Ja, ich glaub auch, um richtig Dauerbarfüßer zu sein, muß man´s von Kind an gewohnt sein.

Oder sich in späteren lebensaltern langsam daran gewöhnen. Je später, desto länger braucht das aber.

Meine Oma ist in der Nachkriegszeit in Bayern aufgewachsen, wo ziemlicher Mangel an Industriegütern herrschte, und dort war die Regel, daß alle Kinder ab 1. Mai unten ohne (natürlich ohne Flipflops o.ä.) laufen mußten. Ausnahmen davon gab es angeblich nur beim sonntäglichen Kirchbesuch. Wenn man dann einen Schulweg von mehreren Kilometern hat, muß man wohl schon ziemlich hart sein (für unsereinen eine ziemliche Horrorvorstellung: morgens um 8 erst mal drei Kilometer barfuß über Steinchen).

Je nach wegstrecke kann das auch sehr genussvoll sein. Für die kinder von damals war es wohl weder ein besonderer genuss noch eine besondere tortur, sondern einfach normales tägliches leben, über das nicht besonders nachgedacht wird.

Der Grund war wohl, daß die Kids im Prinzip schon ohne Schuhe das Laufen lernten (Kinderschuhe waren ohnehin Mangelware), und wenn man schon die ersten Schritte auf steinigem Untergrund mit nackten Füßen macht, kennt man´s eben nicht anders.

Kinder gewöhnen sich leichter daran, weil beim aufwachsen die masse annähernd mit der dritten potenz der körperhöhe zunimmt, die aufstandfläche aber nur mit deren quadrat, so dass die flächenpressung viel geringer ist. Zwar ist auch die haut dünner und entwickelt nicht so viel hornhaut, aber die gewöhnung ist sicher leichter, in einem lebensalter, wo wir noch bereit waren, uns an vieles anzupassen, sich noch kein alltagstrott eingestellt hat und das täglich neue zum leben gehört.

Übrigens läuft zur zeit die doku-soap "Schwarzwaldhaus 1902" in der ARD. Eine familie hat sich bereiterklärt, das leben einer bauernfamilie im Schwarzwald anno 1902 zu führen und sich dabei von der kamera beobachten zu lassen. Obwohl das ganze im august aufgenommen wurde, wird erstaunlich wenig barfuß gelaufen - selbst die kinder tragen immer ihre strohschuhe ....

Der alltag sah damals wohl anders aus, wie zahlreiche schilderungen und bilder (hier ein beispiel von Hans Thoma) zeigen.