Barfuß in die Kirche (und auf den Friedhof) (Hobby? Barfuß! 2)

Harald 2, Thursday, 14.11.2002, 09:25 (vor 7989 Tagen)

Liebe Barfüßer, Mitleser (und vielleicht nicht immer ganz so liebe) Fakes;-)!
Trotz wieder einmal sehr eigenwilliger Diskussionskultur hab ich ein paar Themen gefunden, die ich gern ein wenig aufgreifen möchte.
Zum Thema "Barfuß in die Kirche" beginne ich ausnahmsweise mit einem Bibelspruch. Jesus sagt uns: "Der Sabbat ist für den Menschen da, nicht der Mensch für den Sabbat." (Mt2,27) Für mich heißt das: Traditionen und menschliche Gebote haben schon ihren Sinn, aber nur, solange sie nicht zum Selbstzweck werden. Das gilt (neben viel wichtigeren anderen Dingen) auch für die Kleiderordnung in Gotteshäusern. Hier versuche ich, Traditionen so weit zu akzeptieren, dass ich nicht zum mehr oder weniger naiven Stein des Anstosses für die Mehrheit werde. Was ich aber nicht akzeptiere sind Vorschriften, die einfach so mit dem Anspruch auf Allgemeingültigkeit verkündet werden.
Etwas an den Haaren herbeigezogen halte ich die Interpretation, dass barfuß in der Kirche eher akzeptiert sei als kurze Hosen. (sorry Markus)
Der Anspruch, in der Kirche nicht mit körperlichen Reizen zu spielen, hätte schon etwas für sich. Dann müssten wir aber in möglichst einfacher Kleidung zum Gottesdienst gehen, und da ist ja wohl die Tradition (zumindest im katholischen Österreich) eine ganz andere.
Übrigens hat sich die ungeschriebene Kleiderordnung für den Gottesdienst in meiner niederösterreichischen Heimat in den letzten 20 Jahren schon gewaltig verändert: Jeans und T-Shirt sind heute an "gewöhnlichen Sonntagen" völlig akzeptiert, was früher ein ziemlicher Tabubruch gewesen wäre. Übrigens tauchen im Sommer auch schon die ersten kurzen Hosen auf. Vielleicht wird's ja auch noch was mit barfuß?
Ich denke also, welche Kleidung in einer Kirche akzeptabel erscheint, hängt sehr vom kulturellen Umfeld ab. Ich war auch einmal in Taizé und habe dort nackte Füsse in der Kirche für durchaus passend gehalten. Umgekehrt wirken auch für mich die Touristen, die in Shorts und Sandalen (noch dazu mit Socken) durch Städte wie Rom oder Lissabon laufen selbst dann peinlich, wenn sie sich von Gotteshäusern fernhalten. Da denke ich aber, dass das nicht nur mit der Kleidung, sondern auch sonst mit diesem eigenartig selbstbewußt-ignoranten Touri-Verhalten zusammenhängt.
Barfuß auf den Friedhof? Da denke ich doch, dass die Toleranzschwelle höher liegt als bei der feierlichen Sonntagsmesse. Bei einem normalen Friedhofsbesucher kann ich nicht die Provokation erkennen, die Lotsi darin sieht. Ob barfüßige GärtnerInnen für ihre Firma geschäftsschädigend wirken, weiß ich nicht, es hängt wohl auch vom konkreten kulturellen Umfeld ab. Barfuß zu einem Begräbnis zu erscheinen, würde sogar ich als Provokation empfinden.
Und: Es ist tatsächlich so, dass man den Wienern ein spezielles Verhältnis zum Tod und zu Friedhöfen nachsagt, obwohl sich natürlich auch das mit der Zeit verändert. Der Wiener Zentralfriedhof ist tatsächlich ein sehr eigenwilliger Ort: In dem riesengroßen Gelände sieht es an manchen Stellen eher wie in einem Wald aus, ältere Leute kommen einfach zum Spazierengehen, weiter vom Haupteingang weg sieht man Hasen und Rehe zwischen den Gräbern. Ich glaube eigentlich nicht, dass barfuß dort so ein Problem wäre, hab es aber noch nicht versucht (und war auch noch nicht allzu oft dort).
(Jetzt ganz off-topic: Wer melancholische Wiener Friedhofsstimmung pur erleben will, könnte einmal den Friedhof von St. Marx besuchen, wo Mozart begraben wurde: Wildnis mit Grabsteinen, riesige Fliedersträucher, fast direkt unter der Autobahn...)
Liebe Barfußgrüße!
Harald
PS: (ein Outing für ganz bestimmte Forums-User:) Ich mag tätowierte Frauen!


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