Schuh- u. Laufforschung keine Ahnung? (Hobby? Barfuß! 2)

Knacky, Sunday, 13.04.2003, 17:34 (vor 7839 Tagen)

Ich sah eben einen Fernsehbeitrag, in dem die Schuhindustrie mit aufwendigster Technik versucht zu ergründen, wie der Mensch läuft, um mit dem idealen Schuh die Stöße auf die Ferse beim Laufen abzudämpfen. Dabei frage ich mich, ob all diese Leute nicht von Grund auf falsch denken. Es war ausschließlich davon die Rede, beim Laufen würde man mit der Ferse zuerst auftreten, müsse an der Ferse gefedert werden um rund nach vorn abzurollen. Also ehrlich, beim barfußlaufen federt niemand mit der Ferse, weil dort eben keine Federungswirkung möglich ist. Gefedert wird auf dem vorderen Teil des Fußes. Oder sehe ich das falsch? Es kommt mir so vor, als ob da von grund auf falsch beobachtet und entwickelt wird.

Und wer liegt denn nun richtig, die Schuhentwickler, die ja in ihrem Bemühen mit Hilfe von Beobachtung, Technik u. Material im weitesten Sinne auch unsere Evolution fortführen, nur schneller, und uns verbessern wollen, oder diejenigen, die sagen, was sich lange als Fuß entwickelt hat, ist gut so und kann nicht mal eben so durch ein paar Schnapsideen verbessert werden?

Nachtrag

Knacky, Sunday, 13.04.2003, 17:37 (vor 7839 Tagen) @ Knacky

Als ich in jungen Jahren aufgrund einer anderen Krankheit und deren Behandlung Gehprobleme hatte, wurde mir Fußgymnastik von einer geschulten Person gezielt zuteil. Auch sie schaute meinen Gang an und meinte, ich müsse mehr von der Ferse aus abrollen...

Nachtrag

Jens, Monday, 14.04.2003, 01:56 (vor 7839 Tagen) @ Knacky

mich würde das auch mal brennend interessieren. Sind wir von der Evolution her betrachtet, hackenläufer oder ballenläufer? Warum tut wirklich die ganze Welt annehmen, dass das dickste polster in schuhen im Fersenbereich sitzen muss? Ist es wirklich wissenscahftlich bewiesen, dass auch unsere Vorfahren Fersengänger waren? Ansonsten ist die ganze Schuindustrie ja auf dem Holzweg im prinziep.
Vielleicht gibts hier ja ein paar schlaue, die wirklich wissen, wie es wissenschaftlich hier aussieht.

Nachtrag

Kai (WN), Stammposter, Monday, 14.04.2003, 06:51 (vor 7839 Tagen) @ Jens

Hallo Jens,

mich würde das auch mal brennend interessieren. Sind wir von der
Evolution her betrachtet, hackenläufer oder ballenläufer? Warum tut
wirklich die ganze Welt annehmen, dass das dickste polster in
schuhen im Fersenbereich sitzen muss? Ist es wirklich
wissenscahftlich bewiesen, dass auch unsere Vorfahren Fersengänger
waren? Ansonsten ist die ganze Schuindustrie ja auf dem Holzweg im
prinziep.
Vielleicht gibts hier ja ein paar schlaue, die wirklich wissen, wie
es wissenschaftlich hier aussieht.

man müsste sich nur mal bei Völkern umschaun, die heute noch weitestgehend auf Schuhe verzichten. Meine Theorie (!): Hier überwiegt der Ballenlauf bzw. das Auftreten mit dem ganzen Fuß. Wer mal barfuß gejogged ist, weiß um die Vorzüge des Ballenlaufs sehr schnell.

Schuhe dienen ja nicht nur dem reinen Schutz der Füße. Sie sind zugleich Schmuck und sollen nach meinem Gefühl den Träger/die Trägerin optisch größer machen. Deswegen auch die Absätze. Die meisten Schuhe haben, Mokassins und ähnliche mal ausgenommen, eine relativ starre Sohle. Mit dieser ist ein Ballengang wie beim Barfußlaufen schlichtweg nicht vernünftig möglich. Der Fersengang wird erzwungen. Damit ergibt sich ein Zwang, die Fersengegend bei Schuhen verstärkt zu polstern.

Soweit und nicht wissenschaftlich
Kai

Vergiß das Wissenschaftliche

Mercator, Monday, 14.04.2003, 08:03 (vor 7839 Tagen) @ Kai (WN)

Es gibt auch immer noch Bio-Lehrbücher, in denen steht, dass die Doppel-S-Form der Wirbelsäule geeignet sei, vertikale Beschleunigungen aufzunehmen. Einfaches Experiment: Hoppst mal mit den Hacken und durchgedrückten Kniegelenken. Aber GAAAANZ vorsichtig, sonst hauts Euch das Hirn raus: Da federt gar nix. Trotzdem wird's immer noch behauptet.

M.

Der Mensch ist Sohlengänger

unci @, Monday, 14.04.2003, 11:09 (vor 7838 Tagen) @ Kai (WN)

man müsste sich nur mal bei Völkern umschaun, die heute noch weitestgehend auf Schuhe verzichten. Meine Theorie (!): Hier überwiegt der Ballenlauf bzw. das Auftreten mit dem ganzen Fuß. Wer mal barfuß gejogged ist, weiß um die Vorzüge des Ballenlaufs sehr schnell.

Der menschliche fuß ist klar darauf ausgelegt, auf ganzer sohle belastet zu werden. Das siehst du schon an dem höchst belastbaren fersenballen. Dies unterstützt den aufrechten gang und insbesondere stand, weil es ermöglicht, entspannt auf zwei beinen zu stehen. Der andere bauplan des zehengängers ist bei vielen vierbeinern, wie hunden und katzen, verwirklicht, und ermöglicht ein geräuschloses anschleichen, ist aber nicht so ohne weiteres auf zweibeiner übertragbar.

Schon die hebelverhältnisse machen klar, dass beim entspannten stehen der größte teil der last auf dem fersenballen ruht.

Nun ist gehen eine höchst komplexe, dynamische angelegenheit, bei der sich die last von hinten nach vorn verlagert (das wird als "abrollen" bezeichnet, obwohl füße natürlich nicht "rund" wie räder sind). Da mögen orthopäden mehr dazu sagen können (lesen hier welche mit), ich habe nur bei mir die erfahrung gemacht, dass ich barfuß auf glattem boden zuerst die ferse aufsetze und dann den vorderfuß, der beim aufsetzen zunächst wenige millimeter über dem boden schwebt. Bei der gewichtsverlagerung auf den anderen fuß steht er dann flach auf dem boden (hier mag vorübergehend die 40%/60%-gewichtsverteilung zu finden sein), und dann verlagere ich das gewicht nach vorn und hebe schließlich die ferse ab.

Wenn nun der untergrund weich oder sehr uneben ist, verlagere ich naturgemäß mehr gewicht auf den vorderfuß. Es gibt nicht die eine gangart für alle lebenslagen.

Im übrigen gibt es methoden, die gewichtsverteilung beim gehen aufzuzeichnen, und wissenschaftliche untersuchungen, was besser ist .... Profis vor.

Ans Abrollen glaube ich nicht

Georg @, Stammposter, Monday, 14.04.2003, 21:17 (vor 7838 Tagen) @ unci

Schon die hebelverhältnisse machen klar, dass beim entspannten stehen der größte teil der last auf dem fersenballen ruht.

Nun ist gehen eine höchst komplexe, dynamische angelegenheit, bei der sich die last von hinten nach vorn verlagert (das wird als "abrollen" bezeichnet, obwohl füße natürlich nicht "rund" wie räder sind) [...] ich habe nur bei mir die erfahrung gemacht, dass ich barfuß auf glattem boden zuerst die ferse aufsetze und dann den vorderfuß [...] Wenn nun der untergrund weich oder sehr uneben ist, verlagere ich naturgemäß mehr gewicht auf den vorderfuß. Es gibt nicht die eine gangart für alle lebenslagen.

Hallo unci, hallo zusammen,
ich stimme Dir zu, was das Stehen anbelangt - wobei bei gesunden Füßen vier Punkte belastet sein dürfen und nicht etwas die ganze Sohle (das wäre typisch plattfüßig). Beim Gehen bin ich etwas zurückhaltender in meiner Zustimmung - dem Schlusssatz allerdings stimme ich voll und ganz zu.
Ich bin ja weder Mediziner noch Naturwissenschaftler und deshalb bei solchen Fragen zwangsläufig halbgebildet (wenn überhaupt). Deshalb erspare ich Euch und mir die Verbreitung von Gewissheiten und setze lieber auf Beobachtungen und Überlegungen:
1) Das "Abrollen" von Ferse zu Ballen kann im Bauplan der Natur kaum vorgesehen sein. Denn jeder kann im Selbstversuch feststellen, wie es in die Wirbelsäule "reinknallt", wenn man die Ferse betont aufsetzt und abrollt. Da die Evolution anderweitig zu sinnvollen Lösungen gekommen ist, erscheint mir ein derartiger "Aussetzer" eher unwahrscheinlich.
Nun könnte man einwenden, dass natürliche Böden weicher sind als Asphalt etc. und der Effekt dann allenfalls vermindert aufträte.
2) Dagegen spricht das, was ich beim Barfußjoggen immer an mir beobachte: ich falle sofort in Ballenlauftechnik - in Schuhen jedoch nicht. Daraus entnehme ich, dass die barfüßige Bewegung keine Abrollbewegung Ferse - Ballen ist - und dafür spricht auch eine weitere Überlegung / Beobachtung:
3) Wenn man einen Schritt macht, bleibt das Körpergewicht zunächst auf dem "hinteren" Bein. Der "vordere" Fuß wird vorgesetzt und ertastet den Grund. Trete ich mit dem zuerst aufsetzenden Vorfuß auf einen Stein, kann mein Nervensystem (kann nicht nur, sondern tut es auch) blitzschnell eine Ausweichbewegung veranlassen. Setze ich aber mit der Ferse auf, ist schon so viel Körpergewicht auf der Ferse, dass es zum Abrollen keine Alternative mehr gibt - ich muss also mit der kompletten Fußsohle über den Stein, egal wie weh es tut.

"Abrollen" scheidet daher für mich als natürlich gewollter Bewegungsablauf aus. Dennoch bewege ich mich in Schuhen so. Interessant wäre also zu ergründen, ob ich das als Kind mir durch Nachahmung angeeignet habe oder ob Schuhe zu dieser Bewegungsform "verführen". Das was ich unter 3) beschrieben habe, fällt ja z. B. komplett weg, denn den Stein fühle ich in Schuhen ja nicht, egal wie mein Fuß geführt wird.

Soweit meine Überlegungen und Beobachtungen
Gruß
Georg
PS : Unci, mailst Du mich mal an? Mein Mailsystem gibt bei Mails an die mir bekannte Adresse immer Fehlermeldungen zum besten.

Ans Abrollen glaube ich nicht

unci @, Monday, 14.04.2003, 22:48 (vor 7838 Tagen) @ Georg

ich stimme Dir zu, was das Stehen anbelangt - wobei bei gesunden Füßen vier Punkte belastet sein dürfen und nicht etwas die ganze Sohle (das wäre typisch plattfüßig).

Punkte sind das wiederum nicht, sondern eine stetige druckverteilung über die bereiche der zehen, ballen und fersen, die sich außerdem noch fortwährend ändert, auch beim stehen, das ja auch ein wenig dynamisch sein sollte.

2) Dagegen spricht das, was ich beim Barfußjoggen immer an mir beobachte: ich falle sofort in Ballenlauftechnik - in Schuhen jedoch nicht.

Hier muss wohl zwischen verschiedenen gangarten unterschieden werden: Langsam gehen, schnell gehen, langstreckenrennen, spurt.

3) Wenn man einen Schritt macht, bleibt das Körpergewicht zunächst auf dem "hinteren" Bein. Der "vordere" Fuß wird vorgesetzt und ertastet den Grund. Trete ich mit dem zuerst aufsetzenden Vorfuß auf einen Stein, kann mein Nervensystem (kann nicht nur, sondern tut es auch) blitzschnell eine Ausweichbewegung veranlassen.

Das meinte ich mit der "bodenabhängigen" gangart. Wenn der boden glatt ist, gehe ich anders als auf einem unebenen naturboden.

PS : Unci, mailst Du mich mal an? Mein Mailsystem gibt bei Mails an die mir bekannte Adresse immer Fehlermeldungen zum besten.

unci@barfuss.ch funktioniert, ich habe es eben ausprobiert.

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