Barfuß = selbstStändig (Hobby? Barfuß! 2)

Hannes, Wednesday, 06.11.2002, 19:53 (vor 7996 Tagen)

ein Schuhloser denkt selbstständig und macht nicht das, was die meisten "normalen" machen,
nämlich: ohne nachzudenken nachmachen, was die meisten anderen machen

Barfuß = selbstStändig

Der Füßiker, Thursday, 07.11.2002, 09:38 (vor 7996 Tagen) @ Hannes

Ein Beschuhter denkt auch selbstständig und macht nicht das, was die wenigsten "normalen" machen,
nämlich: ohne nachzudenken nachmachen, was die wenigsten anderen machen.

grundsätzliche Gedanken

Markus U., Stammposter, Thursday, 07.11.2002, 11:09 (vor 7996 Tagen) @ Der Füßiker

Ein Beschuhter denkt auch selbstständig und macht nicht das, was die wenigsten "normalen" machen,
nämlich: ohne nachzudenken nachmachen, was die wenigsten anderen machen.

Hierzu bemerke ich nur, daß fast alle ernsthaften Barfüßer darüber reflektiert haben, warum und wann sie jewils barfuß laufen, während die meisten Schuhträger sich nicht aus Überzeugung in ihre Schuhe und Sokken pellen, sondern lediglich gedankenlos das tun, was ihnen seit der frühesten Kindheit ankonditioniert wurde, "weil es alle machen". Die Schuhindustrie und der Handel freuen sich darüber, denn sie verdienen kräftig daran. Das kapitalistische Grundanliegen, den Menschen zum lebenslangen Verbraucher heranzuzüchten, bleibt auf diese Weise erhalten. Barfußlaufen ist ein (notwendiger) erster Schritt zur Überwindung dieses Systems, weshalb freies Barfußlaufen (also außerhalb eigens dafür vorgesehener Barfußpfade) durch die systemerhaltenden Kräfte der Gesellschaft folgerichtig als subversiv bekämpft wird. Barfußpfade wirken nämlich in diesem Sinne systemerhaltend, weil der "gefährlich subversive" Wunsch, den durch Schuhe nicht zuletzt auch wirksam symbolisierten (und noch wirksamer ausgeübten) Zwängen zu entfliehen, auf diese Weise wirkungsvoll kanalisiert und somit kontrolliert werden kann. Das Ergebnis besteht darin, daß sich nach dem Besuch des Barfußpfades alle wieder brav in ihre Schuhe pellen. Zum Barfußläufer wird dadurch keiner und die "Verbrauchermentalität" wird nicht beeinträchtigt, besonders dann nicht, wenn der Betreiber des Barfußpfades (schon allein wegen des Erhaltungsaufwandes" ein Eintrittsgeld verlangt.

Echte Barfüßigkeit, vor allem im Winter wider alle unhinterfragten Konventionen, ist der erste Akt der Befreiung des Menschen!

Barfuß,
Markus U.

grundsätzliche Gedanken - ICH BIN BEGEISTERT.

Rudi @, Thursday, 07.11.2002, 15:12 (vor 7995 Tagen) @ Markus U.

Hallo Markus,
Respekt, Respekt! Gratulation zu dieser ganz hervorragenden und sehr präzisen Analyse. Sie paßt auf viele Themen unseres täglichen Lebens und sollte uns darin bestätigen, mehr persönlichen Individualismus (nicht im Sinne von Egoismus!) an den Tag zu legen, um letzten Endes die eingefahrenen und vordergründigen Ansichten von Moral und Anstand aufzubrechen. Laßt uns also diese beiden durch eine sanfte und liberale Ethik ersetzen. Die Welt braucht mal wieder eine neue 68er-Generation und mehr Buddhismus.
Um auf das barfußlaufen zurückzukommen: Das sinnliche Vergnügen, barfuß zu laufen, hat m.E. auch etwas mit spiritueller Wahrnehmungsfähigkeit zu tun. Barußlaufen macht lustig, glücklich und gesund. Ich sage das, obwohl ich nicht immer barfuß laufe und auch gerne flippige Schuhe trage. Es ist schön, wenn man im Leben den Weg der goldenen Mitte genießen kann!
Ich freue mich auf morgen, wenn wir uns persönlich kennenlernen, diskutieren und gemeinsam barfuß unterwegs sein können!
Viele Grüße,
Rudi

pragmatische Gedanken

Lorenz ⌂, Stammposter, Thursday, 07.11.2002, 20:47 (vor 7995 Tagen) @ Markus U.

Hallo Markus,

.....Barfußpfade wirken nämlich in diesem Sinne systemerhaltend, weil der "gefährlich subversive" Wunsch, den durch Schuhe nicht zuletzt auch wirksam symbolisierten (und noch wirksamer ausgeübten) Zwängen zu entfliehen, auf diese Weise wirkungsvoll kanalisiert und somit kontrolliert werden kann.

Ich glaube nicht, dass Barfußpfade unmittelbar zum Zwecke der Rettung des Kapitalismus erfunden worden sind. Zum Teil allerdings zur Erhaltung des Tourismusgeschäfts! Ob die Leute außerhalb barfuß laufen oder nicht, ist den Betreibern aber völlig egal. Man will möglichst viele Leute anlocken, und weil manche Besucher unbedingt Schließfächer für die Schuhe und eine Fußwaschanlage am Ende brauchen, muss das eben auch sein. Aber eine Kontrolle wird nicht ausgeübt, man hat mich überall unbehelligt mit schmutzigen Füßen und ohne Schuhe weggehen lassen ;-)

Und -- ich habe auch schon andere barfuß weggehen sehen!!!

Ich kann jedem zuraten, sich den abwechslungsreichen Spaß in einem Barfußpark zu gönnen. Es ist meist kostenlos und ganz ohne Risiko -- mich hat noch keine Fußwaschanlage der Welt zum Schuhträger zurückverwandelt ;-))

Für Kinder und Leute, die alleine in einem intoleranten Umfeld sind, wie es erst vor kurzem diskutiert wurde, stellen Barfußpfade eine ideale Einstiegsmöglichkeit in das "Leben auf freiem Fuß" dar. Partner und Freunde können schlecht gegen etwas sagen, was als öffentliches Angebot von 500.000 Leuten im Jahr genutzt wird! Genau das habe ich auch Nicole geraten -- und falls ein Barfußpfad in der Nähe ist, wird es ihr helfen.

Schöne Füße, Lorenz

[image] Hier geht's zum Barfußpfadführer

grundsätzliche Gedanken

Bene, Stammposter, Sunday, 10.11.2002, 19:36 (vor 7992 Tagen) @ Markus U.

Hallo Markus U!

Ein Beschuhter denkt auch selbstständig und macht nicht das, was die wenigsten "normalen" machen,
nämlich: ohne nachzudenken nachmachen, was die wenigsten anderen machen.

Das ist natürlich richtig.

Aber um bei Deiner Terminologie zu bleiben, muss ich doch feststellen, dass die sehr seltenen negativen bzw. abwertenden Reaktionen gegenüber meiner Schuhlosigkeit sehr überwiegend aus dem Proletariat kommen. Ich kann auch bei kritischer Betrachtung nicht beobachten, dass es einen diktierten Druck zum Tragen von Schuhen gibt.

Vielmehr handelt es sich eher um einen diffusen sozialen Druck der Umwelt, den man sich allerdings zu einem grossen Teil nur einbildet. Dieser Druck ist aber nicht politisch oder gesteuert. Er ist eher ein psychologisches Problem, vielleicht ein wenig durch das Grundbedürfnis begründet, dazu gehören zu wollen, nicht aufzufallen, nicht ausgestossen zu werden.

Diesbezüglich nimmt das Barfusslaufen keine Sonderrolle ein: Es ist zunächst leichter, das zu übernehmen, was alle anderen machen. Anders macht man es nur, wenn man (häufig erst zufällig oder auch durch einen Barfusspfad) merkt, dass eine andere Lösung vorteilhafter sein könnte. Wir haben gemerkt, dass für uns der Verzicht auf Schuhe ein Vorteil ist. Das ist zunächst nicht für alle anderen Menschen auch so. Und zum anderen denke ich, dass dennoch bei uns - auch bei Dir - noch genug übernommene Verhaltensweise übrig sind. Diese sind ja nicht nur von Nachteil: Wir sind auf Erfahrungen anderer, auf übernommenes Wissen angewiesen. Der Mensch zeichnet sich dadurch aus, von anderen lernen zu können (wenn er es auch nicht immer tut).

Gerade deshalb kann ich Deine Einschätzung zu den Barfusspfaden nicht teilen: In diesen liegt in gewisser Weise die "Gefahr" (für das System in Deinem Sinne), dass die Benutzer merken, wie positiv der Verzicht auf Schuhe ist. Dies kann eine Initialzündung sein und ich denke, dieses Risiko übertrifft bei weitem den von Dir genannten systemerhaltenden Kanalisierungseffekt.

Den Handel würde ich übrigens bei Deinen Kapital-Betrachtungen aussen vor lassen. Eine Familie hat normalerweise einen monatlichen Fixbetrag, den sie ausgeben kann, ob das für Schuhe ist oder ob sich die Familie die Schuhe spart und stattdessen lieber anderes kauft, ist hier letztlich egal. Man könnte das Problem sogar umdrehen: Müssten nicht Konzerne wie Sony, gegen die Deichmann ein Witz ist, Interesse daran haben, dass die Kids von heute für 100 Euro lieber Spielekonsolen kaufen, statt das Geld für Schuhe zu verschwenden?

Echte Barfüßigkeit, vor allem im Winter wider alle unhinterfragten Konventionen, ist der erste Akt der Befreiung des Menschen!

Das kann für einzelne Personen stimmen, allgemein hängt die Befreiung des Menschen aber sicher nicht von der Schuhlosigkeit ab.

Darüber könnte man schön weiter diskutieren...

Bene

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