Ein Anekdötchen, weils Ihr so nett seid (Hobby? Barfuß! 2)

Jens G. aus HH, Thursday, 02.01.2003, 10:55 (vor 7940 Tagen)

Hallo! Wo ich mich jetzt schon eingemischt habe, kann ich Euch ja auch mal eine persönliche Anekdote zum Thema "Barfußlaufen" erzählen.

Eines meiner Hobbies ist Mittelalternachstellung - also, in mittelalterlichen Klamotten auf Mittelaltermärkten eine gute Figur machen. Da es gerade damals absolut nichts ungewöhnliches war barfuß durch die Weltgeschichte zu laufen, ist es für mich und andere Darsteller eigentlich keine Frage, daß man die teuren Repliken für die Füsse einfach zu Hause oder (für den Fall der Fälle) im Rucksack läßt. Nun habe ich es mir zur Angewohnheit gemacht in der Gewandung, in der ich auch auf dem Markt herumlaufen werden, bereits hinzufahren.

Vor zwei Jahren, es war ein heißer Junitag, meine Hornhaut an den Füssen war gut entwickelt, also habe ich mich zu Hause in Gewandung geworfen, die Schuhe nur mitgenommen und bin barfuß zur U-Bahnstation gestiefelt (nettes Wortspiel, oder?). Ich stand da also nun und sah aus wie ein Mann aus dem 11. Jahrhundert. Auf dem Bahnsteig wartete auch eine Mutter mit ihrem Kind. Wer ein solches Hobby hat macht sich oft einen Spaß daraus die Reaktionen der Leute, die natürlich oft etwas verstört sind, weil sie nicht unbedingt einen Wikinger oder einen Chatten in der Ubahn erwarten, zu beobachten. Und so stellte ich mich in der Nähe der beiden auf und wartete.

Die Mutter war fleißig dabei mich aktiv zu ignorieren. Ihr Kind nicht. Das kleine Mädchen starrte mich sehr intensiv und sehr fragend an. Irgendwann blickte es an seiner Mutter hoch und fragte: "Du Mama? Warum hat denn der Mann da keine Schuhe an?" Die Mutter, die genau so eine Frage befürchtet hatte, entgegnete so kurz angebunden wie nur irgends möglich: "Weiß ich nicht, mein Schatz, vielleicht ist ihm einfach nur heiß!"

Liebe Grüße,

Jens G. aus HH :)

Man kann gut auf solche Reaktionen eingehen!

Lorenz ⌂, Stammposter, Thursday, 02.01.2003, 23:00 (vor 7939 Tagen) @ Jens G. aus HH

Hallo Jens,

Die Mutter war fleißig dabei mich aktiv zu ignorieren. Ihr Kind nicht. Das kleine Mädchen starrte mich sehr intensiv und sehr fragend an. Irgendwann blickte es an seiner Mutter hoch und fragte: "Du Mama? Warum hat denn der Mann da keine Schuhe an?" Die Mutter, die genau so eine Frage befürchtet hatte, entgegnete so kurz angebunden wie nur irgends möglich: "Weiß ich nicht, mein Schatz, vielleicht ist ihm einfach nur heiß!"

Ich bin da inzwischen so frech und spreche die Leute an, erkläre kurz, warum ich sehr viel barfuß gehe -- und frage dann die Kinder ganz direkt, ob sie auch gerne barfuß gehen. Die bejahen das meistens freudig und dann kann man fragen, ob sie im Kindergarten auch schon mal einen Fußfühlpfad gehabt haben oder ihnen von Barfußparks und Fußgymnastik erzählen. Sollten sich bei diesen Themen Schweißperlen auf den Stirnen der Mütter bilden, so ignoriere ich das großzügig ;-)
Meist geben sich jedoch nette Gespräche, weil ich das Thema in keiner Weise provokant oder dogmatisch angehe und auch zu ängstlichen Mutterherzen den Zugang finde.

Man muss den Leuten einen Rahmen aufzeigen, in dem sie Barfußaktivitäten gut finden können, ohne sie zum Sprung über den eigenen Schatten zwingen zu wollen!

Mach's gut und unbeschuht, Lorenz

Nützlich in solchen Gesprächen ist u.U. auch das

[image] Informationsblatt zum Barfußlaufen

Man kann gut auf solche Reaktionen eingehen!

Jens G. aus HH, Friday, 03.01.2003, 14:05 (vor 7939 Tagen) @ Lorenz

Hi :)

Ich bin da inzwischen so frech und spreche die Leute an, erkläre kurz, warum ich sehr viel barfuß gehe -- und frage dann die Kinder ganz direkt, ob sie auch gerne barfuß gehen. Die bejahen das meistens freudig und dann kann man fragen, ob sie im Kindergarten auch schon mal einen Fußfühlpfad gehabt haben oder ihnen von Barfußparks und Fußgymnastik erzählen. Sollten sich bei diesen Themen Schweißperlen auf den Stirnen der Mütter bilden, so ignoriere ich das großzügig ;-)

Beim Nachdenken ist mir wieder ein Vorfall eingefallen, den ich hatte, als ich noch im Studentenwohnheim wohnte. Im Haus bin ich eine Zeit lang grundsätzlich barfuß rumgelaufen. Die anderen (wir Studenten haben ja schließlich alle eine Klatsche) haben sich relativ schnell dran gewöhnt. Nur eine nicht. Sie hat sich aufgeregt bis sie puderrot war, daß ich barfuß in deren Gemeinschaftsküche gegangen bin um mit Leuten zu quatschen. Begründung: "Das ist unhygienisch!" Ich habe versucht ihr klarzumachen, daß ich in der Regel nicht mit meinen Füßen sondern mit meinen Händen esse und daß das bei dieser schweinedreckigen Küche höchstens mein Problem sei. Das war alles nicht überzeugend für sie. Was machst Du da?

Meist geben sich jedoch nette Gespräche, weil ich das Thema in keiner Weise provokant oder dogmatisch angehe und auch zu ängstlichen Mutterherzen den Zugang finde.

Hört sich gut an :)

Man muss den Leuten einen Rahmen aufzeigen, in dem sie Barfußaktivitäten gut finden können, ohne sie zum Sprung über den eigenen Schatten zwingen zu wollen!

Ich habe einen beraten, der Liverollenspiel machen wollte und eines der größten Probleme, gerade für Anfänger, sind die Schuhe. Bundeswehrstiefel eignen sich für Mittelalter/Fantasy-Spiele eigentlich ganz gut, aber die hat ja nun nicht jeder. Und über "Turnschuhritter" lachen alle. Mein Tipp war: lauf barfuß, ist schließlich Sommer. Als er mich entsetzt ansah, habe ich ihn den Tip gegeben, mal 2 Tage hintereinander barfuß über Rollsplitt oder steinige Wege zu laufen. Danach tut's etwa eine Woche weh und danach nicht mehr und man ist stolzer Besitzer einer widerstandsfähigen Hornhaut. Er sah mich an, als würden seine Füße jetzt schon wehtun.

Soweit ich weiß, hat er zwar die Rollsplittübung nicht gemacht, ist aber dennoch barfuß auf dem Spiel herumgelaufen. Kommentar: "Nach einem halben Tag wars gar nicht mehr so schlimm..."

Mach's gut und unbeschuht, Lorenz

Ich gebe es zu, zur Zeit laufe ich nicht barfuß. Aber trotzdem liebe Grüße :)

Jens

Liverollenspiele

Michael (wat) @, Friday, 03.01.2003, 20:09 (vor 7938 Tagen) @ Jens G. aus HH

Hallo Jens.

>Die anderen (wir Studenten haben ja schließlich alle eine Klatsche) haben sich relativ schnell dran gewöhnt.

Das mit der Klatsche ist zum Glück nicht auf Studenten beschränkt, nur ist es da eher salonfähig, nech? :-)

>Ich habe einen beraten, der Liverollenspiel machen wollte und eines der größten Probleme, gerade für Anfänger, sind die Schuhe.

Interessant. Vor einigen Jahren, noch bevor ich dieses Forum kennenlernte, hatte ich einzig und allein um barfuß laufen zu können die Idee, mich an LARPs zu beteiligen. Außerdem erhoffte ich mir Einblicke in diverse Burgen, aber das war ein sehr untergeordneter Aspekt. Ich hatte mit 13, 14 Jahren recht regelmäßig, aber ohne große Ambitionen, mit Freunden und Bekannten Stift-und-Papier-Rollenspiele wie MERS oder AD&D gespielt und meinte daher, mich mit der Materie anfreunden zu können.

Mein erster Mailkontakt mit einem Liverollenspieler war jedoch eher ernüchternd, weil mein Gegenüber ob meines Ansinnens doch etwas befremdet war. Nun ja. Vermutlich hätte ich das ohnehin nicht lange gemacht, denn es wäre nur Mittel zum Zweck gewesen, und das "weil es geht" als Begründung gefällt mir viel besser. Hält Kopf und Füße frei...

Schöne Grüße aus der Hellwegstadt in die Hansestadt,
Michael

P.S.: Was gabs denn nun zum Frühstück?

Liverollenspiele

Jens G. aus HH, Friday, 03.01.2003, 23:04 (vor 7938 Tagen) @ Michael (wat)

Hi :)

>Ich habe einen beraten, der Liverollenspiel machen wollte und eines der größten Probleme, gerade für Anfänger, sind die Schuhe.
Mein erster Mailkontakt mit einem Liverollenspieler war jedoch eher ernüchternd, weil mein Gegenüber ob meines Ansinnens doch etwas befremdet war.

Thihi :) Jo, es gibt Liverollenspieler und Liverollenspieler. Die erste Riege der Larpies rekrutierte sich aus Pfadfindern, für die waren viele Dinge "kein Thema". Heutzutage war es mal Mode und darum hat man viele Weicheier auf Spielen wobei "Weichei" bedeutet, daß es da Leute gibt, die die großen Helden sein und zu den Supergeilen gehören wollen aber beim kleinsten Anzeichen von Anstrengungen oder Einbußen in Bezug auf sanitären Anlagen oder Verpflegung sofort anfangen zu wimmern. Die zucken schon bei dem Gedanken an barfuß über Waldwege (Stöcke und Hölzchen!) laufen zusammen.

Nun ja. Vermutlich hätte ich das ohnehin nicht lange gemacht, denn es wäre nur Mittel zum Zweck gewesen, und das "weil es geht" als Begründung gefällt mir viel besser. Hält Kopf und Füße frei...

Hehe :)


Schöne Grüße aus der Hellwegstadt in die Hansestadt,
Michael
P.S.: Was gabs denn nun zum Frühstück?

Ist noch nicht ganz entschieden. Geht um langfristige Frühstücksplanung (was will ich generell zum Frühstück essen?). Viel Ballastoffe natürlich und das habe ich bislang auch gemacht (mit tollem Erfolg), aber es gibt nichts, was man nicht verbessern kann, außerdem lerne ich gerne dazu...

Mit besockten Grüßen (ja, ich weiß, ich bin manchmal auch ein Weichei),

Jens

Unterschiede der Lernfähigkeit

Lorenz, Stammposter, Friday, 03.01.2003, 21:54 (vor 7938 Tagen) @ Jens G. aus HH

Hi Jens,

....... Sie hat sich aufgeregt bis sie puderrot war, daß ich barfuß in deren Gemeinschaftsküche gegangen bin um mit Leuten zu quatschen. Begründung: "Das ist unhygienisch!" Ich habe versucht ihr klarzumachen, daß ich in der Regel nicht mit meinen Füßen sondern mit meinen Händen esse und daß das bei dieser schweinedreckigen Küche höchstens mein Problem sei. Das war alles nicht überzeugend für sie. Was machst Du da?

Wenn jemand mit solchem verbissenen Elan für seine Vorurteile kämpft, kann man es glatt vergessen. Mir ist die Hygienediskussion in dieser Weise noch nicht aufgehängt worden. Ich würde sagen, dass meine Füße kaum dreckiger sind als meine Hände, aber sicher nicht so dreckig wie Schuhe, mit denen so mancher durch Hundehäufen gestiefelt ist und es nicht gemerkt hat. Und ich würde fragen, wer denn hier für die Desinfektion der Türklinken sorgt, die seuchenhygienisch mit Sicherheit mehr bringt als das Tragen von Schuhen ;-)

....... Soweit ich weiß, hat er zwar die Rollsplittübung nicht gemacht, ist aber dennoch barfuß auf dem Spiel herumgelaufen. Kommentar: "Nach einem halben Tag wars gar nicht mehr so schlimm..."

Normale Menschen sind lernfähig und passen sich ohne Schwierigkeiten der Situation an. Barfußlaufen ist gar nicht so sehr eine Frage der Hornhaut, sondern des Bewegungsgefühls. Wer Schuhe gewohnt ist, tritt barfuß im ersten Moment so ungeschickt auf, dass es wehtut. Aber wenn man bereit ist, die neue Situation zu akzeptieren, klappt schon nach 20 min das richtige Laufen mit sachtem Abrollen und aktiverem Einsatz des Vorderfußes hervorragend und man lebt problemlos auf freiem Fuß, wie es uns angeboren ist.

Schöne Füße, Lorenz

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