...habe ich in einem Roman gefunden... (Hobby? Barfuß! 2)

Markus U., Stammposter, Wednesday, 26.03.2003, 21:42 (vor 7857 Tagen) @ AlexTK

Hi AlexTK!

Seinen Blick fesselte zunächst noch eine junge Frau, die er beim Einkaufen beobachtete. Sie war eine kleine und zierliche Person mit langen schwarzen Haaren und niedlichem Gesicht. Bekleidet war sie mit einem blauweißen Pulli und einer weißen Jeans. Unterwegs war sie jedoch barfuß. Die Schwärze an der Unterseite der Füße, die beim Gehen wechselweise sichtbar wurde, verriet, daß sie schon länger so durch Westerlands Straßen laufen mußte. Es zeigte, wieviel Schmutz doch eigentlich überall hinter scheinbar gefegtem, sauberem Pflaster verborgen lag.
Hertrampf war von dem Kontrast fasziniert, den dieses Mädchen zur Schau trug. Die weiße, saubere Kleidung stand den unbekleideten, durch keinen Schuh gezierten, und zugleich zwangsläufig dreckig gewordenen Füßen gegenüber.
Seine Männerphantasie begann mit ihm ein Spiel zu spielen. Sie verkörperte für ihn die leibhaftige Grenze zwischen bürgerlicher Ordnung, die er bei keiner Frau missen wollte, und dem völlig Unkonventionellen, das so reizvoll war und das er bei keiner Frau unserer Zivilisation mehr zu finden meinte. Es lockte etwas beim Anblick des Mädchens. Dieses schien das auch zu bemerken. Sie fühlte sich beobachtet, ja ertappt.
Ihre Blicke streiften etwas verloren die Hertrampfs. Der Ansatz eines Lächelns aus Verlegenheit wurde auf des Mädchens Gesicht ablesbar und ein Gefühl der Scham über die nackten Füße, die in dieser Straße eher den Eindruck von Demut und Armut erwecken mußten, schien sie zu befallen.
Doch in Hertrampfs Gedankenwelt hatte der Anblick anderes ausgelöst. Er dachte kurz an seinen zurückliegenden Fall. Aber zu ihm schien es keine Brücke zu geben. Nein, die Unbedarftheit dieser jungen Frau hatte ihn gebannt, der Mut, sich barfuß in einer Umwelt zu behaupten, in der einer dem anderen auf die Füße trat. Vor derartigen Tritten schützten Schuhe. Sie hatten aber auch noch die Funktion eines Panzers gegenüber all dem Unrat, den wir Menschen links und rechts des Weges hinterließen. Der Barfußläufer konnte sich daran verletzen. Trotz allem ohne Schuhe zu laufen erschien ihm eine undefinierbare Angelegenheit zu sein, die sich irgendwo zwischen Wagnis und Abenteuer bewegte. Im übrigen drückte es eine Vertrautheit, ja eine Verbundenheit mit der Natur, der Stadt, der Insel aus.
Das Mädchen verschwand im nächsten Laden. Hertrampf sollte es auch nicht wieder sehen. Die Zeit, bis es aus dem Geschäft wieder herauskommen würde, wollte er nicht abwarten. Warum auch?
[...]
Na, wie gefällt das Euch?
AlexTK

Nun ja, hier werden gewisse Männerphantasien literarisch verarbeitet, wie es auch deutlich im Text steht, und daher finde ich ihn auch ziemlich einseitig. Barfüßigkeit wird hier mit Schutzbedürftigkeit, Armut und Demut, Schmutz und, da die barfüßige Person weiblich ist, mit einer gewissen erotischen Anziehungskraft assoziiert.
Daß Barfüßigkeit auch ein Zeichen von Natürlichkeit und Stärke sein kann und auch Männern sehr gut ansteht, kommt in dem Text nicht einmal ansatzweise vor.

Ich danke Dir trotzdem, daß Du Dir die Mühe gemacht hast, den Text zu bringen, denn es war immerhin interessant, ihn zu lesen.

Barfüßige Frühlingsgrüße,
Markus U.


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