Barfüßige Umweltpolitik (Hobby? Barfuß! 2)

Lorenz ⌂, Stammposter, Saturday, 08.02.2003, 14:00 (vor 7903 Tagen)

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Hallo miteinander,

Das Hin und Her um die Ausrichtung des Forums hat mich auch ein wenig zum Nachdenken gebracht und ich habe mich wieder mal gefragt, warum ich mich denn seit mehr als vier Jahren für das Barfußlaufen einsetze. Das Problem, für Akzeptanz meines barfüßigen Lebensstils zu kämpfen, stellt sich mir nämlich nicht, ich lebe weitgehend barfuß und stoße kaum auf Widerstände. Das gilt in der Öffentlichkeit, im Job, mit ganz seltenen Ausnahmen in Hotels, Museen, Verkehrsmitteln, Geschäften......

Es gibt also nichts, worum ich diskutieren oder gar kämpfen muss. Das Barfußthema interessiert mich aus ganz anderen Gründen. Und die will ich mal kurz darstellen.

Ich bin überzeugt, dass die Zukunft der Menschheit genauso gut ist wie ihre Beziehung zur Natur. Denn nur, was die Ertragskraft des Bodens erhält, macht uns satt. Und nur was den Naturhaushalt aufrechterhält, sichert die Zukunft unserer Kinder! In dem von der Außenwelt abgeschnittenen Lebensraum der städtischen Bevölkerung geht der Kontakt zur Natur verloren -- man geht nicht mehr im Wald Beeren pflücken, sondern zum Shopping in die City. Und in den Ballungszentren werden weitreichende Entscheidungen getroffen, die in den Naturhaushalt eingreifen. Doch die Entscheidungsträger haben leider oft keine Beziehung mehr zur Natur!

Die Zukunft unserer Kinder hängt von den Entscheidungsträgern von morgen ab, und meine Hoffnung ist, dass diese auf eine gute Beziehung zur Natur zurückgreifen können. Ich habe selbst erlebt, wie der direkte Bodenkontakt die Natursinne weckt, vor allem, weil Barfußlaufen durch Wald und Wiese, Bäche und Moore Spaß macht! Die Beziehung zur Natur kommt nicht aus dem Lehrbuch, sondern durch schöne Erlebnisse. So habe ich mit den Barfußinitiativen ein wunderbares Betätigungsfeld gefunden, indem ich diese schönen Erlebnisse anderen Menschen ermögliche. Besonders Familien mit Kindern, die von alleine gar nicht auf das Barfußwandern gekommen wären, lassen sich schnell begeistern und überzeugen.

Also habe ich mit einem gänzlich unpolitischen Ansatz durchaus eine politische Veränderung im Visier - die Umweltpolitik der Zukunft, die nicht lästige Pflicht ist, sondern von der Begeisterung lebt. Ich freue mich immer wieder, wenn ich diese Begeisterung bei fröhlichen Besuchern von Barfußparks oder Teilnehmern an Barfußwanderungen sehe - und habe deshalb so viel Spaß an diesen Initiativen.

Schöne Füße, Lorenz

[image] Natur und Fortschritt

Barfüßige Extrapolation

Bene, Stammposter, Saturday, 08.02.2003, 14:27 (vor 7903 Tagen) @ Lorenz

Hallo Lorenz

Vielen Dank für diese Zeilen - da ist schon viel wahres dran. Ich möchte noch kurz diese Aspekte ergänzen, die mir wichtig sind. Diese beinhalten vielleicht keine ökologische, aber doch eine politische Aussage:

Das automatisierte Schuhe-Tragen ist für mich ein perfektes Beispiel für ein gesellschaftliches Grundproblem: Alle achten nur darauf was die anderen denken könnten, keiner möchte auffallen. Vielleicht mal in einer Billig-Show ausgenutzt im Rampenlicht stehen, aber nur ja nicht mit ungewöhnlichen und doch so normalen Interessen.

Und dabei ist Barfuß-Laufen eine so gute Sache, es könnte so vorteilhaft für viele sein, nur aus purem Herdentrieb traut keiner sich, es zu tun. Dabei sind wir schon so weit, dass es hier eigentlich nicht mehr um "Trauen" geht - es wird schon garnicht mehr hinterfragt.

Und dann noch dieser Aspekt der Beispielhaftigkeit: Das beliebte Verkehren von Ursache und Wirkung, ausgedrückt in staunenden Fragen der Umwelt: Ist Dir nicht kalt? Tut das nicht weh? Barfußlaufen ist nur kalt und tut weh (jetzt sehe ich mal von Sibirien und Laderfahrern beim Glas-Recycling ab), weil die Füße durch ständiges Einquetschen und Einlullen im feuchtwarmen Schuh-Klima total degeneriert sind. Wenn man danach nur einen Tag barfuß einen Splitt-Parcours testet, tut das natürlich weh, daran ist aber das lange Tragen der Schuhe schuld, nicht der Verzicht auf dieselben.

Das ist so wie bei ein Raucher, der zittert, weil er keine Zigarrette mehr bekommt - da steht wohl auch niemand ernsthaft auf dem Standpunkt, Rauchen sei eine gute und gesunde Sache, sondern würde doch eher raten, mit dem Verzicht durchzuhalten.

Und dann ist da noch dieser Aspekt: Barfüßigkeit ist für mich ein Symbol dafür, dass die besten Lösungen häufig die einfachsten sind und besonders gerne total übersehen werden!

Weiterhin viel Erfolg!

Bene

PS: Ich denke, auch bei Dir wird so etwas mitschwingen, wie die Freude daran, dass jemand aus der Umwelt es auch mal probiert. Ich habe nie meine Frau oder meine Kinder gebeten, die Schuhe auszuziehen (gut, die Kinder schon, wenn Sie aus dem Sandkasten ins Haus kommen ;-)), aber ich freue mich, wenn diese oder andere Bekannte auch mal barfuß mit mir gehen. Das sehe ich ganz ohne missionarischen Eifer.

Barfüßig zum eigenen Willen stehen

Lorenz ⌂, Stammposter, Sunday, 09.02.2003, 09:37 (vor 7902 Tagen) @ Bene

Hallo Bene

Das automatisierte Schuhe-Tragen ist für mich ein perfektes Beispiel für ein gesellschaftliches Grundproblem: Alle achten nur darauf was die anderen denken könnten, keiner möchte auffallen.

Das gilt auch für andere (wichtigere) Dinge: z.B. ist es für einen Mann nach wie vor noch sehr schwer, zu sagen, dass er Teilzeit arbeiten oder den Erziehungsurlaub nehmen will. Da muss man mit allerlei unqualifizierten Reaktionen von Chefs und Kollegen rechnen. Wer schon einmal beim Barfußgehen außer Haus geübt hat, zu seinem eigenen Willen zu stehen, tut sich dann wahrscheinlich leichter, sein gutes Recht einzufordern!

PS: Ich denke, auch bei Dir wird so etwas mitschwingen, wie die Freude daran, dass jemand aus der Umwelt es auch mal probiert.

Klar, es macht mir riesig Freude, wenn zu Veranstaltungen am Barfußpfad, zu Treffs und Wanderungen Leute kommen! Ich spüre dann viel Seelenverwandtschaft beim gemeinsamen Spaß am "Leben auf freiem Fuß".

Mach's gut und unbeschuht, Lorenz

[image] http://www.pfaffenwinkel.de/marktplatz/natur/glff.htm

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