erlebnisse vom Barfußlaufen abhalten!

T. Megl

Meine Sicht der Dinge

Lorenz ⌂, Stammposter, Wednesday, 11.06.2003, 22:22 (vor 7780 Tagen) @ T. Megl

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Hallo,

Barfußlaufen war ja vor 50-60 Jahren noch keine Seltenheit, da es den Leuten schlecht ging und sie sich keine Schuhe leisten konnten. Ich glaube sogar festhalten zu dürfen, dass es eine Schande war, barfuß zu laufen, denn reichere Menschen konnten sich ja schließlich Schuhe anfertigen lassen. Schuhe wurden somit zu einem Schönheitsideal.

Ich denke, dass es den z.B. den Flüchtlingen, die als Kinder barfuß und mit wundgelaufenen Sohlen vor den Russen davonlaufen mussten, völlig unverständlich ist, dass es jetzt Leute gibt, die aus reinem Spaß barfuß laufen. Und nach der Not der Nachkriegszeit war es für viele der Durchbruch zum Wohlstand, dass sie ihren Kindern endlich Schuhe kaufen konnten. So wurden diese Dinger, die ja in angespannten Situationen wie bei der Vertreibung aus der Heimat ganz gut zu gebrauchen sind, zum absoluten Muss.

Doch dann ging es mit Freizeit aufwärts, die man gerne im Schwimmbad, am Strand etc. verbrachte. Und so kamen die positiven Aspekte wieder in den Vordergrunde. Heute haben wir Spaß am Barfußlaufen, weil wir es mit den angenehmen Seiten des Lebens verbinden!

Schöne Füße, Lorenz

[image] Hier geht's zum Barfußpfadführer

Meine Sicht der Dinge

Markus U., Stammposter, Thursday, 12.06.2003, 09:47 (vor 7780 Tagen) @ Lorenz

Hi Lorenz!

Barfußlaufen war ja vor 50-60 Jahren noch keine Seltenheit, da es den Leuten schlecht ging und sie sich keine Schuhe leisten konnten. Ich glaube sogar festhalten zu dürfen, dass es eine Schande war, barfuß zu laufen, denn reichere Menschen konnten sich ja schließlich Schuhe anfertigen lassen. Schuhe wurden somit zu einem Schönheitsideal.

Ich denke, dass es den z.B. den Flüchtlingen, die als Kinder barfuß und mit wundgelaufenen Sohlen vor den Russen davonlaufen mussten, völlig unverständlich ist, dass es jetzt Leute gibt, die aus reinem Spaß barfuß laufen. Und nach der Not der Nachkriegszeit war es für viele der Durchbruch zum Wohlstand, dass sie ihren Kindern endlich Schuhe kaufen konnten. So wurden diese Dinger, die ja in angespannten Situationen wie bei der Vertreibung aus der Heimat ganz gut zu gebrauchen sind, zum absoluten Muss.

Ich kann mir nicht so recht vorstellen, daß die Gedanken und Erinnerungen derer, die nach dem Zweiten Weltkriege Flucht und Vertreibung aus der Heimat erleiden mußten, für die weitverbreitete Barfußabstinenz und sogar der Ablehnung des Barfußlaufens (z. B. in gewissen Freizeitparks und anderen Örtlichkeiten) verantwortlich sind, da es sich bei den noch lebenden Flüchtlingen und Vertriebenen von damals nur noch um wenige hochbetagte Menschen handelt, während die meisten heute lebenden Menschen den Zweiten Weltkrieg nur noch aus den Geschichtsbüchern kennen. Eher halte ich die Schuhindustirie und ihre aggressiven Werbestrategien gerade auch im Hinblick auf die Zielgruppe der Jugendlichen und jungen Erwachsenen für die Verantwortlichen des anhaltenden "Schuhwahns"!

Doch dann ging es mit Freizeit aufwärts, die man gerne im Schwimmbad, am Strand etc. verbrachte. Und so kamen die positiven Aspekte wieder in den Vordergrunde. Heute haben wir Spaß am Barfußlaufen, weil wir es mit den angenehmen Seiten des Lebens verbinden!
Schöne Füße, Lorenz

Das trifft auf Dich und mich sowie die überwiegende Mehrzahl der hier Schreibenden zu. Aber ansonsten sind Strand und Schwimmbad weiterhin "Reservate" für weitgehende Fußfreiheit un größerem Ausmaß, wobei Anreise und Rückfahrt in der Regel beschuht erfolgen...

Barfüßige Sommergrüße aus dem schönen München,
Markus U.

Hypercorrectness

Mercator, Thursday, 12.06.2003, 16:37 (vor 7780 Tagen) @ Lorenz

Ich glaube schon, dass bei der Entstehung sozialer Normen "uralte" Erinnerungen eine Rolle spielen: Wenn es früher den Leuten peinlich war, aus schlichter Armut barfuß laufen zu müssen, dann kann sich in einer Gesellschaft durchaus eine entsprechende Norm entwickeln und tradiert werden. Das gilt für die deutsche Kriegs- / Nachkriegszeit, das gilt aber auch für ehemalige oder heutige Schwellenländer (s. auch Spanien-Thread).

Eine analoge Erfahrung habe ich gemacht, als ich eine Zeit lang auf dem Lande in der Umgebung Oldenburgs gewohnt habe. Da wurde Plattdeutsch gesprochen. Da ich - obwohl hochsprachlicher Städter - dieses Idioms ebenfalls mächtig war, machte ich davon auch Gebrauch. Die Reaktion war verblüffenderweise nicht unbedingt positiv. Mit mir sprach man Hochdeutsch, und ich glaube eine peinliche Berührtheit gespürt zu haben, als ich platt schnackte: Indem ich als Außenstehender das tat, was die Dorfbewohner auch taten, obwohl man ihnen in der Schule eingeimpft hatte, dass plattdeutsch defizitär sei, führte ich ihnen ihren (nur in IHREN Köpfen bestehenden) Normenverstoß vor.

(Wenn Ihr glaubt, der letzte Absatz verkompliziere die Sache nur unnötig, dann lest [noch]mal Luhmann ...)

Ja, danke, ansonsten geht's mir gut

Markus

Meine Sicht der Dinge

steveh, Wednesday, 11.06.2003, 22:36 (vor 7780 Tagen) @ T. Megl

Ich verfolge jetzt schon seit einger Zeit die von euch aufgezeigtem Themen und v.A. die teilweise vorhandenen Probleme (sprich Freizeitpark etc.). Ich finde, es bedarf einer kleinen Erklärung, warum einige Menschen Avversionen gegen barfußlaufende Menschen entwickeln:

Was die Freizeitparks betrifft, denke ich dass die Betreiber sich vor allem fürchten

- vor Regress-Ansprüchen ihrer Haftpflichtversicherung, obwohl es bei den meisten Spielen Unsinn ist dass man mit blossen Füssen ein höheres Risiko einginge als mit blossen Beinen in Shorts oder mit blossen Händen.

- oder fürchten die Betreiber eine Rüge wenn unangemeldete Betriebs-Sicherheits-Kontrolleure auf einem Fahrgeschäft einem Barfüsser begegnen würden? Gibt's in den TÜV Vorschriften irgend ein Barfussverbot für die Kunden von Fahrgeschäften und ähnlichem???

Meine Sicht der Dinge

Gerhard-Z @, Thursday, 12.06.2003, 11:24 (vor 7780 Tagen) @ steveh

Moin Moin,

- vor Regress-Ansprüchen ihrer Haftpflichtversicherung, obwohl es bei den meisten Spielen Unsinn ist dass man mit blossen Füssen ein höheres Risiko einginge als mit blossen Beinen in Shorts oder mit blossen Händen.
- oder fürchten die Betreiber eine Rüge wenn unangemeldete Betriebs-Sicherheits-Kontrolleure auf einem Fahrgeschäft einem Barfüsser begegnen würden? Gibt's in den TÜV Vorschriften irgend ein Barfussverbot für die Kunden von Fahrgeschäften und ähnlichem???

Genau DAS ist es. Stell Dir vor, ein Fahrgast einer Achterbahn latscht kurz vor der Kasse barfuß in eine Glasscherbe. Die Kassenkraft ruft aus lauter Panik (weil´s ja blutet) nen Krankenwagen. Und so bald der da ist, ist der Achterbahnbetreiber verpflichtet einen Unfallbericht zu verfassen. Dieser wandert in Kopie zu irgendwelchen Behörden und die stellen fest: "Der war ja barfuß unterwegs" und schon gibts Ärger. Deshalb ist es irgendwie schon verständlich, daß sie die da absichern. Die deutsche Gesetzgebung will es ja nicht anders. Also man sieht: "Das System ist schuld" *ggg*

Gerhard

Meine Sicht der Dinge

Hannes, Wednesday, 11.06.2003, 22:37 (vor 7780 Tagen) @ T. Megl

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dass die Akzeptanz für das Barfußlaufen noch nicht bei allen Menschen gegeben ist. Viele dieser Menschen, die Barfüßler nicht mögen, leiden möglicherweise an Komplexen oder sind neidisch, weil sie das Selbstbewusstsein zum naürlichen Gehen nicht haben

Hallo, T.Mengl

Ich meine, man kann es ihnen nicht unterstellen, daß sie Komplexe haben, die meisten fühlen sich in Schuhen eben wohler. Die Komplexe liegen durchaus auch auf seiten von Barfüßern, wenn sie sich nicht akzeptiert fühlen. Wahrscheinlich hatte ich selbst einmal Selbstwertprobleme, die mit barfuß vollkommen weg sind.
Dei Akzeptanz ist nicht so wichtig, da diese nie objektiv gesehen wird, sondern der eigenen Einstellung unterliegt.

Grüße Hannes

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