aus Neuseeland zurück (Hobby? Barfuß! 2)

Harald 2, Saturday, 22.03.2003, 23:06 (vor 7861 Tagen)

Hi!
Seit einer Woche bin ich also von meiner einmonatigen Neuseeland-Reise zurück. Schön war's!
Gleich vorweg: Am Kepler-Track, wo ich nach einem sommerlichen Wintereinbruch stellenweise durch 30 cm tiefen Schnee gestapft bin, war ich schon froh über meine Treckingschuhe. Aber ansonsten war ich einfach ständig barfuß!
Dass Neuseeland ein Barfußparadies ist, hab ich euch schon nach meiner ersten Reise vor 2 Jahren berichtet. Diesmal war ich hauptsächlich auf der sogenannten Südinsel (eigentlich: Te Wai Pounamu) unterwegs. Eine Birdwatching-Tour bei Dunedin, Wandern am Kepler-Track, ein Schiffausflug am Doubtful Sound, Tageswanderung zum Franz Josef Glacier und ein paar ruhige Tage in den Marlborough Sounds. Was Barfußlaufen in NZ so toll macht, ist, dass einfach diese kritischen Blicke ausbleiben. Es ist ja nicht so, dass die zuhause für mich ein großes Problem wären. Aber es ist klar: Besser ist das Gefühl, hier nicht der einzige Barfußmensch zu sein. Es ist wirklich kein Tag vergangen, an dem ich nicht andere Barfüßler begegnet hätte. Einfach auf der Straße, beim Einkaufen, im Bus, am Abend im Pub, ... Ich konnte so oft dieses verschwörerische Lächeln nach einem kurzen Blick nach unten austauschen, das ich so liebe. Und ich hab ein paar echt nette Kommentare bekommen ("A cappuchino for the barefoot traveller", von der breit grinsenden Kellnerin im "Studentenpub" in Dunedin z.B.). Gefragt, warum ich denn barfuß sei, wurde ich nur von Touristen. Für Neuseeländer ist es die selbstverständlichste Sache der Welt.
Ausnahmen gab es nur wenige. Nach zahlreichen schuhlosen Busfahrten hatte der Fahrer des Newman Coaches von Wellington nach Auckland ein Problem mit meinen Füssen. Dazu muss man sagen, dass neuseeländische Busfahrer einen erstaunlich "strengen" Umgangston mit ihren Fahrgästen an den Tag legen. ("No food in the bus!!!") Mit all meiner kontinentaleuropäischen Schlitzohrigkeit erklärte ich, keine Schuhe mitzuhaben;-) Er kapitulierte kopfschüttelnd, genauso wie 5 Minuten später vor 3 barfüßigen Mädels...
Ich konnte es auch nicht lassen, meine Nase wieder in das einzige Pub in Auckland zu stecken, in dem vor 2 Jahren meine nackten Füsse ungut aufgefallen waren. Wieder wurde mir freundlich erklärt: "You need shoes in here." Warum gerade dieses eher alternativ aussehende Lokal eine spezielle Schuhphilosophie hat, ist mir ein Rätsel. Manche Neuseeländer würden vielleicht. sagen: "That's Auckland, not New Zealand". Ein anderes Kapitel sind Lokale, die von männlichen Besuchern eine Krawatte verlangen. Auf die kann ich gerne verzichten, barfuß oder beschuht.
Ein barfüßiges Rätsel meiner ersten NZ-Reise konnte ich diesmal lösen. Damals habe ich mich darüber gewundert, dass ich niemals schwarze Sohlen bekommen habe. Jetzt weiß ich: Sobald es 3 Tage nicht geregnet hat, werden die Sohlen in der Stadt genauso schwarz wie in good old Europe. Die Kiwis (=Neuseeländer) betrachten dieses ungewöhnliche Wetter als schlimme Trockenperiode...
Ich habe den Eindruck, dass Barfußgehen ein wenig zu dieser speziellen neuseeländischen Kultur gehört, die sich im Kontakt zwischen Maori und Pakeha (=Nachfahren europäischer Einwanderer) v.a. bei den jüngeren Leuten herausentwickelt. Auf alten Fotos sieht man meistens barfüßige Maori und fest beschuhte europäische "Settler". Die jüngeren "alternativen" Touristen ("backpacker") lassen sich ein wenig von diesen Barfußgewohnheiten anstecken. In den "hostels" laufen viele barfuß herum, ohne Schuhe auf die Straße wagen sich aber nur wenige. Ein paar Mal wurde ich mit meinen nackten Füsse auch für einen Einheimischen gehalten und vertrauensvoll nach dem Weg gefragt.
Ein unangenehmes Barfußerlebnis gab es schon: Auf einer Wanderung bei den Marlborough Sounds habe ich es geschafft, mit der linken kleinen Zehe so gegen einen Stein zu stossen, dass sie 2 Tage grün und blau war. Dass es selbstverständlich war, trotzdem barfuß zu bleiben, beweist nur, dass das wirklich das ist, was ich will.

Barfüßige Vorsätze für dieses Jahr habe ich jede Menge! In NZ hab ich gelernt, wie gut ich ohne Schuhe auskommen kann. Ich weiß, wo meine Grenzen sind, weil ich nicht ohne Schuhe im Gepäck nach nächtlichem Schneefall auf einer Berghütte sein möchte. Aber ich weiß auch, dass ich ansonsten Schuhe eigentlich nur aufgrund gesellschaftlicher Konventionen trage. Doch eigentlich bin ich gerne ein unkonventioneller Mensch...
Trotzdem: Noch ist es für mich zu kalt. Heute früh hatte es minus 5 Grad. Doch das kann nicht mehr lange dauern. Ich freu mich auf jeden warmen Frühlingstag!

Euer Harald


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