Dezemberpresse (3) (Hobby? Barfuß! 2)

Georg @, Stammposter, Saturday, 04.01.2003, 17:57 (vor 7938 Tagen)

Hallo zusammen,
hier kommt der letzte Teil der Dezemberpresse - und er beginnt mit zwei Beiträgen zum Thema "Weihnachten":

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Jesus Christus erhellt die dunkle Welt
ESSLINGEN: Das Kirchenjahr als Abbild menschlichen Lebens - Die Weihnachtsbotschaft vergeht nicht
An Weihnachten feiern Christen die Geburt Jesu. Allerdings ist der genaue Tag seiner Geburt nicht bekannt. In den ersten christlichen Jahrhunderten wurde kein Weihnachtsfest gefeiert. Das Hauptfest der Christenheit war Ostern, das Fest der Überwindung des Todes.
Wie kam es dann zur Feier des Weihnachtsfestes am 25. Dezember? Um das Jahr 275 hatte Kaiser Aurelian in Rom das Fest der Geburt des Lichtes, des unbesiegbaren Sonnengottes, zum Staatsfeiertag erhoben. Die Christen legten ganz bewusst auf diesen Termin, den 25. Dezember, das Fest der Geburt Jesu. Damit wollten sie zum Ausdruck bringen, dass er das eigentliche Licht der Welt sei. Dieser Termin hat sich dann vor allem im germanischen Bereich schnell durchgesetzt, weil dadurch das Fest der Wintersonnenwende einen christlichen Inhalt bekam: Das Licht Gottes erhellt durch Jesus Christus die dunkle Welt. In der Ostkirche, also auch in der griechisch-orthodoxen Kirche, wird bis heute der 6. Januar als Geburtsfest Jesu gefeiert.
Was ist Weihnachten heute?
Bei der Frage, was Weihnachten heute bedeutet, kommt mir ein altes Gemälde in den Sinn: "Die Heilige Jungfrau der Pilger" von Caravaggio, zu sehen in der Chiesa di S. Agostino in Rom. Da knien Pilger voller Hingabe vor Maria mit dem Kind Jesus auf dem Arm. Ein Mann im Vordergrund ist barfuß. Der Dreck an seinen Füßen ist nicht zu übersehen. So begegnet er dem göttlichen Kind.
In diesem Bild ist für mich ein tiefer Sinn von Weihnachten ausgedrückt: Es kommt zu einer Berührung von zwei Seiten, die aufs Erste unvereinbar scheinen. Gott schwebt nicht auf einer fernen Wolke, sondern nimmt in einem Kind teil am Leben, so wie es ist. Und dazu gehören auch die dreckigen Füße. Dazu gehören die tausenderlei kleinen Sorgen, die uns umtreiben, und die großen erst recht.
Der Glanz des göttlichen Lichts fällt nicht in erster Linie auf unser Weihnachtsgesicht, nicht auf die Hochglanzverpackungen der Geschenke, sondern - mit dem Bild gesprochen - auf den Staub an unseren Füßen. Das bedeutet für mich Entlastung von dem Druck, an Weihnachten müsse alles schöner und besser sein. [...]
[Esslinger Zeitung, 23. 12. 2002]
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"Kein Kind kann Gott spielen"
taz: Frau Schauer, seit 1999 haben Sie das Thema Weihnachten in Form einer Krippe im Playmobil-Sortiment. Darf man mit Religion spielen?
Andrea Schauer: Warum nicht? Kinder verstehen Dinge besser, wenn sie es - im wörtlichen Sinne - begreifen können. Die Kinder haben schon früh von sich aus den Vorschlag für eine Krippe gemacht. Sie haben uns Fotos geschickt von selbst gebastelten Krippen aus schon existierenden Playmobil-Figuren. Liegt ja auch auf der Hand: Die Weihnachtsgeschichte wird in jedem Kindergarten erzählt.
Es hat doch recht lange gedauert, bis Sie dieses Thema aufgelegt haben. Warum kamen Sie damit doch so spät raus?
Die Weihnachtsgeschichte ist eine Geschichte mit einem sehr konkreten Verlauf. Das widerspricht eigentlich dem Gedanken von Playmobil. Denn wir geben das Thema, beispielsweise Piraten, vor, aber nicht, wie gespielt werden soll. Mal sind die Piraten die Böseren, mal die Besseren. Dies ist bei Jesus ja nicht unbedingt offen. Das war der Grund unserer Zurückhaltung. [...]
Es gibt also eine klassische Mannfigur, eine Frauenfigur, eine Kindfigur, eine klassische Babyfigur. Sie wollten für Jesus keine Ausnahme machen?
Die Kinder haben auch eine Babyfigur für Jesus genommen, als wir die Krippe noch gar nicht im Programm hatten.
Aber Maria ist nicht die klassische Playmobil-Frau. Sie hat ein langes Gewand an - und nicht diesen Minirock. Das hätten Sie sich wahrscheinlich nicht erlauben können?
Nein, Maria im Minirock, das ginge nicht. Wir haben das traditionell gemacht. Und immerhin gibt es Frauen mit langen Kleidern bei uns schon seit 1989. Dass Maria barfuß ist, das ist speziell für Maria gemacht worden.
Gab es Proteste à la "Die machen mit Religion Geschäft"?
Im Gegenteil. Wir haben sogar von den Kirchen Lob bekommen - wir würden einen wichtigen Beitrag zum Verständnis der Weihnachtsgeschichte leisten. [...]
Letzter Vorschlag aus der Religion: Wann kommt der Playmobil-Gott?
Das ist ein absolutes Tabu. [...]
Ist Jesus ein Kassenschlager - oder muss er sich den Piraten geschlagen geben?
Sicherlich verdienen wir mit den Piraten deutlich mehr. Aber Jesus in der Krippe verkauft sich auch nicht schlecht.
Auch weil Jesus nur im Dezember gefragt ist?
Ach, im Sommer wird das Jesus-Baby auch in das normale Spiel integriert. Kein Problem! Oder Maria - die fährt dann eben im Polizeiauto durch die Playmobil-Welt.
[taz, 24. 12. 2002]
Und Maria fährt dann barfuß im Polizeiauto ...
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Auf nackten Sohlen von Lied zu Lied
Sprünge im Eis: Trisha Brown choreographiert die "Winterreise"
Die szenische Umsetzung, der sich heutzutage von Bachs Passionen und Kantaten bis zu Leos Janáceks "Tagebuch eines Verschollenen" kein Stück des klassischen Konzertrepertoires zu verweigern scheint, läßt sich gewiß nicht nur aus den Werken selbst erklären. Der Drang zur Bühne entspringt auch einem Unbehagen am herkömmlichen Konzertritual [...]
Eine Generation, mit MTV aufgewachsen und daher gewohnt, Musik nur noch in lockerer Verbindung mit Bildern wahrzunehmen, wird an der Form eines Abonnementkonzertes wenig Verlockendes finden. Aus dem Dilemma, wenn es denn überhaupt als solches empfunden wird, führen zwei Wege. Entweder lernt auch der mit den Augen hörende Mensch, wieder seinen Ohren zu trauen, oder der Kulturbetrieb nimmt auf die neuen Rezeptionsgewohnheiten Rücksicht und stellt etwa für Schuberts "Winterreise" mehr als zwei Herren im Frack und einen Flügel in Aussicht.
Fürs letztere haben sich Simon Keenlyside, der wunderbare Liedersänger aus England, und die amerikanische Choreographin Trisha Brown entschieden. Aus einem Ausweg wurde bei ihnen ein Königsweg. [...] "Winterrreise", uraufgeführt im New Yorker Lincoln Center, schließt sich an diese subtil durchformten Arbeiten an.
Wieder gelingt Brown die inszenatorische Quadratur des choreographischen Kreises. Ihre künstlerische Herkunft aus dem Kreis der Judson Church, wo Tanz sich der alltäglichen Bewegung öffnete, prädestiniert sie für die Arbeit mit einem Nichttänzer. [...] Aber Brown verlangt von ihrem Sänger die volle körperliche Präsenz und Intensität eines Tänzers. Er ist nicht nur der zentrale Erzähler, sondern beherrscht auch den choreographischen Ablauf. Dabei wird er von drei Tänzern aus Browns Truppe unterstützt, drei unauffällig modern gekleideten Figuren, die, wie auch Keenlyside, auf nackter Sohle von Lied zu Lied wandern. [...]
Brown behandelt Keenlyside wie einen ihrer Tänzer, auch wenn sie ihm nur in "Die Post" einen echten Sprung abverlangt. Gleichwohl, und das ist das wirklich Aufregende des Abends, wird kein einziges Mal sein bewegender Gesang durch Bewegung gestört, sondern allenfalls befreit. Keenlyside kann seinen kernigen, warm timbrierten Bariton herrlich strömen lassen. [...]
[Frankfurter Allgemeine Zeitung, 24. 12. 2002]
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Saarbrücker Zeitung:
Über den Tellerrand schauen
Erweiterte Realschule zeigte Rumänien-Ausstellung [...]
Völklingen. In der Klasse sieben der Erweiterten Realschule (ERS) am Sonnenhügel ist Rumänien kein unbekanntes Land mehr. Seit fast zwei Jahren nimmt die Lehrerin Birgit Strehlau-Rau mit den Jugendlichen am Bildungsprogramm "Sokrates" der Europäischen Union teil [...] Teil dieses Bildungsprogramms ist das vom Pädagogischen Austauschdienst getragene Comenius-Projekt "Europa erklären, von Kindern für Kinder", das zu einer Dreieckspartnerschaft einer französischen und einer rumänischen Schule sowie der Völklinger Realschule am Sonnenhügel geführt hat.
Hier hatte nun Birgit Strehlau-Rau mit ihren Jugendlichen das Klassenzimmer zu einer zweitägigen Ausstellung über Rumänien und besonders über die Partnerschule in Draxeni umfunktioniert. "Es ist wichtig, dass unsere Kinder über den Rand des eigenen, relativ vollen Tellers hinausschauen", sagte die Lehrerin [...]
"Die sind sehr arm", erläuterte der 14-jährige Christian Vitozzi, "und wir haben vor einem Jahr über 500 Euro gesammelt, damit die Schule einen Wasseranschluss bekommt." [...]
Doch die sozialen Gefühle der Völklinger Kinder ermöglichen auch persönliche Opfer: Sie verzichten einmal pro Woche auf Süßigkeiten und spenden stattdessen einen kleinen Betrag für ihre rumänischen Freunde.
"Das tun wir gerne", erklärte Realschüler Jan, "denn denen geht es nicht so gut wie uns: Die müssen zum Beispiel im Sommer barfuß laufen, um die Schuhe zu schonen. Das ist doch schlimm, oder?" Ja, das ist schlimm und schreit nach Hilfe.
Da hätte die Zeitung es doch mal wieder eindrucksvoll in Szene gesetzt, das Klischee barfuß = arm ... Der fehlende Wasseranschluss und seine Folgen (ich denke an Sauberkeit und Hygiene) das ist tatsächlich schlimm!
[Saarbrücker Zeitung, 27. 12. 2002]
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Im Künstler steckt ein kleiner Junge
Jochen Riemann unterrichtet am Wiedtal-Gymnasium Kunst - Neben zahlreichen schulischen Projekten schreibt er privat Songtexte für seine kleine Schwester: die Schauspielerin Katja Riemann [...]
Jochen Riemann hat schöne Füße. Das sieht jeder, der sein Haus in dem kleinen Dorf Rott direkt hinter Sankt Katharinen betritt. Der Kunstlehrer, das liegt auf der Hand, läuft zu Hause am liebsten barfuß rum. Was er sonst so mag? Leise Jazzmusik, ein Glas trockenen Rotwein und seinen gemütlichen Sessel im Wohnzimmer.
Wenn sich der 49-Jährige, der in der Nähe von Bremen aufgewachsen ist, nicht gerade entspannt, dann ist er kreativ: Derzeit schreibt er Songs für seine kleine Schwester. Die heißt Katja und ist von Beruf Schauspielerin. [...]
[Bonner General-Anzeiger, 27. 12. 2002]
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In diesem Beitrag steht einmal mehr allerhand über die Dummheit und Schädlichkeit der Schuhmode, besonders für Frauen:
Hoch zu Fuß
In Stöckelschuhen sehen Frauen größer und besser aus - abgesehen von ihren Ballenzehen [...]
Claudia Schiffer verdankt ihrer Topmodel-Karriere Geld und Ruhm und angeblich einen Hammerzeh. Das ist ein Zeh, dessen Spitze sich wie ein Hammer nach unten biegt. Oft mit Hühnerauge obendrauf und einem Nagel, der sich nach unten in die Schuhsohle bohrt.
Stimmt das Gerücht, hat die Deutsche damit nicht etwa bei Karl Lagerfeld auf höhere Gagen gepocht. Damit hat sie gezahlt. Für all die Jahre auf dem Laufsteg, für all die Schritte in steilen Stöckelschuhen. Dafür, ihre Füße in die Enge getrieben und in die Senkrechte gehievt zu haben.
Claudia Schiffer wäre damit zwar ein berühmtes Modeopfer, aber kein seltenes. Jede fünfte Frau in Deutschland leide an Vorfußbeschwerden wie Hammerzehen, Spreizfüßen oder am Ballenzeh, dem "Hallux valgus", sagt Nikolaus Wülker, Chefarzt der Orthopädie an der Universitätsklinik Tübingen. Die Ursache sind die eigenen Gene, Entzündungen, vor allem aber modische Schuhe. Mit ihnen tritt man auf, als wäre der menschliche Fuß eine Knautschzone und keine anatomische Maßarbeit.
Sechsundzwanzig Knochen, 31 Gelenke und mehr als hundert Bänder und Sehnen fügen sich zu einem Gewölbe, das beim Gehen das Dreifache des Körpergewichts trägt und abfedert. Damit sind die Füße das am meisten belastete Körperteil des Menschen.
Sie tragen viel, aber nicht alles. Übergewicht drückt das Fußgewölbe flach. Hohe, dünne Absätze erst aber verlagern das zuvor auf den ganzen Fuß verteilte Gewicht um das Fünffache nach vorn, auf den Vorfuß. Unter dieser Last kapituliert das Fußgewölbe schließlich und sackt in den Spreizfuß. Bis zu zwei Zentimeter geht der Fuß dabei vorne in die Breite. Die Federung ist dahin, wie bei einem Auto ohne Stoßdämpfer.
Diese häufigste erworbene Verformung am Vorfuß ist nicht selten die Voraussetzung dafür, daß der Fuß noch weiter degeneriert - wenn er denn in hohe Schuhe gepfercht wird. Diese sind meist - und in dieser Herbst- und Wintersaison besonders - vorne eng und spitz und schieben die Zehen zusätzlich zu einem Dreieck zusammen. Dabei wird vor allem der große Zeh (lateinisch: Hallux) in eine chronisch krumme (lateinisch: valgus) Fehlstellung gequetscht. Der Mittelfußknochen der großen Zehe wird nach innen, in Richtung des anderen Fußes, abgedrängt, die Großzehe rutscht zur anderen Seite. Die Sehne, die zuvor über dem Großzehengrundgelenk lag, bleibt in der Mitte und zwingt - angespannt wie ein Bogen - das Großzehengrundgelenk weiter ins Aus. Allmählich bildet sich so der "Ballenzeh": eine schmerzhafte Wölbung des Großzehenballens, die beim Gehen seitlich in den Schuh drückt und oft Hühneraugen davonträgt. Auf der Suche nach mehr Platz endet der große Zeh manchmal unter dem zweiten Zeh, der sich wie eine Kralle über den ersten legt. Werden die kleinen Zehen in Richtung großem Zeh gedrängt, können sie verkrümmen und schließlich oft nicht mehr gestreckt werden. Fertig ist der Hammerzeh.
Wegen dieser selbstgemachten Fußverstümmelungen führt der Weg in vielen Fällen ins Krankenhaus. Die Hälfte aller Ballenzeh-Operationen in Deutschland geht auf falsche Schuhe zurück - auch bei Männern. [...]
Diese Prozedur sowie eine herkömmliche Operation mit einer anschließenden Heilzeit von sechs bis acht Wochen erübrigen sich, wenn der Patient bereit ist, seine Bewegungsmuster zu ändern. Das ist die Ansicht von Christian Larsen, einem Schweizer Arzt, der in den achtziger Jahren das Bewegungskonzept der "Spiraldynamik" entwickelte. Es beruht auf der Erkenntnis, daß Gelenke und Muskeln im gesunden Körper wie Spiralen miteinander verschraubt sind. Bei Fehlbelastungen verläßt der Mensch diese Struktur, in die er mit gezielten Übungen und viel Fleiß wieder zurückkehren könne. Larsen hat verschiedene Beispiele von Patienten mit ausgeprägtem Hallux valgus an beiden Füßen dokumentiert, die den "koordinierten Gebrauch ihrer Füße" wieder erlernt und Verformungen dabei rückgängig gemacht haben. Davon profitiert auch der Rest des Körpers, der durch das häufige Tragen von Stilettos, die für Larsen den altchinesischen Fußbandagen nicht unähnlich sind, ebenfalls aus dem Lot geraten kann. Die medizinische Fachzeitschrift "The Lancet" wies im vergangenen Jahr darauf hin, daß zu hohe Schuhe mit dafür verantwortlich sind, daß Frauen doppelt so häufig an Kniegelenksarthrosen leiden wie Männer. Zudem verkürzen sich häufig die hinteren Beinsehnen, die Oberschenkelmuskulatur verspannt, das Becken kippt nach vorne. Dadurch entsteht ein mehr oder minder ausgeprägtes Hohlkreuz über einem, wie Larsen sagt, "Entenpopo". Beschwerden wie Rücken-, Nacken- und sogar Kopfschmerzen können die weiteren Folgen sein. Manchmal allerdings, so der Orthopäde Wülker, tragen Frauen hohe Schuhe - und es passiert gar nichts. Er empfiehlt dennoch, hohe Hacken nur in der Oper zu tragen. Das heißt: äußerst selten. Und hochhackige Schuhe beginnen für Wülker nicht bei Zehn-Zentimeter-Stelzen, sondern bei zwei Zentimetern Unterschied zwischen vorderer Sohle und Absatz.
Damit die Füße sich normal bewegen und die Zehen sich anatomisch korrekt "in der Kraft entfalten können", plädiert der Mediziner im Alltag für Schuhe, die "hinten flach und vorne weit" sind. Also völlig unmodisch.
Seit der Steinzeit, als der Mensch begann, seine Füße mit umgewickelten Fellstücken zu wärmen und zu schützen, waren flache Schuhe nie mehr wirklich modern. Deshalb kommt nur bei Naturvölkern, die barfuß gehen, ein Hallux valgus selten vor. Seit aber etwa in Japan westliche Schuhtypen in den siebziger Jahren die traditionellen Sandalen ersetzt haben, plagen sich auch die Frauen dort mit Ballenzehen. [...]
Zwar werden Frauen mittlerweile größer denn je, wollen aber trotzdem immer noch höher aufragen. Noch immer finden sie, daß ein hoher Absatz sie größer macht, sie schlanker und langbeiniger wirken läßt. Der Unterschenkel streckt sich optisch, die Fessel scheint zart und zierlich. Stöckelschuhe sind der Inbegriff von weiblicher Ausstrahlung und Erotik. [...]
Becken vor, Brust raus. Das wirkt auf Männer verführerisch, zumal Frauen vor allem für sie in diese Schuhe klettern. Tatsächlich aber ist es nur das Bemühen, das Gleichgewicht zu halten. Naomi Campbell hat es schon einmal nicht geschafft und ist deshalb vom Laufsteg gestürzt. Gisele Bündchen war kurz davor. Das brasilianische Model kippte vor wenigen Wochen bei den Schauen in Mailand aus seiner rechten Stiletto-Sandale. [...]
Aber vielleicht trägt Gisele nach getaner Arbeit ja Birkenstocks. So wie ihre deutsche Kollegin Heidi Klum. Das Model aus Bergisch-Gladbach ist mit den orthopädisch korrekten Sandalen aufgewachsen und bekennt sich zum Besitz von mehreren Paaren, in die es nach den Foto-Shootings in hochhackigen Schuhen absteigt. Heidi Klum entwirft jetzt eine eigene, wie sie sagt, "punkige" Kollektion mit Straß, Nieten und Kritzeleien mit Edding-Stiften. Schon länger wollte sie Hand an ihre Gesundheitsschlappen legen. Sie fand sie bequem, aber nicht sexy genug.
[Frankfurter Allgemeine Zeitung, 30. 12. 2002]

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Manfred, der Eremit: Das erste Todesopfer der Ölpest in Spanien [...]
Manfred, der deutsche Einsiedler an Spaniens ölverschmierter Atlantikküste, ist tot. Die Todesursache stand am Sonntag zwar offiziell noch nicht fest, doch kaum jemand in dem entlegenen galicischen Fischerdorf Camelle zweifelt daran, dass der 63-Jährige aus Dresden an Kummer gestorben ist: Die durch den Tanker «Prestige» verursachte Ölpest hatte sein Lebenswerk, ein Freilichtmuseum mit Skulpturen aus Stein, Holz und Walknochen, zerstört.
Manfred starb genau so, wie er in den vergangenen 41 Jahren gelebt hatte: Einsam in seiner einfachen Hütte auf den Felsen, wo er halb nackt auf dem Boden gefunden wurde, wie die Zeitung «La Voz de Galicia» berichtete. Anwohnern war aufgefallen, dass er die Lebensmittel nicht angerührt hatte, die sie ihm vor die Tür gelegt hatten.
Der deutsche Eremit symbolisiert auf traurige Weise das Schicksal Tausender anderer von der Ölflut betroffenen Menschen an Galiciens «Todesküste». Das Meer bedeutete ihm alles. Es gab ihm nicht nur, was er zum Leben brauchte, sondern war auch die Quelle seiner künstlerischen Inspiration. So empfand er die Ölpest auch als Angriff auf ihn selbst. «So etwas kann man mir doch nicht antun», hatte der sonst wortkarge Deutsche gesagt, als die ersten Ölflecken seine bunt bemalten Steine schwarz färbten und er nicht mehr wie sonst stundenlang im Meer schwimmen konnte. [...]
«Er ist der Melancholie zum Opfer gefallen», meinte ein Anwohner. «Egal, was die Sterbeurkunde sagt: Die »Prestige» hat ihn mit in die Tiefe gerissen», schrieb die Presse. Dass der Eremit mit seinem Leben abgeschlossen hatte, zeigt sich auch daran, dass er in einem Brief die Regionalregierung bat, sein Museum weiter zu führen.
Der hagere, auch im Winter nur mit einem Lendenschurz bekleidete Deutsche war in Galicien ein Unikum [...] kehrte später in Gestalt eines modernen Robinson Crusoe zurück: halb nackt, barfuß und mit einem langen Bart. Seitdem widmete er sich der Kunst und lebte von den Eintrittsgeldern seines gut besuchten Museums. [...]
[dpa - Meldung, u. a. in Thüringer Allgemeine, 30. 12. 2002]
Von Manfred war auch schon in der Novemberpresse die Rede.
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Gifhorn
"Verbreitete Schneefälle, zeitweise Straßenglätte, Temperatur um null Grad" ? ähnlich wie heute lautete auch vor 50 Jahren der Wetterbericht für die hiesige Region. Was damals sonst zum Jahreswechsel in Stadt und Kreis Gifhorn los war, zeigt ein Blick in die Aller-Zeitung vom 31. Dezember 1952.
Menschenauflauf nahe der Paracelsus-Apotheke Gifhorn: Dort explodierten tags zuvor Teile der ausliegenden Feuerwerkskörper mit lautem Krachen. [...]
Die Polizei notierte: "Unbekannte drangen in den Keller eines Gifhorner Landwirts ein." Sie stahlen mehrere Speckseiten, drei Schinken, zwei Schulterstücke und Eingeschlachtetes.
Im humorigen Sportkabinett stand: "Indische Fußball-Elf weilt in Meinersen." Gastgeber MTV nahm die Bedingung, beide Mannschaften spielen barfuss, an. [...]
[Aller Zeitung, 31. 12. 2002]
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Mit Optimismus gegen die Schneeflaute
Ausbleibender Winter macht die Tourist-Infos der Raumschaft unterschiedlich stark betroffen
Raumschaft Triberg. Regen, Regen, Regen - und von Schnee keine Spur. Was die Autofahrer erleichtert, ist für Wintersportler ein Verdruss. Und da sich unter vielen Feriengästen auch solche befinden, die lieber eine gute Portion Schnee unter ihren Skiern und Schlitten hätten, blicken die Tourist-Infos mehr oder weniger besorgt zum Himmel. [...]
Schwer wiegt für die Schonacher die Absage des Schwarzwaldpokals. Eigentlich sollten sich am 5. Januar die weltbesten Nordischen Kombinierer im Skidorf ein Stelldichein geben. Mit rund 2000 Übernachtungen wurde gerechnet. "Das ist natürlich eine Enttäuschung für unsere Gastronomie, aber auch für das ganze Ferienland", so Stefan Schürlein, Leiter der Tourist- Info. [...]
Eine Erweiterung des Freizeitangebotes hält Schürlein im Moment nicht unbedingt für nötig. So werde fast jeden Tag etwas geboten [...] Gut in Schuss weil gut gepflegt ist nach wie vor der Schonacher Naturerlebnispfad. "Allerdings ist der darin enthaltene Barfuß-Parcours derzeit nur etwas für Hartgesottene" lacht Schürlein.
[Schwarzwälder Bote, 31. 12. 2002]
Bei den zum Teil zweistelligen Weihnachtstemperaturen 2002 musste man aber gar nicht so hartgesotten sein!
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Belesene Füße
Georg

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